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0019 - Die Schreckenskammer

0019 - Die Schreckenskammer

Titel: 0019 - Die Schreckenskammer
Autoren: Susanne Wiemer
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Yards stieß er auf die Einmündung des Weges.
    Ohne zu zögern bog er von der Straße ab und folgte der steinigen unebenen Piste. Er bewegte sich schnell, lautlos, sicher, und erst ein paar Minuten später blieb er plötzlich stehen.
    Etwas stoppte ihn, schien sich vor ihm aufzurichten wie eine unsichtbare Mauer. Marrics Augen verengten sich. Er hielt den Atem an, lauschte. Deutlich wie eine Berührung spürte er den seltsamen Bann, der das Haus auf dem Hügel umgab. Ein fremder Wille brandete gegen sein Bewußtsein, wollte, ihn aufhalten, zur Umkehr zwingen. Schweißperlen bildeten sich auf Marrics Stirn, und er ballte die Fäuste so fest, daß sich die Fingernägel in sein Fleisch gruben.
    Er ging weiter.
    Einen Schritt, noch einen, und den dritten…
    Sein Gesicht war weiß, gespannt. Er konzentrierte sich, schöpfte Kraft aus den tiefsten, dunkelsten Räumen des Unbewußten – und es war, als würde der magische Bann ganz langsam vor ihm zurückweichen und ihm vorsichtig eine Gasse öffnen.
    Er taumelte, verlor fast das Gleichgewicht und fing sich wieder – als sei eine Tür plötzlich aufgesprungen, gegen die er sich gestemmt hatte. Aufatmend wischte er sich den Schweiß von der Stirn, verharrte einen Moment und blickte sich um.
    Er konnte das Haus nur ahnen. Wie ein Klotz lag es da, eine Insel noch tieferer Schwärze in der Dunkelheit. Der Magier reckte sich.
    Sein Atem ging leise und flach, die Augen bildeten helle Flecken in dem dunklen Gesicht, und als er erneut dem Weg folgte, hatten seine Bewegungen die lautlose Geschmeidigkeit einer Katze.
    Er spürte die Anwesenheit von anderen Menschen, längst ehe er sie sah.
    Abermals blieb er stehen. Jemand beobachtete ihn. Aus den Büschen? Vom Haus aus? Er spannte sich, versuchte zu ergründen, aus welcher Richtung die Gefahr drohte – doch in der gleichen Sekunde hörte er schon das Rascheln im Laub.
    Zwei Männer tauchten auf.
    Große, breitschultrige Männer in dunklen Trenchcoats. Ihre Gesichter waren starr, die Augen seltsam leblos, und auf ihren Lippen lag das Zerrbild eines höhnischen Grinsens.
    Alban Marric rührte sich nicht.
    Er spürte die Gefahr. Spürte sie genauso deutlich, wie Jim Coltrane sie empfunden hatte. Aber Marric war anders als andere Menschen, war vertraut mit der Strahlkraft des Unheimlichen, mit den dunklen Seiten des Lebens, und er fühlte keine Angst, sondern nur das eigentümliche Schwingen einer großen inneren Spannung.
    Er sah die Männer an.
    Seine Augen waren schmal und hell, waren wie Sonden, die einen bestimmten Berührungspunkt suchten. Sein Blick veränderte sich, gleißte wie von einem unsichtbaren Licht erhellt. Er atmete langsam, ruhig, und als er sprach, bewegte er kaum die Lippen.
    »Halt«, murmelte er. »Halt – bleibt stehen…!«
    Die beiden Männer schienen ihn nicht zu hören.
    Das grimassenhafte Grinsen auf ihren starren Gesichtern verstärkte sich. Sie reagierten nicht, schienen immun gegen die Kraft der Hypnose. Einer von ihnen hob die Hand, eine abgehackte Bewegung wie die eines Roboters, und machte Anstalten, auf den Magier zuzugehen.
    Da begriff Marric, daß er es nicht mit normalen Menschen zu tun hatte.
    Diese beiden Männer waren überhaupt keine Menschen. Sie waren – irgend etwas anderes. Puppen. Marionetten an unsichtbaren Fäden, von einem fremden Willen bewegt. Wie eine Vision tauchte die Erinnerung an jenes tote Mädchen vor Marrics Augen auf. Calgaro hatte ihr das Gehirn entnommen. Hatte er es durch etwas anderes ersetzen wollen? Eine Art Maschine? Einen Computer, der fremden Impulsen folgte, oder…
    Die Gedankenkette zerbrach.
    Unaufhaltsam wie Maschinen wälzten sich die beiden Männer auf Marric zu. Angst schoß in ihm hoch. Er wich zurück, suchte verzweifelt nach einer Chance, einem Ausweg – und im gleichen Moment verhakte sich der Absatz seines Schuhs hinter einem Stein.
    Er verlor das Gleichgewicht, stolperte.
    Hart schlug er mit dem Schädel auf. Schmerz durchzuckte ihn, vor seinen Augen waberten blutige Schleier. Gleichsam durch eine Watteschicht hörte er dünnes Kichern. Tonnengewichte schienen ihn am Boden festzuhalten, und dann spürte er nur noch die Schläge, die auf ihn niederprasselten wie ein gnadenloser Steinhagel…
    ***
    »Sei willkommen in meinem Haus, Alban!«
    Die Worte schienen aus weiter Ferne in Marrics Bewußtsein zu dringen. Sein Körper schmerzte. Er spürte, daß er in einem Sessel lehnte, er hörte das Klirren von Ketten, als er sich bewegte, aber er war
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