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0076 - Wir verlernten das Lachen

0076 - Wir verlernten das Lachen

Titel: 0076 - Wir verlernten das Lachen
Autoren: Wir verlernten das Lachen
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sogar verpflichtet, mir diese Maßnahme zu begründen.
    »Wissen Sie, Jerry«, sagte er nachdenklich, »ich wäre in New York bestimmt besser am Platz. Außerdem weiß ich die üble Geschichte bei Phil und Ihnen in den besten Händen. Wenn ich trotzdem bleibe, dann nur deswegen, um nicht Ruskin und seinen Freunden willkommenen Anlaß zur Kritik zu geben. Diese Millionärs- Clique ist es gewöhnt, sich selbst im Mittelpunkt des Weltalls zu sehen und alles nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen. Und da sie tatsächlich sehr einflußreich ist und zu einem gewissen Teil auch die öffentliche Meinung lenken kann, will ich alles vermeiden, was unsere Organisation in das Zentrum unsachlicher und boshafter Kritik stellen könnte. Nicht um meiner Position, sondern allein um der Sache willen. Unsere Organisation lebt nun einmal von einer gewissen unpersönlichen Anonymität. Aufstellung, Methoden, Arbeitspläne und Gliederung müssen der Masse entzogen bleiben.«
    Mit unserer pessimistischen Beurteilung der Situation sollten wir leider recht behalten. Am Samstag erhielt Enrico Olivarez einen Brief der Kidnapper, der mir in seiner sadistischen Gemeinheit, in seiner arroganten, gotteslästerlichen Frechheit . die Zornesröte ins Gesicht trieb.
    Diesmal benachrichtigte Olivarez uns sofort. Er empfing uns in Gegenwart Ruskins und Roberts' mehr als kleinlaut und gab uns den Brief zu lesen, »Verehrter Senor Olivarez, wir bestätigen den Erhalt der zehn Millionen. Als kleines Äquivalent können wir Ihnen sagen, daß sich Ihr Sohn Manuel bei bester Gesundheit befindet und herzlich grüßen läßt. Bei Überprüfung unserer Situation sind wir leider zu der sehr betrüblichen Feststellung gelangt, daß unsere Unkosten doch wesentlich größer sind, als ursprünglich veranschlagt, und daß wir uns zu unserem eigenen Bedauern genötigt sehen, eine weitere, diesmal mit Sicherheit endgültige Zahlung zu verlangen, und zwar in gleicher Höhe der ersten. Mit gleicher Post gehen entsprechende Mitteilungen auch an die amerikanischen Herren. Schicken Sie Mr. Ruskin auf dem schnellsten Weg in die Staaten zurück, damit er den Transfer der zweiten Rate in die Wege leitet und schnellstmöglich durchführt. Ihnen werden wir in aller Kürze mitteilen, in welcher Weise die Übergabe des Geldes diesmal vor sich zu gehen hat. Für den Fall, daß Sie jetzt sauer werden sollten, verehrter Senor Olivarez, möchten wir Ihnen zu bedenken geben, daß wir alle Trümpfe in der Hand haben, daß Sie uns restlos ausgeliefert sind. Beim geringsten Anzeichen von Widersetzlichkeit halten wir uns an den Kindern, also auch an Ihrem Sohn Manuel, schadlos. Ein guter Rat zum Schluß: lassen Sie es darauf lieber nicht ankommen!«
    Eine Unterschrift fehlte auch diesmal.
    ***
    »Was ich befürchtete, besser gesagt: was ich wußte, ist eingetroffen!« sagte John D. High klar. »Es fragt sich, wie Sie sich jetzt zu verhalten wünschen!«
    »Das fragen Sie uns?« murmelte Olivarez fassungslos.
    Ruskin verstand Mr. High besser.
    Auch er war in den letzten Tagen um Jahre gealtert. Aber er erkannte in Mr. High die Persönlichkeit.
    »Sie haben Mr. High mißverstanden, Olivarez«, sagte er. »Die Fra?e war berechtigt, denn wir haben noch vor wenigen Tagen Mr. High ersucht, sich aus der Sache herauszuhalten!« — Er wandte sich direkt an den Chef. »Meine vormalige Entscheidung war eine Fehlentscheidung. Verzeihen Sie uns. Wir sind wegen unserer Kinder ganz durchgedreht. Das werden Sie verstehen. — Bitte, was raten Sie uns?«
    Der Chef wählte seine Worte sehr sorgfältig. »Sehen Sie, Mister Ruskin, jeder Erpresser hat im wesentlichen das gleiche Rezept. Er verschafft sich ein Druckmittel gegen eine Person oder eine Personengruppe und stellt eine, sachlich gesehen durchaus erfüllbare Forderung. Ist diese erfüllt, stellt er eine zweite Forderung. Das makabre Spiel geht -weiter, bis das Opfer völlig ausgeblutet ist. — In ihrem besonderen Fall liegen die Dinge etwas anders. Die Kidnapper können es nicht auf das ganze Vermögen der zehn betroffenen Familien abgesehen haben. Dies zu realisieren, würde Jahre in Anspruch nehmen. Solange können sich die Verbrecher natürlich nicht halten. Immerhin wäre es aber möglich, daß man es auf 50 Millionen Dollar abgesehen hat, also auf rund zehn Prozent des Gesamtvermögens. Ich rede jetzt mit schonungsloser Offenheit. Wenn ich die Absicht der Verbrecher richtig einschätze, dann geht das Spiel monatelang weiter. So lange können die
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