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0005 - Der Scharfrichter

0005 - Der Scharfrichter

Titel: 0005 - Der Scharfrichter
Autoren: Horst Friedrichs
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und schlich auf das Burgtor zu.
    Dahinter verklangen die Schritte. Jones hatte das Haupthaus betreten.
    Zamorra drückte den Torflügel nach innen. Wie bei seinem ersten nächtlichen Besuch, ging es mit spielerischer Leichtigkeit.
    An der Fassade des westlichen Wirtschaftsgebäudes entlang pirschte sich der Professor auf das ehemalige Herrenhaus der Grafen von Llangurig zu. Die Fenster lagen noch in völliger Dunkelheit. Kein Laut war zu hören.
    Unbehelligt erreichte Zamorra das Säulenportal. Hinter einer der mächtigen Säulen wartete er sekundenlang.
    Ehe er seinen Weg fortsetzte, zog er das Amulett hervor, so daß es vorn auf dem Pullover deutlich sichtbar war.
    Auch die Eingangstür des Herrenhauses war unverschlossen. Diese Feststellung überraschte Zamorra nicht mehr.
    Prüfend ließ er seinen Blick durch die düstere Halle gleiten.
    Es war kein Schatten zu erkennen, der sich bewegte.
    Gleich vorn links das Bild, das Zamorra schon kannte.
    Diesmal waren es zwei Uniformierte, die wie versteinert dastanden.
    Der Professor kümmerte sich nicht weiter um sie. Im Moment konnte er den Männern nicht helfen. Und Unterstützung hätte er von ihnen ohnehin nicht zu erwarten gehabt.
    Nicht das leiseste Geräusch war aus der Halle zu hören.
    Nur noch wenige Atemzüge lang verharrte Zamorra. Dann war er sicher, daß sich Kenneth Jones bereits im oberen Stockwerk befand.
    Lautlos schlich der Professor auf die breite Treppe zu. Er benutzte den äußersten rechten Rand der Stufen, um jedes verdächtige Knarren zu vermeiden.
    Dann atmete er auf, als er gefahrlos die oberen Balustraden erreichte. Doch nun wurde seine Aufgabe ungleich schwieriger. Er wußte nur zu gut, welchen verräterischen Lärm die Fußbodendielen des Korridors hervorrufen konnten.
    Aber noch ehe Zamorra sich entschließen konnte, weiter voranzupirschen, ließ ihn ein Laut verharren.
    Vorsichtig spähte er um die Ecke des Korridors in den Gang zwischen den Räumen.
    Es war ein Heulen, das orkanähnlich anschwoll.
    Im nächsten Moment schimmerte schwefliggelber Lichtschein aus der offenstehenden Tür des Raumes C.
    Zamorras Atem stockte. Unwillkürlich packte er das Amulett mit der Rechten.
    Er spürte, daß er dicht vor der Lösung des blutigen Rätsels war. Doch wie sollte er seine Anwesenheit verbergen? Und wo blieben die Dämonen, die den Scharfrichter beschützten?
    Hatten sie ihn womöglich längst entdeckt? Vielleicht warteten sie nur auf den richtigen Moment, um ihren Gegner diesmal endgültig auszuschalten. Sie kannten seine geheimnisvolle Kraft, und möglicherweise hatten sie eine List ersonnen, um mit ihm fertig zu werden.
    Es brauchte ihnen nur zu gelingen, ihm das Amulett zu entreißen. Dann war er verloren.
    Und die Macht der Dämonen von Llangurig Castle würde ins Uferlose wachsen.
    Zamorra dachte nicht mehr darüber nach. Er mußte jetzt alles auf eine Karte setzen. Eine andere Wahl hatte er nicht.
    Noch tönte das orkanartige Heulen aus dem offenen Raum. Der Lärm war geradezu infernalisch.
    Professor Zamorra beschloß, es zu seinen Gunsten zu nutzen.
    An die rechte Wand gepreßt, schob er sich langsam in den Gang hinein. Wenn er Glück hatte, knarrten die Fußbodendielen auf diese Weise nicht. Falls doch, schützte ihn das ohrenbetäubende Heulen.
    Es gelang.
    Ungehindert konnte er einen Blick in das schweflige Gelb werfen, das den Ausstellungsraum des Museums erhellte.
    Zamorra blinzelte.
    Was er sah, war im ersten Moment unglaublich und überwältigend zugleich. Doch dann wurde ihm rasch klar, daß dies die Erklärung für die rätselhaften Geschehnisse von Llangurig war.
    Eine logische Erklärung?
    Nein, alles andere als das.
    Kenneth Jones kniete mit gebeugtem Oberkörper vor dem Schaukasten, in dem sich jetzt wieder das Richtschwert befand. Auch die Siegel waren zu erkennen. Die Polizei versuchte es noch einmal mit der Methode, die doch, völlig sinnlos war.
    Jones murmelte etwas, das Zamorra wegen des Heulens nicht verstehen konnte.
    Plötzlich versiegte der Lärm. Die Intensität des schwefliggelben Lichts nahm dagegen zu.
    Die Worte des jungen Mannes brachen ab.
    Unvermittelt erscholl eine Stimme, die hohl und weit hallend aus dem luftleeren Raum zu kommen schien.
    »Kenneth Jones, mein folgsamer Nachfahre! Es ist an der Zeit für dich, meinem Ruf zu folgen! Graf Henry von Llangurig hat zwei Urteile gefällt… Zwei Todesurteile, hörst du! Du wirst sie vollstrecken, hier in der Burg!«
    »Ja, mein großer Gebieter!« flüsterte
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