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001 - Vampire unter uns

001 - Vampire unter uns

Titel: 001 - Vampire unter uns
Autoren: Hugh Walker
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sein.«
     

     
    Als ich durch das Friedhofstor unser Reich verlasse und hinausgehe in die Welt der Lebenden, sehe ich eine seltsame Gestalt in den Friedhof treten. Der Mann bemerkt mich nicht, aber ich erkenne sein Gesicht und Erinnerungen aus meinem Leben flackern auf. Hammerstock!
    Einer von uns.
    Dann gehe ich die Straße hinunter, die jetzt fast leer ist. Die meisten Lichter sind erloschen. Ich gehe eigentlich nicht, es ist mehr ein Schweben, so als hätte der Mond alle Gesetze der Materie und der Schwerkraft aufgelöst. Mauern sind kein Hindernis für mich. In der Nähe des Sanatoriums begegnen mir die ersten Menschen. Die Straßen sind hier belebter.
    Eine Uhr zeigt elf Uhr dreißig an.
    Ein brennendes Gefühl erwacht in mir, als ich die Menschen sehe. Hunger! Wenn sie näher kommen und an mir vorbeigehen, ist mir, als müsste ich jeden Augenblick die Gewalt über mich verlieren; als hörte ich das Blut in ihren Adern rauschen. Ströme von Blut …
    Ich beherrsche mich mühsam. Es ist zu gefährlich, hier auf offener Straße.
    Die Fenster des Sanatoriums sind dunkel. Sie schlafen alle.
    Das ist ihre Verwundbarkeit – der Schlaf.
    Ich versuche mich zu erinnern. Wo hatten sie das Baby damals untergebracht?
    Im Erdgeschoß, im Laborgebäude. Lautlos schwebe ich in die Seitengasse. Ein Mann kommt auf mich zu – allein. Der Hunger meldet sich, stimuliert durch die einsame Gestalt. Der Mann ist verhältnismäßig jung, soweit man das nach dem nächtlich dunklen Gesicht und dem agilen Gang beurteilen kann. Ich bemühe mich, ruhig zu gehen wie ein Lebender.
    Dann warte ich und lasse ihn herankommen. Meine Finger krümmen sich in Erwartung. Martins Worte fallen mir ein: Du kannst ihn mit deinen Gedanken lähmen.
    Vorsichtig taste ich mit meinen Gedanken nach ihm. Ich sehe, wie er anhält, sich an die Stirn greift, den Kopf schüttelt. Ich will, dass er in den dunklen Schatten des Tors tritt, das in den Garten des Sanatoriums führt. Langsam geht er darauf zu.
    Ich triumphiere.
    Als ich das Tor erreiche, sieht er mir abwesend entgegen. Ich denke ihn mir still und widerstandslos und er wehrt sich nicht, als ich sein Hemd aufreiße und meine Zähne in seinen Hals senke.
    Ich trinke, bis das Brennen in mir erstirbt. Er wird ohnmächtig in meinen Armen. Ich muss ihn halten. Aber ich lasse nicht von ihm. Es ist wie ein Bann – ein unbeschreibliches Empfinden.
    Als ich schließlich satt bin und ihn loslasse, sinkt er zu Boden. Ist er tot? Ich zucke die Schultern.
    Es ist letztendlich gleichgültig. Wichtig ist nur, dass ich gesättigt bin. Der Mann hat sein Blut nicht umsonst gegeben.
    Ich übertrug den magischen Keim auf ihn.
    Ob er jetzt stirbt oder später, er wird aufwachen und leben – als Vampir.
    Wie ich.
     

     
    Ich schwebe über die Mauer in den Hof. Dunkel ragt das Labor vor mir auf. Eines der Fenster im zweiten Stockwerk ist geöffnet. Ich werfe einen Blick um mich.
    Es scheint niemand in der Nähe zu sein.
    Rasch schwebe ich hoch und verharre vor dem Fenster. Dann steige ich hinein. Zwei Männer schlafen in dem Zimmer. Sie wachen nicht auf. Ich schleiche zwischen ihnen durch. Die Tür öffnet sich geräuschlos. Ich stehe im Korridor. Von irgendwoher kommen Stimmen. Lautlos bewege ich mich den Korridor entlang.
    Als ich im Erdgeschoß ankomme, sind die Stimmen deutlich zu verstehen. Sie kommen aus einem Raum am Ende des Korridors. Aus dem Spalt einer offenen Tür fällt Licht.
    »… Voruntersuchungen schon erstaunlich«, sagt eine männliche Stimme. »Das Kind ist kaum vier Wochen alt. Wenn wir das nicht so genau wüssten, würde ich es als glatte Lüge abtun.
    Aber schon als wir es in der ersten Woche hier hatten, war es ungewöhnlich entwickelt. Denken Sie nur an die Zähne und an seine Beweglichkeit. Aber so wie es jetzt aussieht, könnte es gut und gern zwei Jahre alt sein.«
    »Worauf führen Sie das zurück, Doktor?« fragt eine weibliche Stimme.
    »Wir haben schon damals erkannt, dass mit dem Kind etwas nicht stimmt. Es braucht Blut, um am Leben zu bleiben. Es verdaut Blut. Aber Blut ist nicht so leicht zu bekommen wie Muttermilch und gewöhnliche Nahrung. Es muss also kräftiger sein und sich rascher entwickeln, wenn es überleben will. Blut gibt einem niemand. Blut muss man sich nehmen. Die Natur ist sehr gründlich. Aber die Untersuchungen werden uns sicher über alles Aufschluss geben. Auch darüber, wie es die Männer dazu brachte, sich praktisch bis auf den letzten Tropfen aussaugen zu
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