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0056 - Der Mörder stand neben uns

0056 - Der Mörder stand neben uns

Titel: 0056 - Der Mörder stand neben uns
Autoren: Der Mörder stand neben uns
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habe nichts gesehen. Tut mir leid. Ich war zu sehr mit mir selbst beschäftigt.«
    Wenn er es in einer natüflicheren Tonart gesagt hätte, hätte ich es ihm geglaubt. Aber so nicht.
    Ich stand auf.
    »Hör mal, Robby«, sagte ich. »Phil und ich wurden von acht Mann aus dem zweiten Jahrgang angegangen. Sie trennten uns mit ein paar unfairen Tricks. Während mich zwei beschäftigten, knieten drei auf Phil und hielten ihn fest. Ein vierter schlug den Wehrlosen lazarettreif. Nach meinen Vorstellungen hat das nichts mit harter militärischer Ausbildung zu tun. Das ist Gangstertum! Pures Gangstertum, das sich hier ausbreitet wie ein immer größer werdendes Geschwür!«
    Lansman sah mich einen Augenblick an, als wollte er zustimmen. Dann aber zuckte er die Achseln und sagte nur:
    »Es tut mir leid, aber ich habe nichts davon beobachtet.«
    Ich biß mir auf die Unterlippe. Okay, Jerry, okay, sagte ich mir. Du stehst hier absolut allein auf weiter Flur. Die Brüder beherrschen mit ihrem Terror alles und jeden.
    Es hätte mich nur eine Meldung bei Colonel Brighsfield gekostet, und Phil und ich wären diesen idiotischen Auftrag losgewesen. Aber sollten wir vor einer Horde von Rowdys, Schlägern und Sadisten das Feld räumen?
    Ich ließ Lansman stehen und legte mich auf mein Bett. Mir taten einige Rippen noch von der Schlägerei weh, aber ich mußte an Phil denken. Es würde ein paar Tage dauern, bis er wieder richtig auf den Beinen stand.
    Eine ohnmächtige Wut stieg in mir auf. Wenn ich nur gewußt hätte, wer diesen feinen Plan eingefädelt hatte! So ganz zufällig war das nicht gekommen. Da saß irgendwo im Hintergrund ein Drahtzieher, ein gemeiner, gefährlicher Bursche. Den mußten wir herausfinden.
    Während ich noch mit meinen Überlegungen beschäftigt war, hatte sich Lansman endgültig in Schale geworfen und fragte:
    »Ist es nicht gleich Zeit fürs Essen?«
    Ich sah auf meine Uhr und nickte.
    »Ja, in vier Minuten.«
    »Wollen Sie sich nicht fertigmachen?«
    »Nein.«
    Er starrte mich fassungslos an. Schon seine eiserne Distanz, immer ,Sie' zu sagen, und wenn man ihn tausendmal mit ,Du' ansprach, regte mich auf. Es gibt eine Art von Korrektheit, die jeden vernünftigen Menschen verrückt machen kann. Lansman war von der Sorte.
    »Sie wollen nicht zum Essen gehen?«
    »Zum Teufel, nein! Haben Sie's jetzt kapiert?«
    »Aber das ist doch völlig unmöglich!«
    »Das werden wir ja sehen!«
    »Essen ist Pflichtstunde!«
    »Das interessiert mich für keine zwei Cents! Ich bin keine Pflichtmaschine, sondern ein lebender Mensch — und ich habe heute keinen Appetit!«
    Fassunglos ging er hinaus und nahm vor der Gittertür Platz. Punkt ein Uhr blies der Stabstrompeter das Signal für die Aufstellung zum Mittagessen. Da hatten sämtliche Leute stramm vor ihren Zellentüren zu stehen. Danach wurde abmarschiert in den Speisesaal. Schlimmer konnte es ja in einem Zuchthaus nicht zugehen.
    Ich hörte das Trappeln der draußen vorbeimarschierenden Leute. Niemand sah in meine Zelle herein. Es war verboten, während des Marschierens nach rechts oder links zu blicken, Langsam kam ich zu der Überzeugung, daß hier sogar das Atmen als Pflichtübung für alle im Dienstplan stand.
    Ein paar Minuten herrschte Ruhe im Bau. Dann hörte ich draußen auf der Galerie näherkommende Sfhritte,' Das galt mir, unter Garantie.
    Ich hatte mich nicht geirrt. Die Gittertür wurde aufgestoßen. Der Hecht von der Boxerei kam herein. Er trug die zum Essen vorgeschriebene Sommeruniform. Der umgeschnallte Säbel verriet, daß er an diesem Tage zur Wache gehörte.
    Obendrein war er Corporal, wie ich erst jetzt an den beiden Winkeln auf seinem Arm feststellen konnte.
    »Rekrut Cotton!« schnaubte er.
    Na schön, sie sollten ihren Spaß haben. Ich stand auf und nahm Haltung an.
    »Zu Befehl, Sir?«
    »Warum sind Sie nicht auf Ihrem Platz am Eßtisch in der vorgeschriebenen Kleidung?«
    »Ich habe keinen Hunger, Sir.«
    Er bohrte in seinem Ohr.
    »Ich habe wohl nicht recht gehört, Schnappsack. Wie meinten der Herr?«
    »Ich habe keinen Hunger, Sir.«
    »Ach so! Ja, das ist natürlich ganz was anderes. Die Kompanie wird selbstverständlich so lange warten, bis Sie Hunger verspüren. Laut Dienstvorschrift beginnt keine Kompanie mit dem Essen, bevor nicht alle diensttauglichen Leute am Tisch sitzen. Meinetwegen kann die Kompanie nach einer Stunde wieder abmarschieren, ohne gegessen zu haben.«
    Das war so ihre Tour. Wenn einer bockte, mußte es der ganze Verein
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