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004 - Kerry kauft London

004 - Kerry kauft London

Titel: 004 - Kerry kauft London
Autoren: Edgar Wallace
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getroffen hatte, dessen Worte ihn wie Messerstiche verwundet hatten, daß dieser Herr ihn geschlagen hatte und daß dann ein anderer, jünger aussehender Mann hinzugekommen war, der ihn mit nach Hause genommen und mit Schnaps bewirtet hatte.
    Dieser Fremde hatte ihn irgendwo hingeführt und ihm aufgetragen achtzugeben; und dann waren sie dem Herrn mit grauem Haar in einer Taxe durch die Straßen nachgefahren.
    Horace Baggin erinnerte sich nur noch schwach daran. Er sah alles, was sich ereignet hatte, wie durch einen dünnen Alkoholnebel. Sie waren nach London-Süd gefahren, waren dann zurückgekommen, und der Mann hatte ihn mit einer Pistole an einer Untergrundstation stehengelassen. Mit einemmal war der Herr mit dem grauen Haar aufgetaucht. Baggin, vor Wut außer sich, war ohne zu denken, ohne zu überlegen auf ihn zugegangen, hatte wild drauflosgeschossen, und dann - war die Polizei gekommen. Das war alles.
    Plötzlich durchzuckte ihn ein Gedanke, und er sprang mit einem Fluch auf. Er wurde ja wegen jener anderen Sache in Wiltshire gesucht. Würde man ihn erkennen? Er drückte auf eine kleine elektrische Klingel an der Wand der Zelle, und der Türhüter kam und musterte ihn mit ernster Miene durch das Gitter.
    »Was soll ich denn getan haben?« fragte Baggin aufgeregt.
    »Sie kennen ja die Anklage, sie ist Ihnen doch im Untersuchungszimmer vorgelesen worden.«
    »Aber ich habe es wieder vergessen«, sagte der Gefangene mürrisch. »Es wird Ihnen nicht weh tun, wenn Sie mir sagen, was ich getan haben soll.«
    Der Beamte zögerte. »Die Anklage lautet auf versuchten Mord und auf Mord.«
    »Was für ein Mord?« fragte Baggin schnell.
    »Oh, Sie wissen ja, Baggin, das ist eine alte Sache!«
    Jener reiche Fremde, der ihn dazu angestiftet hatte, auf den Herrn mit dem grauen Haar zu schießen, der konnte helfen. Das war ein Gent, der wohnte in einem feinen Haus.
    »Baggin!« Man kannte ihn also.
    Nun gut, eine schwache Hoffnung, eine Möglichkeit blieb ihm noch.
    Wie hieß er doch gleich?
    Baggin ging eine Viertelstunde lang in der Zelle auf und ab und zerbrach sich den schmerzenden Kopf über den Namen, der ihm entfallen war.
    Ja, so merkwürdig es auch war: Er hatte den Namen gesehen. Ohne Zweifel wußte dies der andere nicht.
    Im Flur des Hauses, in das ihn der Fremde mitgenommen hatte, stand ein Tischchen mit zierlichen, zerbrechlichen Glas-und Silbersachen auf diesem hatte Baggin beim Eintreten einige Briefe gesehen, die an den Herrn adressiert waren. Neugierig, wie er war, hatte er sich den Namen näher angesehen und ihn mit einiger Mühe auch entziffert als … als … als …
    Zeberlieff!
    Ja, so hieß er. Und das Haus … ja, das Haus war in der Park Lane. Jetzt fiel es ihm wieder ein. Er freute sich über den Erfolg seines Nachdenkens, das ihn doch etwas angestrengt hatte.
    Dann klingelte er wieder nach dem Aufseher, und der ermüdete Beamte kam, wenn auch unwillig, zu ihm.
    »Was wollen Sie denn jetzt schon wieder?« fragte er ärgerlich.
    »Kann ich ein Blatt Papier, einen Umschlag und einen Bleistift haben?«
    »Ja, an wen wollen Sie schreiben - an einen Anwalt?«
    »So ist es. Es ist mein eigener, privater Anwalt«, erwiderte Baggin stolz. »Der versteht seine Sache aus dem Effeff und wird es euch Burschen schon stecken, wenn ihr euch nicht anständig benehmt.«
    »Nur nicht angeben!« erwiderte der Aufseher und entfernte sich, um aber nach kurzer Zeit doch mit dem erforderlichen Schreibmaterial wiederzukommen.
    Er reichte es durch das offene Gitter in der Zellentür, und Horace machte sich an die ungewohnte Arbeit, einen Brief zu verfassen, der seinen Auftraggeber nicht in Verdacht brachte und ihn doch deutlich auf die Gefahr hinwies, in der er schwebte, wenn er nicht die verlangte Hilfe leistete.
    »Geehrter Herr«, so lautete der Brief (es würde zwecklos sein, die Freiheiten, die Baggin sich der englischen Sprache gegenüber erlaubte, genau wiedergeben zu wollen), »vor längerer Zeit habe ich schwer für Sie gearbeitet. Ich sitze jetzt sehr in der Klemme, weil ich auf den Herrn geschossen habe, und ich würde sehr dankbar sein, wenn Sie mir nach besten Kräften beistehen wollten.« In puncto Verschlagenheit war es eine beachtenswerte literarische Leistung.
    »Zeberlieff«, sagte der Aufseher, als er die Anschrift las und den Brief durchsah, »das ist doch ein amerikanischer Millionär, was?«
    »Stimmt«, erwiderte Horace Baggin selbstgefällig, »er war ein guter Freund von mir. Ich war sein« - er
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