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0007 - Die Nacht der mordenden Leichen

0007 - Die Nacht der mordenden Leichen

Titel: 0007 - Die Nacht der mordenden Leichen
Autoren: Franc Helgath
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Bruchsteinen errichtet. Zwischen ihnen zog sich ein Labyrinth aus schluchtartigen, engen Gassen, die sich wie die Wurzeln einer Pflanze verästelten. Die Gassen waren mit einem rohen Kopfsteinpflaster bedeckt, ein Zeichen dafür, daß dem Ort in früheren Zeiten eine größere Bedeutung beigemessen worden sein mußte. Er lag an der alten Paßstraße vom Rhonetal hinüber ins Puy de Dome, die Gegend um Clermont Ferrand, einem blühenden Garten, aus dem schon die alten Römer ihre Auberginen und Artischocken bezogen. Manchmal überspannten Torbögen wie Stützgewölbe die schmalen Gassen.
    Unterbrochen wurde der Block der abweisend aussehenden Häuser von kleinen Plätzen, auf denen Kinder lärmten. An einem dieser Plätze lag auch das Restaurant du Chêne.
    Inspektor Mallyrand saß schon auf einem der Plastiksessel auf der kleinen Terrasse. Schnüre waren darüber gespannt, und Efeu wucherte daran, für einen kühlen Schatten sorgend. Der Tag war heiß geworden.
    Mallyrand schwitzte nicht nur aus diesem Grund. Er hatte Nicole gesehen und war so schnell von seinem Platz aufgesprungen, daß der Sessel umgefallen wäre, wenn er ihn nicht im letzten Augenblick festgehalten hätte. Er konnte den Franzosen in sich nicht verleugnen.
    Seine Verbeugung hatte etwas von der Grandezza eines spanischen Adeligen.
    Professor Zamorra schmunzelte. Enorm, welche Wirkungen seine Sekretärin hervorrufen konnte.
    Nicoles Haar schillerte in unbestimmbaren Farben. Zamorra war nie dahintergekommen, wie sie es fertigbrachte, daß die Strähnen mal rot, mal blond und auch mal in einem warmen Braunton schimmerten. Die Locken fielen neben ihrem frechen und doch so aparten Gesicht herunter und kringelten sich an der Schulter. Sie trug einen knielangen azurblauen Rock, der mit dem Türkis ihres ärmellosen Pullovers darum wetteiferte, worauf Männerblicke zuerst fallen sollten.
    Mallyrand konnte sich nicht entscheiden, ob er den langen Beinen oder den runden, vollen Brüsten mehr Beachtung schenken sollte.
    So schaute er in das nicht minder sehenswerte Gesicht.
    Zamorra übernahm die obligate Vorstellung, und sie setzten sich.
    Der Wirt brachte herben Weißwein aus dem Savonnetal. Mit dem Essen würde es noch eine Weile dauern, sagte er.
    »Nun, haben Sie Ihr Gedächtnis aufgefrischt?« fragte Professor Zamorra, nachdem der Wirt außer Sichtweite war. »Was wissen Sie von der Braut des Satans?«
    »Ich habe kurz vorher meinen Onkel gefragt. Viel konnte er mir nicht erzählen. Die Geschichte ist hier nie aufgezeichnet worden. Sie wurde immer nur mündlich weitergegeben. Sicher wurde dabei auch schamlos übertrieben.«
    »Würden Sie damit beginnen?«
    Mallyrand räusperte sich.
    »Es muß an die vierhundert Jahre her sein. Die Inquisition war noch in vollem Gange, da wurde in Le Cheylard eine Frau der Hexerei bezichtigt. Damals war man nicht sehr pingelig, wenn der Verdacht einmal aufgetaucht war. Sie sollte ein Mittel gefunden haben, das sie jünger machte. Doch sie war eine alte Vettel, als man sie auf den Scheiterhaufen zerrte. Dann soll jedoch etwas passiert sein, was ich persönlich in den Bereich der Legende verweisen möchte. Sie brannte angeblich nicht.«
    »Das wird ihre Folterknechte kaum gehindert haben, sie auf eine andere Art und Weise tot zu bekommen. Was geschah dann?«
    Mallyrand druckste herum. Es war ihm anzumerken, daß er das Kommende nicht sehr erfreulich fand.
    »Sie wurde mit glühenden Zangen zerrissen«, sagte er schließlich.
    »Und Sie verweisen das in den Bereich der Legende?«
    »Was verbrannt wird, brennt.« Mallyrand blieb dabei.
    »Können Sie noch mehr über diese Geschichte sagen?« forschte Professor Zamorra.
    »Na ja. Einen Fluch soll sie noch ausgestoßen haben, als die Zangen sie schon halb zerrissen hatten.«
    »Und?«
    »Es wurde niemand klug daraus. Sie soll gesagt haben: ›Ihr werdet mich lieben, und dann werdet ihr sterben!‹ Verstehen Sie das? Ich jedenfalls kann mir keinen Reim darauf machen. Nur eines vielleicht noch: Es gibt ein Sprichwort in der Gegend von Le Cheylard. Wenn ein junges Mädchen nichts von dem Jüngling wissen will, der sie umwirbt, dann sagt sie zu ihm: ›Liebe mich nach dem Tode!‹ In anderen Gegenden habe ich diese Redensart nie gehört.«
    Professor Zamorra hatte nachdenklich die Hände gefaltet. Seine grauen Augen gingen blicklos in die Ferne. Hinter seiner hohen Stirn arbeitete es. »Sind die Toten wieder in der Kapelle?« fragte er dann.
    Mallyrand nickte. »Ich habe den
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