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0061 - Der Hexenberg

0061 - Der Hexenberg

Titel: 0061 - Der Hexenberg
Autoren: Hans Wolf Sommer
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meine Ländereien befallen hat?«
    Zamorra fuhr plötzlich ein Gedanke durch den Kopf. Die Erzieherin verfügte über Kräfte, denen kein Normalsterblicher gewachsen war. Wenn sie gewollt hätte, wäre Maurice d’Aragnan längst ein toter Mann gewesen. Offensichtlich zog sie es vor, mit ihm zu spielen, bevor sie ihm den Gnadenstoß versetzte. Wenn sie sich nun entlarvt fühlte, nicht nur von ihm, Zamorra, sondern auch von dem Comte, mochte sie spontan beschließen, ihrem ehemaligen Geliebten sofort den Garaus zu machen. Das musste verhindert werden.
    »Äh, Maurice…«, schaltete er sich ein, bevor sich die Gouvernante äußern konnte. »Es ist durchaus möglich, dass ich mich irre. Wahrscheinlich hat Mademoiselle Duquesne gar nichts mit deinem Unglück zu tun.«
    Der Comte sah ihn sprachlos an. »Aber…«
    »Irren ist menschlich«, fuhr der Professor fort. »Ich bin sicher, Mademoiselle Duquesne versteht, was ich meine.« Er blickte der Frau voll ins Gesicht.
    Ein tückisch zu nennendes Lächeln glitt über deren Züge.
    »Ich glaube ja, Monsieur«, lautete ihre Antwort.
    Zamorra sagte: »Der Urlaub, von dem Sie gesprochen haben…«
    Wieder dieses tückische Lächeln.
    »Ich habe es mir doch anders überlegt«, entgegnete sie. »Wäre wohl nicht recht von mir, in dieser kritischen Situation das Schloss zu verlassen.«
    Nur Zamorra verstand die Doppelsinnigkeit dieses Satzes.
    »Ich bleibe hier«, fügte Fabienne Duquesne noch hinzu. »Darf ich mich dann jetzt zurückziehen?«
    Der Professor gab d’Aragnan keine Gelegenheit etwas zu erwidern. An Stelle des Schlossherrn sagte er: »Aber natürlich, Mademoiselle.«
    Immer noch mit diesem Lächeln um die Lippen stand die Frau auf und verließ den Salon.
    Sie hatte Zamorras Herausforderung angenommen.
    ***
    Nicole Duval hatte das seltsam verlaufende Wortgeplänkel zwischen ihrem Chef und dieser Fabienne anfänglich mit Überraschung hingenommen. Dann jedoch hatte sie nachgedacht. Sie kannte Zamorra gut genug, um zu wissen, dass er nichts ohne Grund tat. Sicherlich waren es handfeste Motive, die ihn bewegt hatten, die Frau urplötzlich von allem Verdacht reinzuwaschen.
    Sie zweifelte keine Sekunde daran, dass Zamorra die Gouvernante nach wie vor für schuldig hielt. Und nachdem der Professor im Anschluss an allerlei Ausflüchte dem Comte gegenüber den Gelben Salon verließ, heftete sie sich sofort an seine Fersen und sagte ihm auf den Kopf zu, was sie dachte.
    Ihr kam er nicht mit Ausflüchten, gab sofort zu, dass sie richtig vermutet hatte. Während sie die in die Halle führende Treppe hinunterstiegen, erzählte er ihr von seinem geheimen Kampf mit der Erzieherin.
    »Hast du nichts davon bemerkt, Nicole?«, fragte er zum Schluss.
    Sie schüttelte langsam, fast zögernd den hübschen Kopf. »Eigentlich nicht«, sagte sie, »obwohl…«
    »Ja?«
    »Mir war zwischendurch etwas unbehaglich zumute. Irgendwie hatte ich den Eindruck, als wenn noch eine fünfte Person im Raum stand. Aber ich habe das natürlich für Einbildung gehalten.«
    Zamorra nickte. »Du hast instinktiv gespürt, dass da plötzlich eine fremde Kraft war. Ich kenne dieses Gefühl.«
    Sie hatten jetzt die Halle durchquert und gingen hinaus in den Schlossgarten. Die verdorrten Bäume und Sträucher wollten so gar nicht zu dem farbenprächtigen Sonnenschein passen, der die kommende Abenddämmerung ankündigte. Friedhofstimmung schlug ihnen von allen Seiten entgegen.
    Was sie hier sahen, war das Werk Fabienne Duquesnes, das Werk eines menschlichen Teufels.
    »Und jetzt?«, fragte Nicole. »Was willst du jetzt mit dem Weib machen?«
    »Ich weiß noch nicht«, sagte Zamorra. »Manchmal bedauere ich, dass wir nicht mehr im Mittelalter leben. Damals war alles viel einfacher. Aber geh doch heute mal zu einem Gericht und erzähle den gestrengen Herrn, dass es da eine Frau gibt, die Felder verdorren lassen kann. Die lachen dich aus und verlangen Beweise.«
    »Nun«, sagte Nicole gedehnt, »die heutige Gerichtsbarkeit hat sicherlich auch einige Vorteile.«
    »Zweifellos. Nur… Aber was machen wir uns Gedanken. Das Weib hat mich als Gegner erkannt. Mit Sicherheit wird sie von sich aus etwas unternehmen. Ich werde auf der Hut sein. In der Zwischenzeit sollten wir versuchen, noch etwas herauszufinden. Bis vor kurzem war Fabienne Duquesne noch ein ganz normaler Mensch. Wenn wir feststellen könnten, wieso sie anders geworden ist, haben wir schon halb gewonnen.«
    Schweigend gingen sie weiter durch den abgestorbenen
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