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0056 - Der Mörder stand neben uns

0056 - Der Mörder stand neben uns

Titel: 0056 - Der Mörder stand neben uns
Autoren: Der Mörder stand neben uns
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ausfressen. Damit bekamen sie alle klein. Was sollte ich machen? Ich konnte die Boys nicht meiner Wut wegen ums Essen bringen.
    Also raste ich ans Spind und sprang in die Sommeruniform. So schnell wie's eben ging zog ich mich an. Dann stand ich stramm.
    Er ging mit ironisch hochgezogenen Augenbrauen um mich herum, »Schnappsack, was sind Sie im Zivilberuf gewesen?«
    »Büroangestellter«, erwiderte ich wie aus der Pistole geschossen.
    Ich hatte wieder das iausige ,Sir' nach meiner Antwort vergessen.
    »Was sind Sie?« brüllte er.
    »Büroangestellter, Sir,«
    »Das merkt man«, kommentierte er. Was er damit sagen wollte, wußte er vermutlich selber nicht. »Abmarsch!« kommandierte er.
    Ich machte eine Kehrtwendung. Dann marschierte ich zur Tür, stand stramm, riß sie auf, marschierte hinaus, stand stramm, machte ein Rechtsum und marschierte den Flur entlang.
    Aus den Augenwinkeln sah ich gerade noch, wie der Corporal sich in meinem Spind zu schaffen machte.
    Wahrscheinlich inspiziert er meinen Schrank, dachte ich. Ob auch ja jedes Taschentuch vorschriftsmäßig gefaltet ist. Und ob die Zahnbürste an der richtigen Stelle liegt. Ob die Mütze vier Zentimeter vom vorderen Rand entfernt liegt und all diesen Blödsinn.
    So ein ahnungsloses Baby war ich immer noch.
    ***
    Das Essen ging vorüber. Für die anderen regierte wieder der Dienstplan. Ich lag auf meinem Bett und döste vor mich hin. Als ich vom Essen zurückgekommen war, hatte ich kurz in meinen Schrank geblickt. Es war nichts Auffälliges zu sehen. Die Inspektion konnte nichts Negatives für mich zutage gefördert haben, denn alles lag vorschriftsmäßig.
    Um fünf kam der Corporal wieder.
    »Rekrut Cotton!«
    »Zu Befehl, Sir?«
    »Das Kompaniegericht tritt um sechs Uhr zusammen. Ich habe Sie davon zu unterrichten, daß Sie in Wachbegleitung vorgeführt werden. Sie haben Uniform drei zu tragen.«
    »Yes, Sir.«
    Er drehte sich um und marschierte mit unbewegtem Gesicht hinaus. Wenn ich fünfzehn Jahre jünger gewesen wäre, hätte ich ihm vermutlich die Zunge rausgestreckt, Uniform drei war die Ausgehuniform. Es war entschieden die schönste, die wir hatten. Ich zog sie an und polierte die Halbschuhe auf Hochglanz.
    Kurz vor sechs holten sie mich. Ich marschierte mit, weil es nun mal zu unserer Rolle gehörte, die wir hier zu spielen hatten.
    Im Zimmer des Kompaniechefs saßen an dem langen Besprechungstisch die Offiziere der Kompanie. Der Major, die beiden Captains, ein Oberleutnant und vier Leutnants.
    Ich baute meinen Gruß und schnarrte die vorgeschriebene Meldeformel herunter.
    »Rekrut Cotton«, sagte der Major. »Gegen Sie wird Anklage erhoben wegen schwerer Kameradenmißhandlung. Die Tat wurde heute vormittag von Ihnen begangen. Sie haben den Rekruten Decker während der Sportstunde bis zur Unkenntlichkeit mißhandelt. Was haben Sie dazu zu sagen?«
    Ich überlegte einen Augenblick. Dann wurmte mich der ganze Zirkus, und ich beschloß, nicht zu resignieren. Ich wollte doch sehen, wie weit hier ein Mensch noch sein Recht bekam.
    »Diese Anklage beruht auf unwahren Angaben, Sir.«
    »So? Dann berichten Sie uns, wie es Ihrer Meinung nach wirklich war.«
    Ich erzählte den ganzen Hergang der Sache.
    Die Offiziere sahen mich reichlich ungläubig an. Danach riefen sie die Zeugen auf. Es waren genau die acht Mann, die gegen uns vorgegangen waren. Es war ein Witz, eine infame Komödie. Die Verbrecher traten als Zeugen gegen ihre Opfer auf. Eine solche Umkehrung der Gerechtigkeit hatte ich nodi nicht erlebt.
    Sie hatten sich gut aufeinander abgestimmt. Ihre Aussagen paßten ineinander wie die Zahnräder eines gut geschmierten Getriebes. Dagegen war nicht anzukommen.
    Aus allen Wolken aber fiel ich, als mich der Major danach fragte:
    »Trifft es zu, Rekrut Cotton, daß Sie .einzelnen Leuten der Kompanie Marihuana-Zigaretten angeboten haben?«
    Mir blieb für einen Augenblick die Luft weg. Ich sollte mit Rauschgiftzigaretten handeln! Ich! Ein G-man von der Bundespolizei!
    »Nein, Sir«, sagte ich.
    »Das werden wir nachprüfen müssen«, sagte der Major. »Irgendwelche Vorschläge, meine Herren?«
    Der Leutnant vom dritten Zug meinte:
    »Ich bin für eine Spind- und Zimmerdurchsuchung, Sir. Irgendwo müßte der Rekrut Cotton ja die Zigaretten versteckt haben, wenn er sie tatsächlich im College an den Mann bringen wollte.«
    Es wurde abgestimmt. Die Mehrheit war dafür, unsere Zelle und mein Spind zu durchwühlen.
    »Soll es die Wache tun?« fragte der
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