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0025 - Der Satansdiener

0025 - Der Satansdiener

Titel: 0025 - Der Satansdiener
Autoren: Susanne Wiemer
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dass er stand.
    Ein Zittern durchlief ihn – ein unzweifelhaft körperliches Zittern.
    Mühsam öffnete er die Augen und sah an sich hinab.
    Nichts hatte sich verändert.
    Er war in seinen Körper zurückgekehrt. Oder besser – sein Körper selbst war zurückgekehrt – aus irgendeiner Sphäre, die noch tiefer, noch ferner lag als das Reich der Dämonen. Nichts war mehr zu sehen von den Spuren des Kampfes mit dem Riesenkraken, nichts mehr zu spüren von dem feinen Sand, den er auf der Haut gefühlt hatte. Zamorra hob den Kopf, sah sich um – und begriff, dass er sich wieder in der Gruft unter der Burg der Adler befand.
    Alban de Bayard stand hoch aufgerichtet neben seinem Sarg. Knochenfinger schoben den Deckel beiseite, das Gerippe richtete sich auf – bereit, sich wieder mit seinem Geist zu verbinden. Albans Gestalt verblasste, wurde wieder zur durchsichtigen Projektion. Seine Rechte hob sich zu einer Geste des Bedauerns.
    »Ich kann dich nicht begleiten, Zamorra«, sagte er. »Geronimo Morgue musst du allein besiegen. Ich gehöre der gleichen Welt an wie er. Und einem Wesen unserer Welt ist es verwehrt, in den Bereich eines anderen Wesens einzudringen, mit dem ihn nichts verbindet.«
    Zamorra nickte.
    »Ich werde ihn besiegen«, sagte er. »Noch heute Nacht werde ich das Schwarze Haus besuchen. Ich werde Geronimo Morgue vernichten und Nicole befreien, ich werde das Schwert des Feuers wieder in die Hand bekommen und dir deinen Frieden zurückgeben, Alban.«
    »Ich danke dir, mein Freund. Ich danke dir schon jetzt, denn ich weiß, dass du alles tun wirst, was in deiner Macht steht. Auf bald…«
    Er neigte den Kopf.
    Zamorra erwiderte die Geste. Dann wandte er sich ab, stieg die steinernen Stufen hinauf und stemmte mit der Schulter mühsam die schwere Falltür hoch, weil ihm diesmal niemand von außen zur Hilfe kam.
    Ein paar Sekunden später verließ er die verfallene Kapelle.
    Vor ihm lagen die uralten Trümmer der Ruine im Mondlicht. Die Vision einer strahlenden, wehrhaften Adlerburg war zerstoben.
    Aber als Zamorra die Hügelkuppe überquerte, um zu seinem Wagen zurückzugehen, glaubte er für einen Moment, ganz leise das ferne Tremolo des Harfenspiels zu hören…
    ***
    Nicole Duval hatte das Gefühl, einen entsetzlichen Albtraum zu erleben, aus dem es kein Erwachen gab.
    Immer noch stand sie an der Wand, mit erhobenen Armen und angekettet. Die Kälte der Steinquader schien ihr bis auf die Haut zu dringen. Sie zitterte an allen Gliedern. Entsetzen und Schmerz waren längst in Apathie gemündet, und das wütende Fauchen des Tigers hinter den Gitterstäben hörte sie kaum noch.
    Geronimo Morgue brauchte nicht an der Bestie vorbei, wenn er seine Gefangene sehen wollte, das wusste sie bereits.
    Und sie kannte auch das eigenartige schwefelgelbe Licht, das jetzt wieder dicht vor ihr in der Luft flimmerte. Erschöpft und verzweifelt schloss sie die Augen – und als sie sie wieder öffnete, stand der dämonische Magier vor ihr.
    Er hielt das Schwert in der Rechten.
    Jenes Schwert, das ihn vor Jahrhunderten getötet hatte, das nun wieder in seine Hände gelangt war und das ihm die Fähigkeit verlieh, Rache zu nehmen – nicht nur an seinem Gegner von damals, sondern an der gesamten Menschheit.
    Seine gelben Augen funkelten.
    Noch hatte er Nicole nicht unter seinen Willen gezwungen, nicht in seinen Bann geschlagen. Auch so war sie ihm ausgeliefert – und er weidete sich an der Angst seines hilflosen Opfers. Mit einem satanischen Lächeln hob er das Schwert, berührte Nicoles Hals mit der Spitze und fuhr sanft und spielerisch über ihren nackten, bebenden Körper.
    Nicoles Atem ging schnell und kurz.
    »Sie Bestie!«, keuchte sie. »Was haben Sie mit Bill gemacht? Was…«
    Die schrägen Brauen des Magiers zuckten hoch. »Meinst du den Narren, der dich befreien wollte?« Er lächelte, und seine Augen verengten sich zu Schlitzen. »Er wird sterben. Er und dieser andere, dieser Professor, der sich anmaßt, stärker zu sein als ich.« Für einen Moment verzerrte sich Morgues Gesicht zu der Fratze des Dämons, der er war, und blinder Hass loderte aus seinen Augen. Dann glätteten sich seine Züge wieder zu einer triumphierenden Maske.
    »Auch du wirst sterben«, sagte er lächelnd. »Aber noch nicht sofort. Du wirst mir angehören, verstehst du? Als Brautgeschenk werde ich dir die Köpfe deiner Freunde zu Füßen legen, und dann bist du mein. Wenn du dir Mühe gibst, mir zu gefallen, kannst du sogar am Leben bleiben.
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