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0061 - Der Hexenberg

0061 - Der Hexenberg

Titel: 0061 - Der Hexenberg
Autoren: Hans Wolf Sommer
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Stimmt’s?«
    »Nun ja…«
    »Erzähl schon, Chef. Du weißt, wie hartnäckig ich sein kann.«
    Zamorra setzte das Whiskyglas ab, das er in den letzten zwei Minuten ein bisschen fahrig in der Hand gedreht hatte.
    »Na schön«, sagte er. »Du gibst ja sonst doch keine Ruhe. Mein Freund Maurice, ich kenne ihn noch von der Universität her, hat Kummer mit seinen Ländereien. Das Getreide kümmert so vor sich hin, und die Weinberge sehen aus, als würden sie verdorren.«
    »Rebläuse«, sagte Nicole.
    Der Professor schüttelte den Kopf.
    »Im Getreide? Nein! Und auch bei den Reben hat Phylloxera vitifolii keine Chancen. Maurice macht sich alle Erkenntnisse der modernen Forst- und Landwirtschaft zunutze. Rebläuse sind längst mit Stumpf und Stiel ausgerottet worden.«
    »Vielleicht zu gründlich. Chemikalien können durchaus auch nachteilige…«
    »Mein Freund ist kein Dummkopf. Er ist sich ganz sicher, dass es keine natürlichen Ursachen gibt.«
    »Oh!«, sagte das Mädchen. »Wenn er natürliche Ursachen für ausgeschlossen hält, dann kommt nur ein übernatürliches Phänomen in Frage. Hat er dich deshalb angerufen?«
    Zamorra nickte. »Er weiß, dass ich Parapsychologe bin und wollte meinen Rat.«
    »Und weißt du einen?«
    »Von hier aus?« Zamorra blickte grüblerisch in sein Glas. »Man müsste an Ort und Stelle Nachforschungen anstellen.«
    Nicole verzog das Gesicht. »Dachte ich es mir doch. Wann fahren wir?«
    Zamorra kam nicht sofort dazu, eine Antwort zu geben. In diesem Augenblick betrat Bill Fleming, Zamorras Freund, die Halle. Er kam aus der Bibliothek, die auf ihn als Historiker eine schier magische Anziehungskraft ausübte. Immer wenn er im Château war, verbrachte er die meiste Zeit inmitten der reichhaltigen bibliophilen Schätze.
    »Wo fahren wir hin?«, fragte er wissbegierig.
    »Ich habe nicht gesagt, dass ihr mitfahren müsst«, entgegnete Zamorra. »Ich kann genauso gut ganz allein…«
    »Chef«, unterbrach ihn Nicole. »Du weißt doch ganz genau, dass wir dich niemals allein fahren lassen würden.« Sie wandte sich an den jungen Amerikaner. »Bill, Sie sind doch immer ganz verrückt nach alten Schlössern. Was halten Sie von Château d’Aragnan?«
    »Es heißt nicht Château d’Aragnan, sondern Château de Berri«, verbesserte der Professor. »Es ist uralt. Seine Grundmauern stammen noch aus dem vierzehnten Jahrhundert.«
    Bill Flemings Augen leuchteten. Wahrscheinlich sah er im Geiste bereits dickleibige Folianten mit vergilbten Seiten, in die er hineinkriechen konnte.
    »Wann fahren wir?«, fragte auch er.
    ***
    Sie fuhren am anderen Morgen.
    Nicole saß am Steuer des Citroën und lenkte die schwarze Limousine die Straße entlang, die sich längs der Loire gen Süden schlängelte.
    Ein Fluss blieb auch weiterhin ihr Wegbegleiter. Der Allier führte sie hinein ins Hochland, weiter hinunter in die Limagne, die Kernlandschaft der Auvergne im fruchtbaren Alliertal.
    Die Gegend, die sie durchfuhren, war wildromantisch. Vulkanmassive, mit erkalteter Lava bedeckt, türmten sich am Horizont auf.
    Mineralquellen sprudelten aus der hochgelegenen kristallinen Plateaulandschaft. Dörfer, deren Wohlhaben sich in den schmucken Häusern spiegelte, säumten den Weg. Das Alliertal bot beste Voraussetzungen für Wein- und Ackerbau sowie für die Viehzucht. Der Beweis zeigte sich immer wieder ihren Augen.
    Und ausgerechnet die Ländereien des Comte d’Aragnan, die inmitten dieser blühenden Tallandschaft lagen, sollten an den Segnungen des Bodens nicht teilhaben? Es war unverständlich und kaum zu glauben.
    Und doch mussten sie es glauben. Professor Zamorra, der in etwa die Ausmaße des gräflichen Besitzes kannte, konnte sich schon ein Bild machen, noch bevor sie Château de Berri erreichten.
    Die saftigen Weiden, die prallen Getreidewogen, die kräftig grünenden Weinstöcke an den Bergeshängen waren plötzlich nicht mehr da. Fast übergangslos wechselte das Landschaftsbild. Die Wiesen wurden kahl, als hätten bereits Millionen Rinder auf ihnen gegrast. Die Weizenfelder mit ihren mickrigen, kaum Korn tragenden Ähren boten einen traurigen Anblick. An Tristesse höchstens noch überboten von den Rebstöcken, die aussahen wie vergilbtes Unkraut.
    Zamorra, Bill und Nicole warfen sich vielsagende Blicke zu, als sie sich dem Château des Comte d’Aragnan näherten.
    »Ich glaube, er hat nicht zu viel gesagt«, meinte der Professor. »Irgend etwas geht hier nicht mit rechten Dingen zu.«
    Bill Fleming, von
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