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0078 - Der Todeszug

0078 - Der Todeszug

Titel: 0078 - Der Todeszug
Autoren: Walter Appel
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Vermögen gekostet. Rosannas walkürenhafte Formen sprengten das lachsfarbene Abendkleid fast.
    Der Busen quoll beinahe aus dem Ausschnitt. In dem verfetteten Gesicht glitzerten die Augen eiskalt und tückisch. Rosannas Schmuck waren Klunker von Ohrringen und eine dreireihige Perlenkette.
    Pietro der Satan trug ein helles Jackett, ein lila Seidenhemd, ein grünes Ziertuch am Hals und ein Einstecktuch in der gleichen Farbe. Ein silbernes Kettchen baumelte an seinem Handgelenk. Seine Kluft stammte aus einer der ersten Boutiquen Roms.
    Seine Blicke schienen Blitze auf mich abzuschießen. Kein Zweifel, ich war erkannt worden.
    »Leute!« rief Candice. Hier konnte man sich mit jedem in Englisch verständigen. »Dass isst John Ssinclair, Oberinspektor bei New Sscotland Yard und ein ganz toller Mann! Wollen wir ihn in unsere Runde aufnehmen?«
    »Das muß die Comtessa entscheiden«, hieß es.
    »Bring den Mann her, Candy!« befahl die hochgewachsene Frau mit dem blaugrau getönten Haar und den strengen Gesichtszügen energisch.
    Candice führte mich zu ihr und den beiden andern. Die Türen waren zugeschlagen, ein Pfiff ertönte, und der Zug setzte sich langsam in Bewegung. Suko mußte jetzt schon auf der Lok, die Carabinieri in einem anderen Wagen sein.
    Den Ruck beim Anfahren des Zuges hatte ich leicht ausgeglichen.
    »Sie sind also John Sinclair«, sagte die Comtessa eisig. »Gibt es einen besonderen Grund, daß Sie gerade mit diesem Zug fahren?«
    »Ich habe den gleichen Grund wie Sie, wenn auch nicht dasselbe Ziel«, antwortete ich.
    Einen Augenblick flackerte Besorgnis in ihren Augen auf.
    »Der Zug fährt doch nach Celano?« erkundigte sie sich.
    »Wenn nichts dazwischenkommt«, erwiderte ich. »Meinetwegen wird er bestimmt nicht aufgehalten.«
    Unsere Blicke bohrten sich ineinander und sagten mehr als tausend Worte. Die Comtessa begriff, daß ich ihr Vorhaben kannte und versuchen wollte, es zu vereiteln. Daß ich aber nicht vorhatte, den Zug zu stoppen oder umzuleiten.
    Und ich wußte, daß sie mich der Hölle in den Rachen schleudern wollte.
    Sie atmete auf.
    »Seien Sie unser Gast auf dieser Fahrt, John Sinclair. Es ist uns ein großes Vergnügen, Sie hier im Zug zu haben. Pietro, gib uns Champagner.«
    Der geschniegelte, junge Mann holte eine Flasche und brachte vier Kristallgläser mit. Er schenkte ein. Wir standen uns gegenüber. Draußen wurde es rasch dunkel. Der Zug fuhr durch die nächtlichen Abruzzen, der nächsten Station zu.
    Candice war verwirrt, als sie feststellte, daß die Comtessa, Pietro der Satan, Rosanna und ich uns offenbar schon kannten. Ihr Manager holte sie weg und wies sie barsch zurecht.
    Die Comtessa hob ihr Glas.
    »Auf gutes Gelingen, John Sinclair! Und darauf, daß Sie bald an einem anderen Ort einer willkommen heißt, der Sie schon lange erwartet!«
    »Salute, Comtessa, auf gutes Gelingen trinke ich auch.« Wir stießen an, die Gläser klirrten. Ich trank einen Schluck und reichte Pietro dem Satan das Glas zurück. »Sie entschuldigen mich jetzt, ich werde anderswo erwartet. Aber wir sehen uns gewiß noch.«
    »Aber ganz gewiß, Mr. Sinclair! Wir werden uns sogar noch sehr oft und sehr lange sehen, und es wird mir immer das größte Vergnügen sein.«
    Eine teuflische Freude klang aus den Worten der Comtessa di Morro. Sie war sich ihrer Sache sehr sicher. Sie vertraute auf die Kräfte der Hölle und auf Asmodis, den Satan persönlich. Eine größere Macht konnte es nach ihrer Meinung nicht geben.
    Ich verließ das Abteil.
    ***
    Die Waggons waren miteinander verbunden, die Plattformen überdacht. Zwei Waggons weiter traf ich den Leutnant und einen Carabiniere. Ich erhielt meinen Einsatzkoffer, ein Sprechfunkgerät, über das ich mich mit Suko auf der Lok verständigen konnte, und die Stativlampe mit dem Kreuzprojektor.
    Es kam uns sehr zupaß, daß die Teufelsanbeter alle in einem Abteil als geschlossene Gesellschaft reisten. Denn die Carabinieri redeten mit den übrigen Zuginsassen. Sie würden dafür sorgen, daß spätestens in Tagliacozzo alle Unbeteiligten ausstiegen und selber den Zug verlassen.
    Desgleichen der Lokführer, der Heizer und der Schaffner. Wir passierten zwei Stationen. Leute stiegen aus, nur wenige kamen herein. Die Carabinieri walteten ihres Amtes. Ab Tagliacozzo waren die Stationen von Carabinieri gesperrt.
    Der Zug fuhr durch die Nacht. Im Abteil vor dem der Teufelsanbeter legte ich den Einsatzkoffer und die Stativlampe unter die vorderste Sitzbank. Dann funkte ich
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