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004 - Kerry kauft London

004 - Kerry kauft London

Titel: 004 - Kerry kauft London
Autoren: Edgar Wallace
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Handvoll Gold und Silber heraus und schüttelte es, daß es lieblich klimperte.
    »Was würden Sie für zehn Pfund tun?«
    Die Wolfsaugen des Mannes klebten an dem Geld.
    »Alles«, flüsterte er, »alles, außer Mord.«
    »Was würden Sie für fünfzig tun?«
    »Ich würde - ich würde fast alles tun«, krächzte der Strolch heiser.
    »Für fünfhundert und freie Überfahrt nach Australien?« fragte der junge Mann und sah den Bettler durchbohrend an.
    »Alles - alles!« heulte der Bettler.
    Zeberlieff nickte.
    »Folgen Sie mir - auf der anderen Seite der Straße.«
    Die beiden waren kaum zehn Minuten weg, als zwei Männer aus der Richtung von Westminster herankamen. Sie machten hier und da halt und ließen das Licht einer elektrischen Taschenlampe über die Jammergestalten gleiten, die in allen erdenklichen Stellungen auf den Bänken des Embankments schliefen. Damit nicht genug, prüften sie auch jeden, der ihnen entgegenkam.
    Sie trafen einen gemächlich auf sie zuschlendernden Herrn und richteten eine Frage an ihn.
    »Ja, merkwürdig genug, ich habe gerade mit ihm gesprochen. Stimmt, mittelgroß, mit einem eigenartigen Akzent. Sie denken jetzt sicherlich, daß auch ich einen merkwürdigen Akzent habe; aber der andere sprach, wie man in der Provinz spricht, glaube ich.«
    »Das ist unser Mann, Herr Inspektor«, wandte sich einer der beiden an seinen Begleiter. »Hatte er vielleicht die Angewohnheit, beim Sprechen den Kopf auf eine Seite zu legen?«
    Der Herr nickte. »Darf ich fragen, ob er gesucht wird? -Ich vermute, daß Sie Polizeibeamte sind.«
    Der Angeredete zögerte und sah seinen Vorgesetzten an.
    »Ja, Sir«, entgegnete der Inspektor. »Es ist nichts dabei, wenn wir Ihnen sagen, daß er Horace Baggin heißt und wegen Mordes gesucht wird. Er hat einen Gefangenenaufseher getötet und ist aus dem Zuchthaus ausgebrochen. Wir haben gehört, daß er sich hier in der Gegend herumtreibt.«
    Sie grüßten und gingen weiter, und King Kerry - denn er war es - setzte nachdenklich seinen Spaziergang fort.
    Was für ein Mann für Hermann Zeberlieff! dachte er, und es war ein eigenartiges Zusammentreffen, daß in genau derselben Minute der vornehm aussehende Zeberlieff einen ekelerregenden Lumpen in seinem Arbeitszimmer in der Park Lane mit einem besonders üblen Fusel bewirtete; und der Lump, den bärtigen Kopf auf einer Seite, erfuhr mehr als genug von dem schädlichen Treiben amerikanischer Millionäre.
    »Runter von der Erde müßten solche Burschen«, lallte er mit schwerer Zunge. »Geben Sie mir eine Gelegenheit - hat mich in die Fresse geschlagen, das Schwein -, ich will ihm das schon heimzahlen!«
    »Trinken Sie noch einen«, sagte Zeberlieff.

Kapitel 2
    Der Fahrstuhl der Untergrundbahn war gedrängt voll. Mit einem besorgten Blick auf die Uhr überlegte Else Marion schnell, ob es besser sei, auf den nächsten Fahrstuhl zu warten und den Verweis des Herrn Tack in Kauf zu nehmen oder sich hineinzuzwängen, ehe die großen Rolltüren zusammenschlügen.
    Sie haßte die Fahrstühle, und ganz besonders, wenn sie voll waren.
    Während sie noch überlegte, schlugen die Türen zusammen … »Nächster Fahrstuhl bitte!«
    Bestürzt starrte sie auf die Tür und ärgerte sich über ihre eigene Dummheit. Ausgerechnet an diesem Morgen hatte sie pünktlich sein wollen.
    Tack war durch ihre allzu häufigen Verspätungen ziemlich verärgert und hatte während des größten Teils der Woche an ihr dauernd herumgenörgelt: Sie sei unpünktlich, sie sei unordentlich, sie sei für eine Kassiererin geradezu verboten nachlässig.
    Am Abend vorher hatte er die Kassiererinnen zusammengerufen und sie ernstlich ermahnt, er wünsche sie um Punkt neun auf ihren Plätzen zu sehen. Nicht etwa - es fiel ihm schwer, sich klar auszudrücken - um zehn Minuten nach neun oder um fünf Minuten nach neun, ja nicht einmal um eine Minute nach neun - sondern wenn die Uhr in dem Turm auf Tack & Brightens prächtigem Etablissement die vier Vorausschläge ertönen lasse, ehe sie dumpf dröhnend genau verkünde, daß die neunte Stunde wirklich gekommen sei - dann schon wünsche er, jede Dame auf ihrem Platz zu sehen.
    Im letzten Vierteljahr war es bei Tack & Brighten hoch hergegangen. Die Geschäftsinhaber hatten eine unerklärliche Freigebigkeit an den Tag gelegt, die freilich mehr der Kundschaft als den unglücklichen Angestellten zugute kam.
    Die ganz außerordentliche Herabsetzung der Verkaufspreise und die im höchsten Maße knickrige Drosselung der
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