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0064 - Sieben standen gegen uns

0064 - Sieben standen gegen uns

Titel: 0064 - Sieben standen gegen uns
Autoren: Sieben standen gegen uns
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Vierzigern ein. Er tippte grüßend mit dem Zeigefinger an die Hutkrempe und sagte mit einem zielbewussten Blick: »Miss Harries, wenn ich nicht irre?«
    Ann hatte schon eine heftige Entgegnung auf der Zunge, als ihr bewusst wurde, dass sie sich Unfreundlichkeiten in ihrer jetzigen Lage gar nicht leisten konnte. Also bezwang sie sich und entgegnete in jener Mischung von Freundlichkeit und taktvoll angedeuteter Ablehnung, aus der nie ein Mann klug werden kann: »Allerdings, mein Herr. Wünschen Sie etwas von mir?«
    Der Mann betrachtete sie von Kopf bis Fuß auf eine reichlich unverfrorene Art. Da seine Musterung offenbar zu seiner Zufriedenheit ausgefallen war, griff er in seine Brieftasche und holte einen dicken Umschlag heraus. Er hielt ihn in der rechten Hand und klopfte ein paarmal damit auf seine linke.
    »Ich heiße Joe Collins. Ich werde mich in den nächsten Tagen irgendwann bei Ihnen melden. Sie werden in den nächsten fünf Tagen Ihr Zimmer nie länger als eine halbe Stunde verlassen. Hier sind tausend Dollar als Anzahlung. Bye-bye, Ann!«
    Er gab ihr den Umschlag, drehte sich um und war um die nächste Straßenecke verschwunden, bevor Ann etwas erwidern konnte.
    Sie sah ihm verwundert nach. Seine Frechheit imponierte ihr. Er hatte über sie und über ihre Zeit verfügt, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt. Sie machte zögernd ein paar Schritte in die Richtung, in der er verschwunden war, dann besann sie sich und blieb stehen.
    Mit fliegenden Fingern riss sie den Umschlag auf. Zwanzig Fünfzigdollar-Noten fielen ihr förmlich entgegen. Sie presste die Lippen zusammen. Ihr Atem ging heftig. Mehr als sie gebraucht hätte, um die dringenden Rechnungen zu bezahlen! Sie warf ihr Köpfchen stolz in den Nacken und marschierte zurück zu dem Milchhändler. Ihre hohen Absätze klapperten jetzt so stolz und kokett wie früher über das Pflaster.
    Sie betrat den kleinen Laden. Der junge Kaufmann sah sie mit unverhohlenem Ärger zurückkommen.
    »Sie brauchen sich nicht ein zweites Mal zu bemühen, Miss Harries«, sagte er kühl. »Meine Rechnungen werden bar bezahlt und nicht durch irgendwie geartete Gegenleistungen.«
    Ann hob ihre rechte Augenbraue ironisch. Sie hatte diese Miene oft erprobt und immer damit Erfolg gehabt. Irgendwie bekam ihr Gesicht dadurch einen so unnahbaren Zug, dass alle Männer unsicher wurden. Auch der junge Händler wurde es.
    Ann warf zwei Fünfziger-Noten auf den Ladentisch.
    »Den Rest schicken Sie mir gelegentlich in meine Wohnung«, erklärte Ann mit der herablassenden Geste einer englischen Herzogin. Dabei versäumte sie nicht, das Päckchen Geldscheine sehen zu lassen.
    Innerhalb einer Viertelstunde hatte sie die beiden anderen Händler und ihre überfällige Miete bezahlt.
    Mit einer Whiskyflasche bewaffnet ließ sie sich wenig später auf ihr Bett sinken, nahm hin und wieder einen Schluck und träumte von dem zielbewussten, energischen Mann, der in ihrem Leben plötzlich aufgetaucht war wie der Märchenprinz. Sie wusste natürlich, dass Joe Collins für seine tausend Dollar entsprechende Gegenleistungen verlangen würde, aber sie fand nichts dabei…
    ***
    Dass Joe Collins eine Sache auf lange Sicht planen konnte, bewies er bei diesem Unternehmen. Es war bereits Anfang Mai, als er sich zum zweiten Mal mit Tonio Prucci traf. Prucci hatte inzwischen bei dem alten Peet Erkundigungen über Collins eingezogen. Er hatte erfahren, dass Collins im Augenblick gar keinen Coup nötig hatte, weil allein sein Bankkonto die stattliche Summe von knapp zweihunderttausend Dollar aufwies.
    Er sagte sich nicht zu unrecht, dass ein solcher Mann nur Interesse an einem Geschäft haben konnte, das kein kleiner Fisch war. Also sagte er am Telefon zu, dass er in der nächsten Nacht gegen zwei Uhr in Harpers Inn sein würde. Das war eine kleine Kneipe in der 49. Straße, wo vor allen Dingen über Pferde, Pferde und nochmals Pferde diskutiert wurde.
    Als Tonio die rauchgeschwängerte Bude betrat, saß Joe bereits in einer Ecke an einem Tisch. Außer einem hohen Bierglas hatte er auch ein paar auf geschlagene Rennzeitungen vor sich liegen. Sie waren so stilecht, weil sogar einige Pferde angekreuzt und am Rand mit einigen Notizen versehen waren.
    Tonio steuerte sofort auf Joes Tisch zu.
    »Hallo«, sagte er.
    Joe sah gelangweilt von seinen Zeitungen auf.
    »Ach, du bist’s«, murmelte er. »Hallo, Tonio. Setz dich.«
    Der Italiener zog sich einen Stuhl zurecht und ließ sich darauffallen. Er
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