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0025 - Der Satansdiener

0025 - Der Satansdiener

Titel: 0025 - Der Satansdiener
Autoren: Susanne Wiemer
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gespenstischen Licht wurde Zamorra zum zweiten Mal Zeuge, wie sich der schwere steinerne Deckel des Sarges hob und zu Boden fiel. Dürre Knochenhände wurden sichtbar. In gespenstischer Lautlosigkeit erhob sich das weiße Gerippe und schwebte ein paar Sekunden lang reglos über dem Sarg.
    Dann schien sich das bleiche Gebein mit einem durchsichtigen Schleier zu umhüllen.
    Wie in einem Film, in dem zwei Bilder übereinander geblendet werden, erschien eine zweite Gestalt. Als trage der Totenschädel plötzlich eine durchsichtige Maske, schob sich das ernste, männliche Antlitz Alban de Bayards vor die nackten Knochen. Für einen Moment waren der Tote und sein Astralleib miteinander verwoben – dann glitten sie auseinander und schwebten links und rechts von dem Sarg in der Luft.
    Ein jahrhundertealtes Gerippe, zum Leben erweckt durch eine fremde, geheimnisvolle Kraft.
    Und daneben ein anderes, menschlicheres und zugleich blasseres Bild, das die breitschultrige, hoch gewachsene Gestalt eines Mannes im weißen, wallenden Mantel der Kreuzfahrer zeigte.
    Alban de Bayard…
    Der Kreuzritter, der mit dem Schwert des Feuers in der Faust gegen die Hölle selber gekämpft hatte. Und der ohne das Schwert der ewigen Verdammnis anheim fallen würde.
    Sekunden vertickten. Endlose Sekunden…
    »Ich grüße dich, Zamorra«, sagte der Kreuzritter mit seiner dunklen, volltönenden Stimme. »Hast du die Wölfe besiegt?«
    »Ich habe sie besiegt«, sagte der Professor ruhig.
    »Bist du gekommen, um mir das Schwert des Feuers zurückzubringen?«
    »Das kann ich nicht, Alban, weil ich es nicht mehr habe. Es wurde mir geraubt – geraubt von einem Dämon. Er lauerte mir in den Ruinen der Adlerburg auf und überraschte mich. Ihn konnte ich nicht besiegen.«
    Erneut fiel das Schweigen herab.
    Das edle, von dunklem, bis auf die Schultern herabfallendem Haar umrahmte Gesicht des Kreuzfahrers schien zu versteinern. Aber in seinen Augen war kein Zorn, und als er wieder sprach, klang seine Stimme genauso ruhig wie vorher.
    »Du trägst auch das Amulett nicht mehr. Ist es dir ebenfalls geraubt worden?«
    »Nein, Alban. Aber draußen wartet ein Freund auf mich, den es schützen soll, falls der Dämon zurückkehrt.«
    Bayard neigte den Kopf – eine Geste stummer Ehrerbietung. »Du hast Mut, Zamorra. Du bist ohne das Schwert und ohne das Amulett hierher zurückgekehrt. Fürchtest du nicht meinen Zorn, meine Rache?«
    »Nein. Denn es ist Alban de Bayard, zu dem ich kam, und keine Ausgeburt der Finsternis.«
    Wieder entstand eine Pause.
    Der Blick des Kreuzfahrers schien durch alles hindurchzugehen, sich in unvorstellbarer Ferne zu verlieren.
    »Ich werde verdammt sein«, sagte er leise. »Zwei Tage noch dauert die Frist, dann wird alles Böse, das ich je besiegt habe, von mir Besitz ergreifen und durch mich in die Welt zurückkehren. Ich werde dem zu Gehorsam verpflichtet sein, der das Schwert besitzt. Viel Unheil wird geschehen…«
    Zamorra straffte sich.
    »Wenn ich es verhindern kann, werde ich es tun«, sagte er hart.
    »Ich werde dieser Bestie das Schwert wieder aus den Klauen reißen. Ich werde…«
    »Du willst mit einem Dämon kämpfen? Du, ein sterblicher Mensch?«
    »Es ist nicht das erste Mal. Ich habe das Amulett. Du kennst es, Alban, vielleicht besser als ich. Du nanntest es das Amulett des Merlin, das Amulett, das die letzten Hüter des heiligen Grales trugen. Kann es uns beide schützen?«
    »Ich weiß es nicht. Es schützt dich, und es wird vielleicht auch mir die Kraft zurückgeben, die ich mit dem Schwert verloren habe, wenn wir uns in der gleichen Sphäre treffen.« Er schwieg, schien erneut in geheimnisvolle Fernen zu blicken. Sekunden vergingen, dann kehrte sein Blick von weither zurück. »Ich kenne einen Weg«, sagte er. »Auf der Insel Avalon gibt es tief in einer Höhle verborgen eine sprechende Quelle. Viele hundert Jahre hat sie geschwiegen, und man sagt, dass nur Merlin, der Zauberer, selbst sie befragen konnte. Vielleicht wird sie dir antworten, Zamorra. Vielleicht wirst du mit Hilfe des Amuletts in ihrem Wasser sehen können, was du erfahren willst. Aber Avalon ist nicht von dieser, von deiner Welt.«
    »Und wie kann man es erreichen?«
    »Du musst die Schwelle überschreiten. Du musst herüberkommen in unser Zwischenreich, in die Welt der Untoten, Geister und Dämonen. Aber das ist eine gefährliche Reise, Zamorra. Vielleicht eine Reise ohne Wiederkehr…«
    Der Professor atmete tief durch.
    Sein Gesicht war hart,
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