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hatten, war es beinahe vollkommen dunkel geworden. Das Haus war ein quadratischer, gefängnisartiger Steinkasten, drei Stockwerke hoch und um 1860 gebaut, es stand zwischen hohen, aber ärmlichen Zypressen, den ersten Bäumen jenseits des Bergkamms. Die Schwärze des Gebäudes war keine Wirkung des Lichtes, sondern die Folge eingegrabenen Rußes.
    »Es steht genau oberhalb der Eisenbahn«, rief Mimi. Als sie sich durch das Dunkel gekämpft hatten, war ihnen das nicht aufgefallen.
    Es gab eine gewaltige Vordertür, starrend vor Ruß.
    »Welch ein Hoffnungsschimmer!« sagte Mimi, indem sie an der Klingel zog.
    »Das ist aber eine ulkige Klingel«, bemerkte Margaret, als sie den Mechanismus näher betrachtete, tapfer bis zum aufgeweichten, zitternden Ende. »Sie sieht aus wie die Griffe, die man von Stellwerken kennt.«
    Die Tür wurde von einer Gestalt geöffnet, die nur von einer Öllampe auf einem Wandbrett im Hintergrund beleuchtet wurde.
    »Wer da?« Die nicht einmal unkultiviert klingende Stimme hatte einen seltsam kehligen Unterton.
    »Meine Freundin und ich sind auf einer Wanderung«, sagte Margaret, die als Verantwortliche des Bauernhof-Plans bei derartigen Gelegenheiten immer das Wort ergriff. »Wir haben uns böse im Moor verlaufen. Wir hatten gehofft, bis nach Pudsley zu kommen«, fuhr sie fort, als sie sah, daß dies kein Bauernhof war, auf den man sich einfach selbst einladen konnte, »doch weil wir uns verirrt haben und wegen des Regens sind wir in einigen Schwierigkeiten. Vor allem ich. Ich dachte, ob Sie uns vielleicht helfen könnten? Ich weiß, es ist eine Zumutung, aber wir sind wirklich verzweifelt.«
    »Selbstverständlich«, ließ sich eine zweite Stimme aus dem Hintergrund vernehmen. »Kommen Sie nur herein und wärmen Sie sich auf. Kommen Sie, Beech wird die Tür schließen.«
    Das leicht abgewandelte Echo der Worte des Mannes aus dem Gasthaus weckte in Margaret unangenehme Assoziationen. Das schwache Licht enthüllte Beech als muskulöse Gestalt im Abendanzug eines Dieners. Das Gesicht unter einer Masse schwarzen Haares, das nach Musikerart geschnitten war, schien sanft und blaß. Der zweite Sprecher war ein gutaussehender, gutgebauter Mann Ende vierzig. Er trug einen schwarzen Anzug und Schlips, was ihm das Aussehen eines Trauernden verlieh. Er betrachtete die seltsamen Erscheinungen der beiden Frauen ohne die leiseste Spur von Befremden, als sie ihre triefenden Rucksäcke herunternahmen, auf dem Fliesenboden absetzten und sich ihrer äußeren Hüllen, von denen das Wasser nur so herabrann, entledigten und so vor ihm standen: zwei trübe Khaki-Gestalten in Shirts und Shorts. Margaret fühlte sich nicht nur scheußlich naß, sondern auch so gut wie nackt.
    »Erlauben Sie, daß ich mich vorstelle«, sagte der Hausherr. »Mein Name ist Wendley Roper. Ich darf hoffen, daß Sie beide heute abend mit mir essen und über Nacht hierbleiben werden. Morgen wird alles ganz anders aussehen.«
    Sein leicht aristokratisches Gebaren, das Margaret keineswegs unangenehm war, ließ vermuten, daß er wenig Umgang mit modernen Menschen hatte.
    Margaret stellte Mimi und sich selbst vor, dann sagte sie: »Wir hörten weiter oben im Tal, daß hier eine Miss Roper leben soll.«
    »Meine Tante. Sie ist vor kurzem verstorben. Sehen Sie.« Er wies auf seine Kleidung.
    »Das tut mir sehr leid«, sagte Margaret höflich.
    »Es war furchtbar traurig. Ich meine, wie sie gestorben ist.« Er unterbreitete den zitternden Frauen keine Einzelheiten, sondern fuhr fort: »Beech wird Ihnen nun Ihr Zimmer zeigen. Das Dachbalken-Zimmer, Beech. Leider steht mir kein anderes zur Verfügung, da das gesamte erste Stockwerk und einiges mehr von der Sammlung meines Großvaters mit Beschlag belegt wird. Ich bin sicher, Sie haben nichts gegen ein gemeinsames Zimmer? Ich bedaure, Ihnen sagen zu müssen, das es sehr einfach ist. Zur Zeit steht nur ein Bett darin, aber ich werde ein zweites hinauftragen lassen.«
    Sie versicherten, daß sie nichts dagegen hätten.
    »Was machen wir mit den Kleidern? Die meiner Tante werden kaum geeignet sein.« Dann fügte er überraschend hinzu: »Und Beech ist zu kräftig und zu groß für Sie beide.«
    »Es geht schon«, sagte Margaret. »Unsere Rucksäcke sind wasserdicht, und wir haben beide etwas zum Wechseln dabei.«
    »Gut«, sagte Wendley Roper ernst. »Beech wird Sie hinaufführen, und das Abendessen wird serviert werden, sobald Sie sich frischgemacht haben. Ich werde Ihnen etwas heißes Wasser nach
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