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0054 - Die grüne Hölle von Florida

0054 - Die grüne Hölle von Florida

Titel: 0054 - Die grüne Hölle von Florida
Autoren: Friedrich Tenkrat
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der Höhle. Ich blickte auf meine Uhr.
    Eine Stunde noch bis zum Morgengrauen. In dieser Stunde mußte Zubin Zagarro zurückkehren, um in seinem düsteren Versteck Zuflucht zu suchen, denn der Tag war sein erbittertster Feind.
    Zäh wie dicker Sirup verrann die Zeit. Die Spannung wuchs von Minute zu Minute, und mit ihr wuchs meine Aufmerksamkeit, denn die Wahrscheinlichkeit, daß Zubin Zagarro hier eintraf, wurde immer größer.
    Ich lag in der Höhle auf dem Boden. Das Erdreich war feucht. Die Feuchtigkeit zog sich in meine Kleider.
    Dreißig Minuten waren bereits vergangen.
    Es wurde allmählich höchste Zeit für den Vampir, hier einzutrudeln.
    Plötzlich hörte ich ihn!
    Ein Flappern, wie wenn jemand ein Tuch rasch hin und her bewegt. Gespannt hob ich den Kopf. Mein Blickfeld war vom runden Eingang des Erdlochs begrenzt. Ich konnte den Untoten noch nicht sehen. Mein Blick tastete über den langsam grau werdenden Himmel.
    Eine Sekunde später sah ich den Blutsauger. Mit kräftigen Flügelschlägen schwebte er über den Baumwipfeln heran. Eine Fledermaus mit Menschenkopf!
    Das Biest flatterte bald nicht mehr so hoch. Es kippte den linken Flügel nach unten, sackte kurz ab und flog nun das Versteck im Tiefflug an.
    Mit bis zum Zerreißen angespannten Nerven wartete ich ab.
    Meine Hand umschloß fest die Luftdruckpistole.
    Die Entfernung zwischen dem Vampir und seinem Schlupfwinkel verringerte sich ungemein rasch. Zehn Yard nur noch. Neun Yard. Acht Yard… Ein spannungsgeladener Countdown war das.
    Nun konnte ich schon deutlich das bleiche Oval von Zubin Zagarros Antlitz sehen.
    Gleich mußte er in das magische Strahlenfeld geraten, das ich errichtet hatte.
    Schon passierte es!
    Er prallte voll dagegen. Es war, als stieße er gegen eine unsichtbare Wand. Doch nicht nur das. Es schüttelte ihn obendrein auch noch, als ob er in einen mörderischen Stromkreis geraten wäre.
    Entsetzen verzerrte sein Gesicht. Er stieß einen schrillen Schrei aus, peitschte die Luft mit seinen weiten Flügeln, drehte ab und versuchte die Barriere beim zweiten Anflug zu durchstoßen.
    Abermals gelang es ihm nicht.
    Er wußte, daß die Zeit drängte. Wenn erst die Sonne aufgegangen war, gab es für ihn keine Rettung mehr. Das machte ihn konfus. Und als er zum drittenmal den Versuch unternahm, in sein Versteck einzubrechen, sprang ich auf und trat ihm mit meiner Luftdruckpistole entgegen.
    Mein plötzliches Auftauchen brachte ihn vollends aus der Fassung. Er flatterte hoch. Ich zielte und schoß. Aber der Eichenbolzen traf nicht sein Herz, denn Zubin Zagarro warf sich, während ich abdrückte, in der Luft wild herum.
    Dadurch verfehlte das Holzgeschoß die Mitte seiner Brust und drang ihm in den Muskel seines rechten Flügels.
    Aufschreiend torkelte der Vampir daraufhin durch die Luft. Der Eichenbolzen beeinträchtigte ihn beim Fliegen. Zubin Zagarro vollführte hoch über mir einen grotesken Tanz. Er trudelte ab, überschlug sich, kämpfte sich wieder hoch, kam aber nicht weiter.
    Hinzu kam, daß ihn der langsam erwachende Tag zu schwächen begann.
    Er war ein Wesen der Finsternis. Aus der Dunkelheit konnte er Kraft schöpfen. Nicht aus dem Licht. Es zerstörte ihn.
    Durch die Luft wirbelnd, flog er über eine schmale Sumpfzunge.
    Gleich darauf schlug er hart auf nacktem Erdreich auf. Benommen blieb er liegen. Ich konnte nicht zu ihm. Der Sumpf trennte uns. Ich hätte unser Gefährt holen müssen, doch das schien mir nicht mehr nötig zu sein.
    Zubin Zagarro war am Ende.
    Zuckend und zappelnd lag die große Fledermaus auf dem Boden. Verzweifelt schlug sie mit ihren Flügeln, doch sie schaffte es nicht mehr, sich zu erheben.
    Der Blutsauger stieß schaurige Laute aus.
    Er richtete sich auf, nahm menschliche Gestalt an. Er wollte zu Fuß fliehen, wollte sich ins Dickicht schlagen, doch seine Beine knickten schon beim ersten Schritt ein.
    Der Morgen war angebrochen. Die Sonne stieg im Osten empor. Sie stach mit ihren grellen Strahlen durch das dichte Laubwerk der wild wuchernden Vegetation.
    Als ihn die erste Lichtlanze traf, brüllte der Vampir schmerzlich auf. Wie ein verendendes Tier schleppte er sich über den Boden.
    Seine spinnenartigen Finger krallten sich in die Erde. Er versuchte mit letzter Kraft, den Schatten der Bäume zu erreichen, doch er blieb auf halbem Wege liegen.
    Grelle Sonnenglast ergoß sich über Zubin Zagarros erstarrenden Körper. Halb verfallen quälte er sich zum letztenmal hoch. Er schwankte wie ein Halm im Wind.
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