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0035 - Wir brachen den Terror

0035 - Wir brachen den Terror

Titel: 0035 - Wir brachen den Terror
Autoren: Delfried Kaufmann
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adressierte einen Umschlag an die vereinbarte Deckadresse und klebte gerade die Marken auf, als an meine Tür geklopft wurde.
    Bevor ich »Herein«, rufen konnte, betraten Frost und Belley, zwei weitere sogenannte Karteiführer, mein Zimmer.
    »Um neun Uhr gibt es eine Versammlung im großen Saal von Farmers House. McFish sagt, wir sollen hingehen und dich mitnehmen«, kaute Frost hervor. »Keine Schießeisen.«
    »Ich besitze nicht mal eines«, antwortete ich, nahm meinen Brief, setzte den Hut auf und ging mit ihnen hinunter.
    Am nächsten Briefkasten steckte ich den Brief ein.
    »An eine Freundin?«, fragte Belley
    »Ja«, lachte ich, »an eine sehr gute Freundin.«
    Farmers House war ein mittelgroßer Holzbau, in dem die Farmer der Umgebung früher ihre Erntefeste gefeiert hatten. Seitdem das Öl floss, gab es solche Feste nicht mehr. Der Holzbau verkam und wurde nur noch hin und wieder für Wahlversammlungen benutzt.
    Heute brannte die trübe Lampe über dem Eingang. Eine ganze Menge von Leuten strömte hinein.
    »Was ist denn überhaupt los?«, erkundigte ich mich bei Hugbeen, auf den wir inzwischen gestoßen waren.
    »Charles Lang hält ’ne Bürgerversammlung ab«, erklärte er faul. »Die ganze Stadt hängt voll von roten Einladungsplakaten. Weiß der Teufel, woher der Bursche das Geld bekommt. Seine Zeitung müsste längst pleite sein.«
    »Und was sollen wir hier?«, fragte ich weiter.
    »Wir machen ein wenig Radau!«
    »Ist McFish auch da?«
    »Nein, der hat eine andere Aufgabe. Toloni gibt das Zeichen.«
    Der Saal war zur guten Hälfte gefüllt. Neben dem Eingang stand Lieutenant O’Negh mit entschlossenem Gesicht. Als er uns sah, lief ein Zucken durch sein Gesicht, und er presste die Lippen fester zusammen. Ich grüßte mit einem Tippen an den Hut. Er erwiderte den Gruß nicht. Zehn Cops standen im Saal umher. Wir verteilten uns in verschiedene Reihen. Bevor wir uns trennten, gab Hugbeen mir eine runde Plakette mit einer Anstecknadel.
    »Steck das an!«, sagte er. »Und geh den Leuten aus dem Weg, die das gleiche Ding tragen.«
    Ich sah mir die Plakette näher an. Sie war mit Leuchtfarbe bestrichen, und ich schloss daraus, dass es im Laufe des Abends wahrscheinlich dunkel werden würde.
    Ich sah mir die Gesichter der Leute in meiner Umgebung an. Ich schätzte einen guten Teil auf kleine und mittlere Geschäftsleute, auch eine Anzahl Arbeiter und Angestellte. Dann entdeckte ich Gesichter, die ich bei der Tyrontown News schon gesehen hatte. McFish schien mehr als die Hälfte seiner Untergebenen herbeordert zu haben.
    ***
    Punkt neun Uhr erschien eine Gruppe von Männern, die zu dem langen Tisch gingen, der vor uns auf einer Art Bühne stand. Ein Teil der Besucher im Saal klatschten demonstrativ. Ein paar Pfiffe schrillten, aber sonst blieb es ruhig.
    Ein mehr als mittelgroßer, hagerer Mann mit eisgrauem Haar und einer schwarzen Brille trat an den Rand des Podiums und breitete die Arme aus.
    »Mitbürger!«, rief er. »Ich danke euch, dass ihr so zahlreich gekommen seid. Noch nie haben sich in unserem Land mutige Männer durch Terror einschüchtern lassen, und auch Sie und ich werden uns durch die Rowdys, die sich vielleicht unter uns befinden sollten, nicht ins Bockshorn jagen lassen.«
    »Bravo, Charles Lang!«, schrie ein kleiner Mann neben mir. Andere stimmten in den Ruf ein.
    Das also dort oben auf der Bühne war Charles Lang, der sich entschlossen hatte, den Kampf gegen das Gangstertum und die Korruption in Tyrontown aufzunehmen. Ich überlegte unwillkürlich, wie lange Charles Lang noch zu leben hatte, und ich dachte, dass ich mit meiner Arbeit schnell fertig werden müsste, damit Lang und vielleicht noch ein paar Leute mit dem Leben davonkamen.
    Ich wandte den Blick und suchte die Gestalt von Lieutenant O’Negh. Auf der Tribüne hatte Charles Lang inzwischen das Wort dem Bürgermeister gegeben. Der gewählte Chef von Tyrontown war ein großer, schwerer Mann mit blinzelnden Schweinsäuglein. Was er sagte, war einer Wahlrede ziemlich ähnlich.
    »Ich bin verdächtigt worden, dass ich mit der anderen Seite halte«, rief er. »Nur deshalb, weil ich in einer gewissen Zeitung manchmal gelobt wurde. Dass ich hier stehe, muss euch beweisen, wohin ich gehöre. Denkt daran bei der nächsten Wahl. Und jetzt gebe ich das Wort an Charles Lang zurück. Er wird euch seine Vorschläge machen.«
    Der Zeitungsmann war ein glänzender Redner. Innerhalb von zehn Minuten hatte er die Menschen im Saal in eine
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