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0066 - Wächter der Verbannten

Titel: 0066 - Wächter der Verbannten
Autoren: Unbekannt
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stichhaltig waren, die seiner Gegner jedoch zumeist nicht, erzielte er innerhalb von fünf Tagen so gute Erfolge, daß er es wagen konnte, seinen Antrag am nächsten Tag noch einmal zur Abstimmung zu stellen.
    Er kam jedoch nicht mehr dazu. In der Nacht vom 15. auf den 16. Januar 2041, Gray-Beast-Rechnung, brach das Unheil über die kleine Kolonie herein.
     
    *
     
    Mullon erwachte von einem Geräusch an der Tür. Verschlafen richtete er sich auf und hörte, daß jemand klopfte - ziemlich stürmisch sogar.
    Fraudy regte sich. „Was gibt's?"
    Mullon stand auf und öffnete die Tür. Milligan kam herein.
    Fraudy machte Licht. Mullon sah, daß Milligans Gesicht verstört und erschreckt war. „Was ist los?" fragte er. Milligan zuckte mit den Schultern. „Ich habe Schreie gehört und eine komische, dürre Gestalt durch die Straßen schleichen sehen. Ich folgte ihr, aber sie verschwand plötzlich. Da bin ich lieber zu Ihnen gekommen, um Ihnen Bescheid zu sagen."
    Mullon fing an, sich anzukleiden. „Nehmen Sie das Gewehr dort aus dem Kasten!" befahl er Milligan. „Fraudy, schließ die Tür hinter uns zu, wenn wir draußen sind."
    Aber Fraudy war inzwischen in den anderen Raum hinübergegangen und rief: „Das kann ich nicht. Ich gehe nämlich mit!"
    Mullon widersprach nicht. Zehn Minuten, nachdem Milligan hereingekommen war, standen sie abmarschbereit. Fraudy trug eine handliche Pistole im Gürtel ihres Rocks.
    „Haben Sie irgendeine Vermutung?" fragte Mullon, während er die Tür abschloß.
    „Nein, keine", antwortete Milligan. „Aber irgend etwas stimmt nicht."
    Die Nacht war so finster, daß man keinen Schritt weit sehen konnte. Der Himmel schien sich zugezogen zu haben. Es war kurz vor Mitternacht, neununddreißigeinhalb, die Zeit, in der die Leute am tiefsten schlafen, dachte Mullon.
    Vorläufig hielt er von Milligans Beobachtung noch nicht allzuviel. Schreie und eine komische, dürre Gestalt bedeuteten allein noch keine Gefahr. Aber er war Präsident der Volksversammlung und hatte für das Wohl der Siedler Sorge zu tragen. „Wir sollten vielleicht nach den Wachen sehen", schlug Milligan vor. „Kann sein, daß ihnen etwas aufgefallen ist."
    Mullon war damit einverstanden. Greenwich war von einem Postenring umgeben, der Giraffanten wegen, von denen man nicht wußte, ob sie nicht eines schönen Augenblicks die Stadt angreifen und über den Haufen rennen würden. Wenn etwas Gefährliches im Gange war, dann mußte es von außen gekommen sein, und die Wachen würden etwas bemerkt haben. Mullons kleines Haus stand im nördlichen Drittel der Stadt. Dicht dahinter begann die Prärie. Irgendwo im Osten, zwei oder dreihundert Meter entfernt, mußte einer der Posten stehen. Mullon hielt auf ihn zu. Fraudy blieb plötzlich stehen. „Milligan hat recht", murmelte sie. „Irgend etwas stimmt hier nicht."
    „Weibliche Intuition?" fragte Mullon spöttisch. „Oder siehst du wirklich etwas."
    „Intuition", antworte Fraudy. „Aber du kannst dich darauf verlassen!"
    Das tat Mullon jedoch nicht. Er ging weiter. Er hielt Augen und Ohren weit offen, aber er konnte nicht feststellen, daß die Nacht anders war als alle Nächte, die er zuvor schon auf Gray Beast erlebt hatte.
    Nach drei Minuten begann er zu rufen. Wenn ein Posten in der Nähe war, würde er ihn hören und Antwort geben. Aber es gab keine Antwort. Mullon wurde unruhig.
    „Wir müssen ihn suchen", schlug er vor. „Am besten, wir trennen uns."
    Milligan hielt sich nach links. Mullon nach rechts. Fraudy blieb in der Mitte, damit sie sich orientieren konnten. Mullon fluchte, weil er vergessen hatte, eine Lampe mitzunehmen. Er war noch keine hundert Meter weit gegangen, als er hinter sich Fraudys Ruf hörte.
    „Zurück! Milligan hat etwas gefunden!"
    Er kehrte um und orientierte sich an den Rufen, die Fraudy in regelmäßigen Abständen ausstieß. Als er neben ihr stand, schwieg sie, und man konnte hören, daß auch Milligan aus nördlicher Richtung rief.
    Sie fanden ihn. Als er sie aus der Dunkelheit auftauchen sah, sagte er: „Hier muß er gestanden haben. Das Gras ist niedergedrückt!"
    „Na und?" fragte Mullon ärgerlich. „Wo ist er?"
    „Keine Ahnung. Das Gras ist feucht."
    „Tau", sagte Mullon. Aber Fraudy gab zu bedenken: „Vor Mitternacht gibt es keinen Tau."
    „Also sehen wir's uns an", meinte Mullon.
    Er holte ein Feuerzeug aus der Tasche. Im Schein der kleinen Flamme sah er das niedergetrampelte Gras und dunkle Flüssigkeit, die überall an den
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