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0028 - Wir - in den Katakomben von Paris

0028 - Wir - in den Katakomben von Paris

Titel: 0028 - Wir - in den Katakomben von Paris
Autoren: Delfried Kaufmann
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sich Phil.
    Ich blätterte in den Telegrammen. »Stimmt!«
    »Okay, dort ist es! Geh mal an Deck und mach die Leinen klar!« Während Phil die ›Gundula‹ in die Lücke zwischen einer schneeweißen Zwanzig-Yard-Yacht und einem Motorboot, dessen Bug so scharf geschnitten war wie eine Wind hundschnauze, einsteuerte, hüpfte ich sprungbereit auf unseren Mahagoniplanken herum, die Anlegeleinen in der Hand. Phil kriegte das nicht ganz einfache Manöver prima hin. Ich jumpte ans Ufer und schlang die Leinen um die Anlegepoller, während die ›Gundula‹ sanft ihre Fender gegen die Steinmauer des Kais schurrte.
    Phil stellte den Motor ab und kam an Deck.
    »Zieh die Heckleine etwas straffer!« kommandierte er, ganz der große Kapitän. Dann sprang auch er auf den Kai, begutachtete meine Vertäuungsarbeit kritisch, nahm gewissermaßen die Front unseres Kahns ab und schien befriedigt.
    Wir sahen uns um. Es war früh. Die Riesenstadt schien noch zu schlafen. Es war genau wie in New York um diese Stunde. Ich glaube, es ist die stillste Stunde in allen Großstädten der Welt, stiller als jede Stunde der wirklichen Nacht. Die Einwohner, die während der Nacht leben, sind schon schlafen gegangen, und die Menschen, die während des Tages arbeiten, sind noch nicht auf den Straßen.
    Irgendwo knatterte ein einsames Auto. Ein Zug rumpelte in der Feme über die Schienen. Unter uns bebte die Erde von dem Dröhnen einer ersten Untergrundbahn. Das Filigran des Eiffelturms schälte sich langsam deutlicher aus dem Morgendimst. Etwas wie ein Dornröschen-Schlaf lag über der Stadt, aber gleich würde sie erwachen und zu brausen beginnen.
    »Wer kocht Kaffee?« fragte Phil prosaisch.
    Ich hatte mich in den Anblick der Zwanzig-Yard-Yacht vertieft, die unser Bugnachbar war. An ihrem Heck hing schlaff eine Flagge. Es war das Sternenbanner.
    »Mitbürger!« sagte ich. »Nicht sehr angenehm und gar nicht gut für unseren Job. Sie werden neugierig sein. Sie werden Fragen stellen, und das Schlimmste, sie werden uns ununterbrochen zu Bord-Parties einladen.«
    »Ist nicht zu verhindern«, erklärte Phil gelassen. »Ich wette, hier liegen noch ein halbes Dutzend amerikanischer Schiffe. Sieh dir lieber den scharfen Hund an unserem Heck an. Das Schnittigste, was ich je gesehen habe.«
    Wir gingen die paar Schritte, um uns das Motorboot genauer zu betrachten. Selbst die Windseite des Leitstandes war in Stromlinienform gebaut.
    »Toller Kahn!« bemerkte ich. Die Führerstandfenster waren von innen durch blaue Vorhänge verschlossen.
    »Wie heißt er?« fragte Phil und drehte sich um.
    Ich wollte ihm folgen, hatte mich ebenfalls schon in der Hüfte gedreht, als ich eine Bewegung an den Vorhängen zu sehen glaubte. Ich wandte mich noch einmal zurück, erblickte für einen Sekundenbruchteil ein Gesicht, dann schlugen die Vorhänge wieder vor.
    War das überhaupt ein Gesicht gewesen? Ich hatte eigentlich mehr den Eindruck einer scheußlich verzerrten Fratze.
    »Er heißt einfach ›Y‹!« rief Phil von vorn.
    Ich schüttelte den Gedanken ab. Ich hatte ja eigentlich gar nichts gesehen, kaum mehr als ein Aufblitzen hinter der Gardine. Phil stand vorne und starrte den Bug an.
    »Seine Schnauze sieht aus, als wolle er unsere ›Gundula‹ in das Hinterteil beißen«, sagte er nachdenklich.
    Ich stieß ihn an.
    »Komm zum Frühstück.«
    ***
    Paris funkelte und strahlte im Glanz seiner Lichter. Auf der Place de la Concorde sprudelten die Springbrunnen im Scheinwerferlicht, ragte der Obelisque von Luxor. In endloser Schlange schoben sich die Wagen die Avenue des Champs-Elysées hoch, an deren Ende der Triumphbogen hell erstrahlte.
    In einem Strom, der der Autoschlange die Waage hielt, schoben sich die Menschen über die breiten Trottoirs, vorbei an den offenen Cafés, den eleganten Geschäften, Menschen jeder Nationalität, jeder Rasse, jeder Hautfarbe. Dazwischen die Gruppen der Touristen, die immer wieder mit offenen Mündern stehenblieben, um die Sehenswürdigkeiten anzustaunen, die ihnen der Führer anpries.
    Wir hatten bei Fourquet gegessen. Ich kann kaum mehr als ein paar Brocken Französisch, aber Phil ist ein gebildeter junger Mann. Er hatte lange mit dem Ober, dann mit dem Kellermeister parliert, und das Resultat dieser Unterhaltung war, daß ich gezwungen wurde, eine Menge flüssiger und fester Dinge zu mir zu nehmen, denen man ihre Herkunft kaum ansehen konnte, die manchmal sogar höchst verdächtig für einen Mann aus Connecticut aussahen, aber die
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