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0072 - Ich war kein Fraß für Tiger

0072 - Ich war kein Fraß für Tiger

Titel: 0072 - Ich war kein Fraß für Tiger
Autoren: Ich war kein Fraß für Tiger
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ganz genau, dass da eine große Sache dahintersteckt. Diese Leute sind ermordet worden, und zwar auf die raffinierteste Tour, von der ich bisher gehört habe. Sie ahnen das ebenso gut wie ich! Aber Sie haben Angst, dass dahinter eine große und schlagkräftige Bande stecken könnte, die Ihnen das Leben zur Hölle machen würde, wenn Sie sich wirklich bis über beide Ohren in diesen Fall hineinknieten! Das ist der springende Punkt in der ganzen Sache: Sie haben jämmerliche, erbärmliche Angst!«
    Ich hatte es ziemlich leise gesagt, denn im Vorzimmer brauchte man uns nicht zu hören. Es lag mir nichts daran, ihn vor seinen Untergebenen zurechtzuweisen.
    Der Lieutenant hob langsam seinen Blick zu mir. Als ich diesem stummen, fast tierischen Flehen seiner Augen begegnete, schämte ich mich auf einmal, dass ich es ihm auf den Kopf zugesagt hatte. Er stand langsam auf, wandte mir den Rücken zu und sagte mit rauer Stimme: »Ja. Sie haben recht, G-man. Ich habe Angst um mein Leben. Und jetzt gehen Sie bitte…«
    Er drehte sich nicht wieder herum. Ich wartete einen Augenblick, dann ging ich. Die beiden Cops in der Wache beachteten mich ebenso wenig wie bei meinem Eintreten. Als ich auf die Straße trat, sah ich den Polizisten, der mich in die Wache geführt hatte, neben meinem Jaguar stehen. Und eine Horde nicht sehr sauberer Kinder um ihn herum.
    »Ich habe ein bisschen auf den Wagen achtgegeben«, sagte er leise zu mir. »Die Kinder haben so einen tollen Schlitten in dieser Gegend noch nicht gesehen. Und Sie wissen ja, wie Kinder heutzutage manchmal sind…«
    Ich nickte.
    »Ja. Vielen Dank.«
    Ich wollte einsteigen, da fragte er mich lauernd: »Sind Sie mit dem Lieutenant klargekommen?«
    Ich sah ihn prüfend an. Es war ein biederer Mann, dem es anscheinend nicht darum ging, irgendeinen Klatsch über seinen Vorgesetzten zu hören.
    Ich fuhr mir mit der Hand nachdenklich übers Kinn.
    »Was ist eigentlich mit dem Lieutenant los?«, fragte ich.
    Er warf mir einen aufmerksamen Blick zu.
    »Ich dachte mir, dass Sie es merken würden, Sir. Er hat Angst. Vor ein paar Jahren überfiel eine Gang das Revier. Sie wollten sich an ihm für irgendetwas rächen. Zufällig war seine Frau mit ihrem kleinen Jungen gerade da und wollte ihm das vergessene Frühstück bringen. Sie trat genau in dem Augenblick auf die Straße, als der Wagen mit den Gangstern stoppte. Vier Maschinenpistolen beharkten das Haus. Sie können es ja heute noch sehen…«
    Ich schwieg einen Augenblick, dann fragte ich: »Und?«
    Er zuckte die Achseln.
    »Die Frau war sofort tot. Der Junge verblutete im Krankenhaus. Jede Hilfe kam zu spät. Ich darf gar nicht daran denken.« Er räusperte sich verlegen. »Manchmal wache ich nachts auf, weil ich im Traum das klägliche Schreien des verletzten Jungen höre. Dann bin ich immer in Schweiß gebadet… Der Lieutenant stand gerade am Fenster. Vielleicht wollte er seiner Frau und seinem kleinen Sohn noch einmal zuwinken. Er musste alles mit ansehen…«
    Ich presste die Lippen aufeinander.
    »Hat er noch ein Kind?«, erkundigte ich mich rau.
    »Ein Mädchen. Wird bald sechzehn.«
    Ich stieg in den Wagen. Durch das Seitenfenster sagte ich: »Ich habe mich aufgeführt wie ein Idiot. Es tut mir verdammt leid. Sagen Sie das dem Lieutenant, wenn Sie mal eine passende Gelegenheit dazu haben. So long!«
    Ich rauschte ab. Und am liebsten hätte ich mich selbst geohrfeigt.
    ***
    Ich fuhr zu Phil. Kurz vor ein Uhr traf ich bei ihm ein. Er hatte mich zweimal ergebnislos angerufen und war gerade dabei, essen zu gehen.
    Er sah mich nur eine Sekunde lang an, dann deutete er auf einen Sessel, kippte mir einen Whisky ein und sagte: »Los! Erzähl schon! Irgendetwas ist doch passiert?«
    Ich berichtete ihm den ganzen Verlauf des Vormittages. Wie ich eine Zeitung in meinem Briefkasten gefunden hatte, die mir völlig unbekannt war, wie ich den Artikel gelesen und mit dem Zoo telefoniert hatte und zuletzt mein Erlebnis im 79. Revier. Als ich zu Ende war, sah ich ihn erwartungsvoll an.
    »Was willst du tun?«, fragte er. »Wir haben ein dienstfreies Wochenende. Unser Chef ist nach Washington geflogen und wird erst am Dienstag zurückkommen. Wir haben keinerlei Handhabe, die Sache offiziell in die Hand zu nehmen.«
    Das alles hatte ich mir selbst schon gesagt. Ich zündete mir eine Zigarette an und fragte lauernd: »Was würdest du denn tun?«
    Er ging zum Garderobehaken, stülpte sich den Hut auf den Kopf, und brummte lächelnd:
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