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0033 - Der Pfähler

0033 - Der Pfähler

Titel: 0033 - Der Pfähler
Autoren: Jason Dark
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Blut rauschte in den Adern und hämmerte in den Schläfen. Nein, es war nicht das Licht allein, das ihn aus dem Schlaf gerissen hatte.
    Er saß auf der Bettkante und dachte nach. Noch einmal liefen die Ereignisse der vergangenen Tage vor seinem geistigen Auge ab. Wie immer hatte er als Holzfäller im Wald gearbeitet. In einer Pause war er unter den wärmenden Sonnenstrahlen auf einer Lichtung eingeschlafen. Und dann hatte er den Traum gehabt.
    Eine Stimme sprach zu ihm.
    Die Worte klangen ihm im Ohr nach, als wäre es erst heute gewesen. »Wenn der Mond voll und rund am Himmel steht, wirst du aufbrechen, um das zu tun, was deine toten Ahnen von dir verlangen. Du wirst hingehen zur Burg des Schwarzen Grafen und dort deinen Auftrag erfüllen. Und niemand wird dich aufhalten in dieser Nacht, denn sie ist von der Hölle vorbestimmt worden.«
    Automatisch zog sich Jurc an, während er über die Worte nachdachte. Es kam ihm gar nicht in den Sinn, sich zu weigern. Er war ein Mensch, der an die Geister der Natur glaubte. Er wußte, daß es zwischen Himmel und Erde viele Dinge gab, die er nicht begriff. Petroc Jurc handelte nach seinem Gefühl und nach einem Befehl, den nur er hörte.
    Er schritt zu der alten Kommode, auf der noch die Waschschüssel stand, und klatschte sich das kalte Wasser ins Gesicht. Die Erfrischung tat gut. Jetzt fühlte er sich seiner Aufgabe gewachsen.
    Sein Gesicht sah er in dem halbblinden Spiegel an der Wand. Es waren grobknochige Züge mit zahlreichen Falten und einer wettergegerbten Haut. Petroc Jurc sah älter aus, als er in Wirklichkeit war. Er zog seine alte Jacke über und öffnete das Fenster. Suchend schaute er hinaus.
    Leer und einsam lag die Dorfstraße vor ihm. Direkt hinter dem Dorf begann der Wald. Und dort mußte er hin. Aber er mußte vorsichtig sein, denn seine Wirtsleute hatten einen leichten Schlaf. Oft saß der alte Marek stundenlang am Fenster und schaute in die Dunkelheit. Jurc wußte nicht, weshalb er das tat. Er hatte sich auch nie getraut, nach dem Grund zu fragen. Marek war ein verschlossener Mann. Er betrieb die Schmiede im Dorf. Obwohl seine Vorfahren aus diesem Ort stammten, hatte er nie recht Kontakt gefunden. Es ging die Sage um, daß sein Sohn von einem Vampir geraubt worden war, aber die Leute erzählten viel, wenn sie nichts anderes zu tun hatten.
    Jurc kümmerte sich nicht um die Geschichten. Er hatte seine Arbeit und seine Schlafkammer unter dem Dach. Das reichte ihm.
    Er stieg nicht zum erstenmal durch das Fenster und kannte den Weg haargenau. Unter ihm lag das schräge Vordach mit den altersschwachen Schindeln, die an manchen Stellen ziemlich locker saßen und bei einem unbedachten Schritt herunterfallen konnten. Doch Jurc hatte Glück.
    Geschickt drehte er seinen Oberkörper durch das schmale Fenster, tastete erst mit den Händen, prüfte den Druck und schob sich dann auf das Vordach.
    Wenige Sekunden blieb er dort liegen. Dann kroch er auf allen vieren nach rechts auf die Begrenzung zu. Von dort konnte er dann auf den kleinen Anbau steigen, in dem die Schmiede untergebracht war und wo tagsüber das helle Feuer loderte.
    In Petrila – dem kleinen Ort in den Karpaten – schien die Zeit stehengeblieben zu sein. Wie an vielen anderen Dörfern der Karpaten war auch hier die Zivilisation vorbeigelaufen. Sogar die Regierungsstellen kamen mit diesen verschlossenen Menschen nicht zurecht.
    Die einzigen Fremden, die Kontakt zu ihnen fanden, waren die Mönche aus dem Kloster. Sie brachten den geistlichen Beistand, wenn welcher gewünscht wurde.
    Jurc erreichte die Dachkante und schaute auf den Anbau. Er war ziemlich breit, und der Holzfäller konnte nicht über ihn hinwegsehen. Er drehte sich, rutschte langsam über die Kante des Vordachs und fand mit den Zehenspitzen Halt auf dem Anbaudach.
    Er ließ seinen Oberkörper nachrutschen und blieb erst einmal geduckt stehen.
    Niemand hatte ihn gesehen.
    Ein hartes Lächeln glitt über Jurcs breite Lippen. Nein, ihn würde niemand aufhalten. Er wollte seine Aufgabe durchführen, bis zum bitteren Ende.
    Sicher wartete er schon.
    Wenn Petroc Jurc an ihn dachte, überzog eine Gänsehaut seinen Körper. Eigentlich müßte er von ihm abgestoßen werden, doch die seltsame Anziehungskraft des Bösen wirkte auch auf ihn.
    Bald war es soweit.
    Bald…
    Jurc schlich zum Rand des Anbaus und schaute in die Tiefe. Er konnte sie glatt mit einem Sprung überwinden, ohne sich zu verletzen.
    Petroc Jurc sprang.
    Dicht vor dem Eingang prallte
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