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0013 - Die Knochengrube

0013 - Die Knochengrube

Titel: 0013 - Die Knochengrube
Autoren: Horst Friedrichs
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noch immer wie die Südamerikaner und Spanier. Er war mit sechzehn Jahren aus Argentinien ausgewandert. Er hatte es nie bereut, denn in New York und Philadelphia hatte sich für ihn das verwirklicht, was der US-Amerikaner als »Geld machen« bezeichnet.
    Evalee stieß den gut aussehenden Schnauzbärtigen an. »He, Everildo, ich glaube, die rechte Angel hat gezuckt.«
    Der Musiker ließ Mabel los. Er legte den Zeigefinger gegen die Lippen und schlich über die Planken des Achterdecks zum Heck dies Kajütkreuzers.
    »Ich finde das reichlich übertrieben«, raunte Frank.
    »Sei doch still«, zischte Mabel.
    Everildo wartete. Da, die Rute bewegte sich tatsächlich, und zwar ganz beträchtlich. Ihre Spitze wippte in Richtung Wasseroberfläche.
    Der Schnauzbärtige wartete, bis die Rolle richtig knarrte. Dann stellte er sie fest, ließ wieder einige Sekunden verstreichen. Als sich der Fisch nach seiner Meinung richtig in den Haken verbissen hatte, begann er an der Rolle zu drehen und die Beute heraufzuholen. Frank, Mabel und Evalee hatten sich inzwischen um ihn gedrängt und blickten gespannt über seine Schultern.
    Das Wasser spritzte auf. Ein mit dem Schwanz schlagender Fisch kam zum Vorschein. Es war ein großer Bursche, und Everildo mußte aufpassen, daß er ihm nicht noch im letzten Augenblick vom Haken rutschte. Schwungvoll beförderte er ihn auf die Planken. Mabel kreischte auf und sprang zurück. Dabei wippten ihre schweren Brüste aufreizend unter den Stoffdreiecken ihres brasilianischen Tangas.
    »Donnerwetter«, beurteilte Frank Fountain den Fang. »So ein toller Karpfen! Was wiegt der denn?«
    »Es ist ein Zackenbarsch«, berichtigte Everildo. »Er bringt gute zehn Pfund auf die Waage.«
    Frank beobachtete, wie der Schnauzbärtige den Fisch fachmännisch schlachtete. Die Mädchen hatten sich abgewandt.
    »Everildo, am Horizont ist ein Punkt aufgetaucht«, meldete Mabel.
    »Das kommt schon manchmal vor«, scherzte der Musiker.
    »Schließlich haben wir nicht das Alleinvertretungsrecht gepachtet.«
    »Es ist aber ein ziemlich dicker Punkt, und er kommt genau auf uns zu.«
    »Ja, er wird schnell größer«, fügte Evalee hinzu.
    »Habt euch doch nicht so«, sagte Frank.
    Everildo Saldana richtete sich auf, verstaute den Fisch in einem eigens dafür mitgebrachten Korb und nahm das Fernglas zur Hand.
    Er setzte es an die Augen. »Mabel hat recht. Es handelt sich um einen großen Dampfer. Wenn mich nicht alles täuscht, ist das ein Passagierschiff. Sehr merkwürdig.«
    »Wieso? Hier führt doch mindestens eine der Fährverbindungen von Fort Lauderdale nach Puerto Rico vorüber«, meinte Frank Fountain.
    »Das ist kein Fährdampfer, Frank.«
    »Was dann?«
    »Ein – gigantischer Pott mit vier Schornsteinen.«
    »Schön, dann habe ich mich eben getäuscht. Können wir jetzt weiterangeln? Ich finde langsam Spaß an der Geschichte.«
    »Er hat keine Flagge und keinen Namenszug am Bug«, wunderte sich Everildo weiter. »Außerdem macht er einen reichlich verkommenen Eindruck, der Kahn. Ich möchte wirklich wissen, wer sich heute noch auf so einen Seelenverkäufer traut.«
    »Laß mich auch mal sehen.« Frank trat neben ihn. Er war neugierig geworden. Zunächst grinste er noch, aber dann sanken seine Mundwinkel nach unten. »Leute, das gibt es doch nicht. Das Schiff hat ja eine geradezu verdammte Geschwindigkeit drauf!«
    »Wir sollten ihm Platz machen«, sagte Mabel, »ich habe Angst.«
    Everildo nahm seinem Freund das Glas ab, denn Frank war käseweiß geworden. Beunruhigt starrte er wieder auf die See hinaus und fing die Umrisse des Schiffes auf, das sich von Osten her näherte. Es hielt in direktem Kurs auf sie zu. Was den Schnauzbärtigen aber erst aus der Fassung brachte, war etwas anderes.
    »Es hebt… sich aus dem Wasser«, stöhnte er.
    »Ein Tragflächenboot?« wollte Frank Fountain wissen.
    »Unsinn, so ein riesiges Tragflächenboot existiert nicht. Verflixt, es wäre wirklich besser, wenn wir unseren Standort wechselten. Die Sache wird mir langsam unheimlich.«
    »Unheimlich?« wiederholte Mabel.
    Everildo kletterte ins Cockpit und ließ die starke Dieselmaschine des Kajütkreuzers an. »Hol die Angeln ein!« rief er Frank zu. Er wartete, bis Evalees Freund die Ruten aufgewickelt hatte, denn er wollte nicht, daß die starken Nylonschnüre, an denen Senkblei und Haken befestigt waren, in die Schraube gerieten.
    Das fremde Schiff war inzwischen so nahe, daß sie es mit bloßen Augen erkennen konnten.
    »Es ist
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