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002 - Stadt der Verdammten

002 - Stadt der Verdammten

Titel: 002 - Stadt der Verdammten
Autoren: Jo Zybell
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Töchter geboren. Ganz genau wusste sie es selbst nicht mehr. Mehr als die Hälfte ihrer Kinder war, sowieso schon tot. Seit dem Kriegsausbruch vor acht Jahren hielt der Tod reiche Ernte in Bolluna.
    Sie nickte Brellzek zu und verzog ihre Schlundlippen zu einem Lächeln.
    Die meisten Wulfanen hatten Säbelbeine und einen Buckel. Nicht so Brellzek. Seine kräftigen Beine waren lang und gerade und sein Rücken, abgesehen von den knochigen Schulterblättern, glatt und flach. Über dem teergetränkten Hemd trug er einen ledernen Umhang, der ihm bis zu den Knien reichte. Einen schwarzen Lederumhang - das Zeichen eines Hauptmanns. Niemand in Bolluna hatte mehr Feinde getötet als er.
    Drulzas Blick wanderte über die vier Gefangenen. »Prächtig, Brellzek, prächtig«, krächzte sie. »Du bringst gute Beute.« Brellzeks Schlundlippen zogen sich auseinander. Der Lippenspalt wanderte ihm fast bis zwischen die Augen. Die gelben Reißzähne seines gewaltigen Gebisses wurden sichtbar. Er strahlte - das Lob der Obermutter tat ihm gut.
    Drulza deutete auf den Steinquadertisch. Ein kleiner Kastenaus schwarzem Leder stand dort neben einem Wasserkelch. Brellzek schritt zum Tisch, öffnete den Deckel des Lederkastens und entnahm ihm eine dunkelbraune, fingerlange Stange. Damit ging er zum Ausgang und nahm die linke Fackel von der Wand. Er steckte die Stange zwischen seine Schlundlippen und entzündete sie an der Flamme. Rauchwolken stiegen zur Saaldecke hinauf. Er ging zurück zu Drulzas Sitz, .stieg zwei Stufen hinauf und reichte der Obermutter die Zigarre. »Nimm di auch eine«, krächzte Drulza. Während Brellzek ihrer Weisung nachkam, betrachtete sie die Gefangenen. Die drei Nackthäute zitterten. Sie waren in altes löchriges Fell gewickelt. Zwischen den Lederfetzen dessen, was einmal ihre Stiefel gewesen waren, sah Drulza blaugefrorene Füße. Das Kind und die Frau heulten leise vor sich hin. Der Mann stierte sie erwartungsvoll an. Alle drei hatten nicht viel Fleisch auf den Knochen. Für ein Festmahl würden sie nicht taugen.
    Die Taratze dagegen war kräftig und hatte ein schönes Schwarzfell. Der Herzog würde seine Freude daran haben.
    »Wo habt ihr sie aufgegabelt?«, wollte Drulza wissen und stieß eine Qualmwolke aus. Für einen Moment sah ihr haariges Gesicht aus wie der Krater eines rauchenden Vulkans.
    »Jenseits des Stromes«, sagte Brellzek. »Am Fuß des Gebirges, nicht weit von Virruna. Die Taratze war hinter den Nackthäuten her.«
    »Soso«, knurrte Drulza. »Woher kommt ihr?« Sie sprach den Mann an und benutzte dabei einen Dialekt der Wandernden Völker.
    »Aus dem Eisgebirge.« Der Mann sprach leise. Seine Stimme vibrierte. »Die Bestien haben unsere Horde überfallen… fast alle tot… nur wir drei konnten fliehen…« Seine Stimme versagte.
    Drulza , beäugte ihn misstrauisch. »Fliehen? Aus den Höhlen der Taratzen? Wie hieß ihr Führer?«
    »Rraar… ja, Rraar nannten sie ihn…«, stammelte der Mann.
    Drulza nahm einen tiefen Zug von ihrer Zigarre und blies dem Mann den Rauch entgegen. »Du lügst. Niemand flieht aus der Gewalt einer Taratzenhorde.«
    »Sie sagen, ein Fremder sei aufgetaucht«, mischte Brellzek sich ein. »Ein Mann mit gelbem Haar, mit sehr wenigem Haar. Er soll Kleider aus grünem Stoff getragen haben.«
    »Rraar hat ihn behandelt wie einen Gast«, flüsterte der Mann auf dem Boden vor Drulzas Sitz.
    »Was war das für ein Mann?«, fragte Drulza lauernd.
    »Ich weiß es nicht… wirklich nicht.« Im fiebrigen Blick des Gefangenen flackerte die Angst. »Er hatte mächtige Waffen… Waffen, die Blitz und Donner vom Himmel riefen… sie haben Rraar und viele seiner Jäger zerrissen… Und der Fremde hat es gewagt einen Eluu loszubinden, der ein Blutbad unter den Taratzen angerichtet hat. Dadurch konnten wir fliehen.«
    Drulza spürte den erwartungsvollen Blick ihres Sohnes. Vermutlich glaubte er den Worten des Gefangenen genauso wenig wie sie selbst. Niemand kettete einen Eluu los. Jedenfalls nicht freiwillig. Der riesige Vogel mit dem Schuppenpanzer war der gefährlichste Fressfeind der Taratzen. Und auch die Wulfanen fürchteten ihn. »Du lügst«, sagte Drulza.
    »Nein, nein…« Der Mann hob flehend die Arme. »Was ich sage, ist wahr.«
    »Habt ihr die Taratze verhört?«, wandte Drulza sich an Brellzek.
    »Keiner von uns beherrscht ihre Sprache.«
    »Dann bringen wir sie zum Herzog.«
    Herzog Krallzek war einer der wenigen Wulfanen, die das Land jenseits des Eisgebirges gesehen
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