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0011 - Das Todesschloß

0011 - Das Todesschloß

Titel: 0011 - Das Todesschloß
Autoren: Franc Helgath
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Händen. Angeblich ist es das Zauberbuch meines Oheims. Ich konnte nicht viel damit anfangen. Es ist mit lauter unleserlichen Zeichen vollgekritzelt. Aber der Einband ist sehr interessant. Er ist aus Menschenhaut gefertigt – angeblich…«
    »Delikat. In der Tat«, bestätigte Professor Zamorra und legte das alte Protokoll in den Ordner zurück.
    Meredith Gloombstone schloß den Deckel und verschnürte ihn wieder.
    »Ich stelle den Ordner später zurück«, sagte er. »Wenn Sie mir jetzt folgen würden?«
    »Gern.«
    »Dabei kann ich Ihnen auch gleich einmal die Gemäldegalerie der Gloombstones zeigen.«
    Meredith Gloombstone ging voraus.
    Sie durchquerten den Rittersaal, wo der Burgherr aus einer Mauernische einen verrosteten Schlüsselbund holte. Nachdem sie auch den tristen Hof überquert hatten, schloß Meredith Gloombstone eine zweiflügelige Tür auf. Sie quietschte durchdringend in den rostigen Angeln.
    »Man müßte hier wieder einmal ölen«, meinte Meredith. »Aber bisher war schließlich kein Bedarf. In diesem Teil der Burg ist es ziemlich düster. Ich habe hier noch kein elektrisches Licht installieren lassen. Wenn Sie sich knapp hinter mir halten wollten? Es könnte auch sein, daß einzelne Mauern schon leicht baufällig sind.«
    Der Geruch nach Moder und Staub schlug ihnen entgegen. In einer Ecke raschelte aufgeschreckt ein Tier. Zamorra konnte es nur hören. Der Gang war oben gewölbt und eng. Schales Licht lag an seinem Ende.
    Sie befanden sich im großen Saal mit der Ahnengalerie. Er war etwas gefälliger ausgestattet als der Rittersaal im vorderen Trakt. Rüstungen standen an den Wänden. Der Saal hatte die Größe eines Kirchenschiffs und bot etwa dreihundert bis vierhundert Personen bequem Platz. Ihre Schritte hallten über das ebenfalls schwarze Pflaster.
    Gloombstones Stimme war durch Echos verzerrt, als er sagte:
    »Hier soll Ebenezer monströse Feste gefeiert haben. Manchmal ließ er auch ein paar Leibeigene hinrichten, wenn ihm danach war. Sie können noch das Blut auf den Steinfliesen erahnen.«
    Er deutete mit seinem fleischigen Zeigefinger auf eine braunrote Stelle auf den Fliesen. »Meistens ließ er seine Opfer pfählen. Es waren eben rohere Sitten damals.«
    »Auch war das Golfspiel in seiner heutigen Form noch unbekannt«, entfuhr es Professor Zamorra.
    »Richtig«, antwortete Meredith. »Sonst wäre er kaum auf diese einfallslose Art des Zeitvertreibs gekommen. Wir gehen jetzt nach rechts. Von dort aus führt eine Treppe in die Grüfte.«
    Zamorra war stehengeblieben. »Einen Augenblick noch bitte«, sagte er. »Die Gemälde. Sie wollten mir die Gemälde zeigen.«
    »Ich werde immer vergeßlicher. Entschuldigen Sie.«
    An der Stirnwand der Halle waren hohe Bilder befestigt, die alle männlichen Gloombstones der letzten paar hundert Jahre stehend und in Posen der jeweiligen Zeit zeigten. Sie waren langweilig gemalt, wie Zamorra mit Kennerblick feststellte. Keine besonderen Kunstwerke, wenn man ihren rein antiquarischen Wert einmal unberücksichtigt ließ. Nur ein Bild war anders als die anderen.
    »Aha«, sagte Meredith. »Sie haben das interessanteste Gemälde schon entdeckt!«
    Zamorra kannte dieses Gesicht, das ihn von der Leinwand höhnisch angrinste. Es war ein böses Gesicht mit einem zynischen Zug um die Mundwinkel. Zamorra hatte dieses Gesicht schon zweimal gesehen. Einmal gestern am Mittagstisch und einmal nachts in Gladys’ Zimmer.
    »Ja, das ist Ebenezer, wie er leibte und lebte«, erklärte Meredith im Tonfall eines Museumswärters. »Die Form der Darstellung ist ausgefallen, doch mein Oheim bestand darauf, daß er vom Künstler so und nicht anders gemalt wurde.«
    Ebenezer Gloombstone hatte die Hände mit krallenartigen Fingernägeln in einer beschwörenden Geste nach oben gestreckt. Sein einziges Auge fixierte dabei genau den Betrachter des Gemäldes. Der Ausdruck in seinem Gesicht verhöhnte ihn. Ein schwarzer Umhang flatterte verwegen im Wind. Der Hintergrund mit der Schwarzen Burg war in dämmeriges Zwielicht getaucht, ganz ähnlich in der Farbgebung, wie sie die Natur an diesem Mittag in Wirklichkeit nachvollzogen hatte. Zamorra fiel es auf. Das mußte etwas bedeuten. Alles bedeutete etwas in diesem Haus. Er war umgeben von Zeugen der Vergangenheit. Einer grausamen Vergangenheit, wie Meredith nicht verschwiegen hatte.
    Zamorra konnte seinen Blick nur schwer von diesem Gemälde lösen. Doch die Veränderung in Merediths Stimme war ihm nicht entgangen. Sie klang
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