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0053 - Die Verdammten von Isan

Titel: 0053 - Die Verdammten von Isan
Autoren: Unbekannt
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Die Lüftung funktioniert nicht, die Demokratie funktioniert nicht, es gibt nichts zu essen und nichts zu trinken.
    Wenn wir nur hinauf könnten! Hinauf, dorthin, wo seit acht Jahren niemand mehr lebte. Dorthin, wo der Sturm Wolken radioaktiven Staubs über das Land trieb und jeder Regentropfen so vergiftet war, daß man zehn Menschen damit hätte töten können.
    Hinauf, dorthin, wo zehn Kilometer weit glasig geschmolzenes Gestein den Bodennullpunkt der Bombe verriet, die dort im furchtbarsten Krieg aller Zeiten gefallen war.
    Ivsera versuchte zu schätzen, wie viele Menschen den Krieg überlebt haben mochten. In Bunker Penomat hatten sechstausend Leute Zuflucht gefunden, aber im Laufe der acht Jahre waren zehntausend daraus geworden. Penomat war die Hauptstadt des Landes, deswegen gab es in einem Vorort einen weiteren Bunker, den Bunker Sallon. Er hatte die gleiche Kapazität.
    Im ganzen Land gab es fünf solcher Bunker. Wenn man rechnete, daß der Feind auf dem anderen Kontinent ebenso viele hatte, dann mochten etwa hunderttausend Menschen den großen Krieg auf Isan überstanden haben.
    Hunderttausend von drei Milliarden!
    Die Kabine hielt an. Ivsera öffnete die Tür.
    Draußen lag ein Gang, der nicht anders aussah als der, aus dem Ivsera kam. Die junge Frau wandte sich nach links, ging an ein paar beschilderten Türen vorüber und blieb vor der vorletzten von ihnen stehen. „Havan?" rief sie laut. Der Name kam ihr nur schwer über die Zunge. Havan - das war der Mann, der zwei Tage nach Ofarans Tod geglaubt hatte, sie würde sich ihm zuwenden. Havan - das war der Mann, der Ivsera Schwierigkeiten machte, wo er konnte, weil sie ihm erklärt hatte, daß sie wenigstens das Witwenjahr lang allein bleiben wollte, und, daß überdies selbst in zehntausend Jahren ein Mann wie Havan nicht in der Lage sein würde, die Erinnerung an Ofaran auszulöschen. Havan antwortete brummend: „Kommen Sie herein!" Ivsera schob die Tür vor sich auf. Havan saß hinter einem schweren Tisch aus Steinplastik und sah ihr entgegen. Keine Miene in seinem grob geschnittenen, häßlichen Gesicht rührte sich, als er sie erkannte. „Na, was gibt's?" fragte er. „Kein Proviant mehr", antwortete Ivsera knapp. Havan horchte auf. „Warum erfahre ich das erst jetzt?" wollte er wissen.
    Ivseras Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.
    „Ich habe es Ihnen schon vor zehn Tagen gesagt, daß wir keinen Rohstoff mehr haben!" Havan trumpfte auf. „Na und wenn?" rief er. „Als Ratsmitglied habe ich das Recht, ständig auf dem laufenden gehalten zu werden." Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. „Ich werde Sie von Ihrem Posten ablösen lassen, wenn Sie Ihre Pflichten nicht kennen!"
    Angesichts der Mühe, die Havan sich gab, um sie zu verletzen und zu kränken, gewann Ivsera ihre Ruhe zurück.
    „Bedenken Sie", warf sie gelassen ein, „daß nicht Sie allein hier im Bunker über die Besetzung von Posten entscheiden. Wir haben einen Rat, und ich werde nicht eher gehen, bis mich der Rat dazu auffordert!"
    Sie wandte sich um, öffnete die Tür und trat hinaus. Während sie die Tür hinter sich schloß, hörte sie noch, wie Havan ihr zornig nachschrie: „Noch haben wir einen Rat ...!" Mehr konnte sie nicht verstehen; es interessierte sie auch nicht.
    Am Lift begegnete ihr Killarog. Killarog war ebenfalls Ratsmitglied, wie Havan. Er war einer der jüngsten Männer im Rat und nach Ivseras Meinung einer der wenigen, die es fertiggebracht hatten, Würde und Anstand über die acht schweren Nachkriegsjahre hinüberzuretten.
    Ivsera wollte mit einem knappen Gruß an Killarog vorbei.
    Aber Killarog blieb stehen und faßte Ivsera am Arm.
    „Kummer?" fragte er kurz, aber nicht unfreundlich Ivsera sah ihn an. „Wer hat in dieser Zeit keinen Kummer?" hieß die Gegenfrage.
    Killarog blieb ernst, aber der Spott blitzte in seinen Augen.
    „Wie Sie wissen", erklärte er in gespielt dozierendem Ton, „bin ich Vorsitzender des Ausschusses für personelle und psychologische Fragen. Wenn Sie irgend etwas auf dem Herzen haben, ist es Ihre Pflicht, mir Bericht zu erstatten!"
    Er hob dazu den Finger. Aber gleich darauf verschwand der Ernst aus seinem Gesicht, er nahm Ivsera wieder beim Arm und führte sie in den Gang hinein, aus dem sie eben gekommen war.
    „Was ist los, Mädchen? Kein Proviant mehr? Das weiß der Rat seit zehn Tagen. Darüber brauchen Sie sich den Kopf nicht zu zerbrechen." Ivsera lachte bitter. „Aber ausgerechnet der Ausschußvorsitzende
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