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0014 - Der schwarze Henker

0014 - Der schwarze Henker

Titel: 0014 - Der schwarze Henker
Autoren: Jason Dark
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standen die geschnitzten Holzbänke auf dem gefliesten Boden. Bilder an den Wänden erzählten vom Leid des Kreuzweges. Das Mittelschiff ruhte auf runden Säulen.
    Im hinteren Teil der Kirche stand das Taufbecken. Und hier wurde auch der Sarg aufbewahrt.
    Der Sarg mit dem Henker!
    Der Pfarrer zündete Kerzen an und verteilte sie an die Männer. Jeder nahm ein Holzkreuz in die andere Hand.
    Dann näherten sie sich dem Sarg.
    Die Dunkelheit im hinteren Kirchenschiff lichtete sich. Das Kerzenlicht vertrieb die tintige Finsternis, malte die Schatten der Männer an die Wand und huschte gespenstig über die Gesichter.
    Niemand sprach ein Wort.
    Jeder war sich der einmaligen Aufgabe bewußt. Sie wuchsen in diesen Minuten zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammen, in der Standesunterschiede bedeutungslos waren.
    Dann erreichten sie den offenen Sarg. Zu beiden Seiten bauten sie sich vor der Totenkiste auf, starrten minutenlang den toten Henker an.
    Der Pfarrer erhob das Wort.
    »Du Geißel der Hölle«, sprach er, »die ewige Finsternis und Verdammnis möge dich aufnehmen und dich nie mehr loslassen. Der Satan, dem du bei Lebzeiten gedient hast, soll dich in der Hölle noch verfluchen. Zu Staub sollst du werden, zu Staub, der vom Nachtwind davongetragen wird. Nie mehr wird ein Mensch durch dich Leid erfahren.« Der Geistliche holte tief Atem. Dann flüsterte er: »Der Herr stehe uns bei!«
    Der Henker bot ein schauriges Bild. Sie hatten ihn so in die roh zusammengehauene Totenkiste hineingelegt, wie sie ihn gefunden hatten.
    Er trug ein dunkles, eng am Körper liegendes Trikot. Seine Füße steckten in schwarzen Stiefeln. Er besaß einen muskulösen Körper, der viel von der Kraft zeigte, die in ihm steckte. Um die Taille trug er einen schwarzen Gürtel mit einer goldenen Schnalle. Vom Gesicht des Henkers war kaum etwas zu erkennen. Eine seidene Kapuze verdeckte es, so daß die Männer die Konturen darunter nur ahnen konnten.
    Die Hände lagen über der Brust gekreuzt. Und zwischen den Handgelenken steckte der magische Pfeil, der von der Armbrust abgeschossen worden war.
    Sein Mordinstrument hatte er ebenfalls mit in den Sarg bekommen. Es war ein gewaltiges Beil mit einer runden Klinge, auf der noch getrocknetes Blut klebte. Unzählige Opfer hatten unter dem Beil ihr Leben ausgehaucht. Der Henker hatte gewütet. Wahllos. Meist starben Unschuldige unter seiner fürchterlichen Waffe. Dabei nahm er keine Rücksicht auf Frauen und Kinder.
    Er war besessen…
    Doch das hatte nun ein Ende.
    »Bringen wir es endlich hinter uns«, sagte der junge O’Casey. Seine Stimme klirrte vor Haß. Er litt schwer unter dem Verlust seiner geliebten Frau.
    Der Pfarrer nickte.
    Sie stellten die Kerzen zur Seite, steckten sie in vier Eisenständer, die um das Taufbecken standen.
    Der roh zusammengebaute Sarg besaß vier Tragegriffe. Jeweils zwei an einer Seite. Die Männer bückten sich. Schwielige Hände umfaßten die Griffe. Cromwell und sein Knecht gingen vorn. Sie waren die stärksten und stießen auch als erste die Kirchentür auf.
    Der Wind hatte sich nicht gelegt. Im Gegenteil. Er heulte zwischen den Dachbarren und jammerte im Gebälk.
    Mitternacht!
    Auf die Minute genau verließen die vier Männer die Kirche und schlugen den Weg zum Leichenacker ein.
    Sie hatten gerade die kleine Treppe hinter sich gelassen, als der Küster die Totenglocke läutete.
    Dünn und hohl wurde ihr Klang vom Wind davongetragen, und wer ihn vernahm, der schlug hastig die Kreuzzeichen.
    In dieser schrecklichen Nacht prallten das Gute und das Böse aufeinander. Und noch stand nicht fest, wer der Sieger sein würde…
    ***
    Sie gingen am Dorf vorbei. Ein Trampelpfad führte zum Leichenacker, zu dem Ort, wo Mörder, Verbrecher und Schänder begraben waren.
    Es war ein Ort der Verfluchten. Niemand betrat ihn freiwillig. Er wurde umsäumt von knorrigen Bäumen, deren gebogene Äste sich wie lange Finger über die unheilige Erde streckten. Der Boden war dunkelbraun, die Gräber fest getrampelt. Kein Kreuz, kein Grabstein zeigte an, wo die Verdammten beerdigt waren.
    Die einzigen Besucher waren die Krähen. Sie hockten auf den kahlen Ästen, krächzten hin und wieder auf und flogen wie Todesboten über den Leichenacker. Längst war der Klang der Totenglocke verhallt. Der Wind jagte die Wolken vor sich her, trieb sie als große Berge zusammen, um sie im nächsten Augenblick wieder auseinander zu reißen. Hin und wieder war die Scheibe des Mondes am Himmel zu sehen. Kalt
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