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0082 - Die Falle im Todesschloß

0082 - Die Falle im Todesschloß

Titel: 0082 - Die Falle im Todesschloß
Autoren: Michael Hrdinka
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draußen, bei diesem Sauwetter!« Françoise Derray zog den Vorhang vom Küchenfenster zurück.
    Die Dunkelheit war bereits hereingebrochen. Ein heulender, tosender Sturm, der das bunt gefärbte Laub zusammenfegte, es in weit gedehnten Kreisen vor sich herwirbelte, ließ eindeutig wissen, daß der Spätherbst hereingebrochen war.
    »Er wird doch nicht wieder bei dem alten Hexer sein?« stieß die Frau plötzlich hervor, kreidebleich im Gesicht. »Hundertmal habe ich es ihm schon verboten, daß…« Sie hatte instinktiv die Hände vors Gesicht geschlagen.
    Sie hatte es mit einemmal sehr eilig, machte zwei rasche Schritte auf die Kleiderablage zu, die sich rechts neben der Eingangstür befand, um ihren Mantel vom Haken zu nehmen.
    »Louis Creux ist zwar ein widerlicher, alter Kauz, aber kein Hexer. Ja, er ist ein Schandfleck für die ganze Siedlung, und wir wären alle froh, wenn er verschwinden würde, aber deshalb ist er kein Hexer! Ich finde, wir machen ihm das Leben hier ohnehin schwer genug…« widersprach ihr Mann.
    »Rede nicht, hilf mir lieber in den Mantel!« unterbrach ihn seine aufgeregte Frau, während sie bereits mit einer Hand die Türklinke herunterdrückte.
    »Mein Gott, seine schrecklichen, grauen Bestien, wenn sie nun unseren armen Jean-Paul…«
    Françoise riß die Tür auf. Feuchte, kalte Luft fauchte in den wohltemperierten Raum, welkes Laub wirbelte durch die Öffnung, die in dämmriges Licht führte.
    Laufend durchquerte sie den kleinen Garten, der vor dem neuerbauten Haus lag. Eine etwa zwanzig Meter entfernte Lampe kämpfte gegen das zwielichtige Dämmerlicht, das langsam in eine satte Dunkelheit überging, verzweifelt an, knallte ihren ovalen Schein, der die Schatten der umliegenden Häuser, Hecken, Zäune und Bäume seltsam ins Gigantische verzerrte, auf den Asphalt.
    Keine Menschenseele war ringsum zu erblicken. Françoise Derray schien sich allein auf der Straße zu befinden.
    Sie nahm nur im Unterbewußtsein wahr, daß es stärker zu regnen begonnen hatte. Mit einer fahrigen Handbewegung strich sie eine feuchte Haarsträhne, die lästig an ihrer Stirn klebte, zurück. Während sie weiter durch den Sturm hetzte, dachte sie bereits darüber nach, ob sie dem alten Mann nicht doch Unrecht taten. Sie und die anderen Zugereisten, die sich hier ihre Wochenendhäuser errichtet hatten.
    Gewiß, eine uralte, windschiefe Hütte, ein verwilderter, ungepflegter Garten, ein zurückgezogener, weltfremder Kauz, der sich nur selten blicken ließ, stets in abgetragene, schmutzige Lumpen gehüllt, paßte nicht zu den Neubauten dieser »heilen Welt«, in der sich die Menschen nach fünftägiger, nerven- und kräfteaufreibender Arbeit zurückzogen. Und dann waren da noch diese Hunde, diese schrecklichen Bestien, von denen Françoise Derray und auch einige andere Menschen hier schwören mochten, daß es keine Hunde, sondern richtige, ausgewachsene Wölfe waren.
    Und er selbst! Irgend etwas war an ihm! Seine Ausstrahlung! Sein Wesen! Er machte stets den Eindruck, unsagbar unglücklich zu sein, so als laste eine zentnerschwere Last auf ihm. Weiß der Teufel! Françoise Derray hörte mit den sentimentalen Grübeleien auf.
    Sie war heilfroh, als sie das rostige, gewaltige Gartentor zu Creuxs Haus erreichte, das windschief in den Angeln hing. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis es einfach umkippen würde.
    Die Frau schlang die Eisenkette, die die beiden Türflügel zusammenhielt, auseinander.
    Das war die Sekunde, in der die Hunde zu kläffen begannen.
    Françoise Derray vergewisserte sich, daß keiner der wolfsartigen, kläffenden Bestien in dem verwilderten Garten frei umherstreunte.
    Hohles Gebell, dann eine helle Kinderstimme drangen aus der Hütte, aus deren blinden Fenstern ein schwacher Lichtschein fiel.
    Hatte Françoise bis jetzt noch gezögert, so stürmte sie nun wild auf die Hüttentür zu.
    »Jean-Paul!« rief sie beinahe erleichtert aus. »Jean-Paul, komm sofort da heraus!«
    »Mama?« hörte die besorgte Mutter die Frage ihres Sohnes. Françoise atmete auf.
    Die Tür war unverschlossen, gab unter ihrem krampfhaften Druck nach.
    Ein kärglich eingerichtetes Vorzimmer lag vor ihr. Zentimeterhoher Staub bedeckte die Gegenstände, die herumstanden, oder lagen. Eine nackte Glühbirne spendete milchiges Licht. Fetzen, die früher einmal Kleidungsstücke gewesen sein mußten, hingen auf Stricken aufgereiht quer durch den Raum.
    Sie durchquerte angeekelt das Vorzimmer und riß, ohne vorher anzuklopfen,
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