Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0070 - Die Teufelsbraut

0070 - Die Teufelsbraut

Titel: 0070 - Die Teufelsbraut
Autoren: Friedrich Tenkrat
Vom Netzwerk:
überhaupt zu erwähnen? Sie Halsabschneider wissen ganz genau, daß Sie mich unterbezahlen!«
    »Du kriegst, was du verdienst! Und wenn du noch einmal zu spät kommst oder irgend etwas vergißt, fliegst du raus! Hast du verstanden?«
    Lechenberg starrte den Dicken wutentbrannt an. Für einen Moment sah es so aus, als würde er sich gleich auf den Mann stürzen.
    In der Tat fiel es ihm schwer, sich zu beherrschen. »Hinauswerfen willst du mich, du lächerliche Figur? Weißt du, was du mich kannst? Soll ich es dir sagen? Du kannst mich kreuzweise, du aufgepumpter Pavian!«
    Der Fette japste nach Luft.
    Lechenberg ließ ihn einfach stehen. Er machte auf den Hacken kehrt und stürmte aus dem Büro.
    Der Reisebürobesitzer brauchte eine Weile, bis er sich gefaßt hatte. Er blickte aus dem Fenster.
    Lechenberg überquerte den Hof. Der Dicke hastete zum Fenster. Als sich Lechenberg in seinen Bus setzte, riß der Schwammige das Fenster auf und schrie mit überschnappender Stimme: »Sie sind entlassen. Fristlos entlassen sind Sie! Machen Sie, daß Sie aus meinem Bus rauskommen! Ich verbiete Ihnen, damit zu fahren!«
    Lechenberg scherte sich nicht um das Geschrei des Fetten.
    Er startete den Motor und fuhr mit dem Bus davon.
    Hinaus aus Rio de Janeiro. Ganz allein. Ohne Touristen. Jetzt war dem blonden Mann alles egal. Er brauchte Zeit, um sich sammeln zu können.
    Er wollte für sich allein sein, wollte in Ruhe überlegen. Das konnte er am besten, wenn er in seinem Bus saß und irgendeine Landstraße entlangfuhr.
    Das beruhigte ihn. Das machte ihn wieder friedlich. Entlassen hatte ihn der dicke Kerl. Na schön. Alf Lechenberg weinte diesem Job keine Träne nach. Er war tüchtig.
    Er wußte, daß er anders wo unterkommen konnte. Vielleicht würde er vom Konkurrenzunternehmen sogar ein paar Cruzeiros mehr kriegen.
    Es gab so viele Dinge, die er tun konnte. Er war nicht arbeitsscheu. Er konnte überall anpacken. Es machte ihm nichts aus, Dreckarbeit zu verrichten, wenn sie dementsprechend honoriert wurde.
    Lechenberg grinste. Er stellte sich das Gesicht des Fetten vor, und er fragte sich, was der Typ nun unternehmen würde.
    Würde er sich in seiner Wut an die Polizei wenden? Oder würde er warten, bis er, Alf Lechenberg, ihm seinen Bus von selbst wieder zurückbrachte.
    Wenn der Dicke die Polizei einschaltete, war es nicht ratsam, weiter auf der Straße nach Petropolis zu bleiben.
    Hier patrouillierten häufig Funkwagen.
    Deshalb lenkte Lechenberg den Bus auf eine kaum befahrene Nebenstraße. Er merkte erst, daß das ein Fehler gewesen war, als es schon passiert war: Der Bus rumpelte in ein tiefes Schlagloch. Und dann brach die Hinterachse mit einem lauten Knall.
    Das Gefährt saß fest. Es ließ sich weder nach vorn noch nach hinten bewegen.
    »Verdammter Mist!« machte Lechenberg seinem Ärger Luft.
    Da steckte er nun mitten im Tropenwald. In einer Gegend, wo sich die Füchse gute Nacht sagten, wie das bei ihm zu Hause in Dortmund geheißen hatte.
    Umgeben vom üppigen Grün der Natur, von Vogelgekreische und dem Geschrei von Affen.
    Lechenberg sprang aus dem Bus. Er besah sich den Schaden. Zum erstenmal kam ihm zum Bewußtsein, daß er sich da in etwas ganz schön hineingeritten hatte. Der Dicke würde ihn zur Minna machen.
    Lechenberg würde für diesen Schaden selbst aufkommen müssen. Seine Ersparnisse würden für die Reparatur nicht reichen.
    »Shit!« zischte Alf Lechenberg.
    Er sah sich um, hatte keine präzise Ahnung, wo er sich befand. Er war einfach drauflosgefahren.
    In welche Richtung sollte er sich nun wenden? Wo konnte er schneller Hilfe bekommen?
    Verdrossen ließ er den Bus stehen und trabte zu Fuß über die schlechte Straße weiter. Er hätte den Bus schon viel früher stehenlassen sollen: Im Hof hinter dem Reisebüro.
    Lechenberg zuckte mit den Schultern. Was soll’s? dachte er. Es wird dich schon nicht den Kopf kosten.
    Dreißig Minuten war er bald unterwegs. Der Tropenwald schien immer dichter zu werden. Weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Kein Haus. Nur Bäume, Büsche und Schlingpflanzen.
    Nachdem weitere fünfzehn Minuten vergangen waren, erblickte Alf Lechenberg eine verwitterte Blockhütte.
    Aus dem Schornstein stieg bläulicher Rauch. Lechenberg beschleunigte seine Schritte. Er erreichte die Hütte. Obwohl man ihn kommen gehört haben mußte, trat ihm niemand entgegen.
    Alf Lechenberg klopfte an die wackelige Tür, bevor er sie öffnete. Auf einem Feldbett lag ein knochendürrer Mann.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher