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0034 - Das Teufelsauge

0034 - Das Teufelsauge

Titel: 0034 - Das Teufelsauge
Autoren: Dieter Saupe
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Mußt trinken, was in der Flasche ist. Trinkst Leben und Stärke und Mut. Hast Lust und Liebe in dir. Bist jung und mußt gutes Blut haben. Trink, Mädchen.«
    Wie vorher, bei der Melodie des unheimlichen Liedes, das sie zum Tanzen gezwungen hatte, hatten auch jetzt die Worte der Zigeunerin etwas ungewöhnliches Herrisches.
    Marghita konnte den Trunk nicht abweisen.
    Sie nahm der Alten die Flasche aus der Hand und trank. Die Flüssigkeit schmeckte sogar sehr angenehm. Es war ein Geschmack von Minze darin, verbunden mit dem herben Geruch von Wurzeln und kräftigen Kräutern.
    Während das Mädchen trank, begann die Alte ihrerseits einen Tanz. Es war aber mehr ein leichtes Wiegen, hin und her, eine Art von leichtem Freudentaumel.
    Tanzte die Alte, weil sie den Vampir in dem Mädchen besiegt hatte?
    Das wußte zu dieser Stunde nur La Zanuga selbst.
    Die Alte starrte mit ihrem unheimlichen Auge auf das Mädchen.
    Dann hob sie ihre schweren Röcke und ging in einen wilderen Tanz über. Ihre bloßen Füße stampften den Takt auf dem moosigen Boden zwischen den verwitterten Korkeichen, die an dieser Stelle des Waldes eine kleine Lichtung bildeten.
    Bei diesem schnelleren Tanz stieß die Zigeunerin alte Beschwörungsformeln aus, die niemand verstanden hätte.
    Marghita, der die Sinne zu schwinden drohten, fühlte sich wie in den Zauberhöhlen aller Magier aus Indien und Babylon versetzt.
    »Mußt trinken Mädchen«, schrie die Alte und stampfte den Takt.
    Und Marghita nahm noch einen Schluck von der seltsamen Essenz.
    »Heischa, Xaxa, Milliptis!« schrie die Alte wie wild. »Ich habe den Vampir! Er hat getrunken, und er hat getötet. Und der Vampir wird sterben! Heischa, Yaya, Wischa, Xaxa!«
    Und sang wieder und tanzte, und ihre Röcke flogen, und ihre schwarze Mähne wehte wie die eines dahinbrausenden Wildpferdes.
    »Heischa, Mädchen! Die Geister kommen! Trink aus, denn es ist dein letzter Trunk. Ich hör schon die Freunde. Sie kommen alle. Herbei, Xaxa, kommt alle, ihr Geister. Heran mit euch, Hubub und Miktik, Babal und Jirna, Boblek und Kimtu. Her, ihr Geister aus allen Höllen der Erde! Holt euch das Mädchen, das Blut getrunken! Her mit euch, Hascha und Heischa, nehmt ihr das Leben! Tanzt mit mir, singt mit der alten Zanuga! Holt das Leben von der, die sich ein Leben geholt!«
    Wild gestikulierte die Alte bei diesen Worten, zu denen sie weiter den Takt mit ihren Füßen schlug.
    Dann sah sie auf das Mädchen Marghita.
    Das Mädchen schlief.
    »Gut, ihr Höllengeister!« rief die Zigeunerin. »Habt mir Gewalt gegeben über sie. Habt ihr den Schlaf gegeben mit meinen Kräutern. Nehmt sie euch wieder, wenn der Tote gerächt ist. Holt sie euch, wenn der Mond aufgeht. Nehmt sie ins Schattenreich, wenn ihr sie findet, mit zerbrochenen Gliedern, unten, neben den Klippen am Fluß.«
    La Zanuga setzte zu einem lallenden Gesang an, der ein Opferlied sein sollte, aber wie das Heulen eines Hundes klang.
    Ein langgezogenes Heulen in der Stille der weiten Wälder über dem Flusse Douro, wo es sonst so friedlich war.
    Dann ging die Alte langsam auf das reglose Mädchen am Erdboden zu. Mit einem einzigen Ruck ihrer kräftigen Arme riß sie Marghita hoch und starrte ihr ins Gesicht.
    Zwei angstvolle Augen sahen dem blutunterlaufenen Auge, der Zigeunerin entgegen. Zwei Augen, hypnotisiert unter dem Blick La Zanugas. Wie das Kaninchen im Angesicht der beutegierigen Schlange.
    Die Alte lud sich das Mädchen auf die Schultern und ging davon, auf den Fluß zu, der unter ihr zwischen den Felsen vorbeirauschte.
    Das war zur gleichen Sekunde, als in der Polizeipräfektur zu Porto das Telefon läutete und Kapitän Capoa den erregten Bericht Doktor Menaos hörte.
    ***
    »Und wo liegt Ihr Hospital?« fragte Idor Capoa mit Spannung.
    »In der kleinen Stadt Vila Tangil«, gab Doktor Menao Auskunft.
    »Wo ist das genau?«
    »Von Porto aus in Richtung der Heilquellen von Aregos. Etwa auf halbem Wege, wenn Sie die Straße kennen.«
    »Es gibt zwei Straßen, Doktor. Eine führt durch die Eichenwälder, und…«
    »Ja, die ist es. Sie kommen nach etwa dreißig Kilometern in die Stadt Vila Tangil.«
    »Gut, Doktor. Ich bin in einer Stunde bei Ihnen. Nur noch ein paar Angaben. Wie heißt der Tote?«
    »Mandes. Enrique Mandes.«
    »Und Sie sind sicher, daß er nicht eines natürlichen Todes gestorben ist?«
    »Ganz sicher, Capitano. Wir haben den Fall mit vier Ärzten überprüft. Der Mann war fast geheilt und sollte bald entlassen werden. Die
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