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etwas neben der Kappe.«
    Er wurde mit einem Mal sehr ernst und strahlte stille Hilfsbereitschaft aus. »Oben ist eine Damentoilette, falls eine von Ihnen ...«
    »Danke«, entgegnete Margaret. »Ich glaube, wir müssen weiter.« Der Rücken ihres Rucksacks war aufgeweicht und klamm.
    »Eine Zigarette, bevor Sie gehen?« Er hielt ihr ein Päckchen einer unbekannten Marke hin. Seine Hand zitterte wie die eines Drogensüchtigen.
    »Danke«, sagte Mimi sehr obenhin.
    »Haben Sie Streichhölzer?« Er war kaum in der Lage, eins anzuzünden, geschweige denn die Zigarette. Als sie ihn ansah, war Margaret froh, daß sie nicht rauchte.
    »Ich rauche wie ein Schlot«, sagte er überflüssigerweise. »Muß sein, bei meinem Leben.« Dann, nachdem er die Tür geöffnet hatte, fügte er hinzu: »Geben Sie auf das Wetter acht.«
    »Werden wir«, sagte Margaret höflich, obwohl die Hitze sie schon wieder erstickte. Und wieder schleppten sie sich unter ihren schweren Rucksäcken hangaufwärts.
    Einige Minuten sprachen sie überhaupt nichts. Dann sagte Mimi: »Vollidiot.«
    »Männer sind meistens ziemlich schrecklich.«
    » Daran gewöhnt man sich«, sagte Mimi.
    »Ob das hier wirklich das Stille Tal genannt wird?«
    »Ist mir egal, wie es genannt wird. Es ist auf jeden Fall ein schlechtes Tal.«
    Margaret sah sie an. Mimi starrte trotzig geradeaus, als sie weitergingen.
    »Meinst du, weil hier niemand ist?«
    »Ich meine es, weil ich weiß , daß es schlecht ist. Das kann man nicht erklären.«
    Margaret verstand nichts von Intuition, sie war dem vielleicht entwachsen. Die glühende, endlose Straße war ihr inzwischen äußerst zuwider. Darüber hinaus hatte ihr der schlechte Kaffee Magenschmerzen verursacht, und ihren lockersitzenden Gürtel konnte sie unmöglich noch weiter lockern.
    »Wenn du den Zug nicht gehört hättest, wären wir niemals hierher gekommen.«
    »Wenn ich ihn nicht gehört hätte, hätten wir uns ganz einfach verirrt. Der Weg hörte auf der Karte einfach auf. Das muß ja passieren, wenn man bloß Wege auswählt, ohne sich feste Ziele vorzunehmen.«
    In ihrer Verärgerung rührte Margaret an eine andere unterschwellige Verschiedenheit ihrer Lebensauffassungen, die sich bereits mehrmals gezeigt hatte. Als ihr dann einfiel, daß Mimi vollkommen damit einverstanden gewesen war, von Ort zu Ort zu wandern, vorausgesetzt, bei den Orten handelte es sich um Jugendherbergen, fügte Margaret hinzu: »Tut mir leid, Mimi. Das macht die Hitze.«
    Eine gewisse hartnäckige, grundsätzliche Spannung zwischen ihnen ließ Mimis Entgegnung nicht allzu freundlich ausfallen: »Was genau schlägst du vor, sollen wir tun?«
    Wäre Margaret Mimi gewesen, hätte es Streit gegeben, doch da Margaret Margaret war, sagte sie nur: »Ich meine, wir sollten nochmal auf der Karte nachsehen.« Diesmal nahm sie ihren Rucksack ab und holte die Karte selbst heraus. Mimi stand schmollend und schwitzend da, ohne zu helfen oder sich den Schweiß abzuwischen. Margaret sah sie an und sagte unvermittelt: »Was wohl aus der Brise geworden ist, die wir heute morgen hatten?«
    Dann, Mimi sagte noch immer nichts, hockte sie sich hin und betrachtete die Karte. »Wir könnten hinüber ins nächste Tal gehen. Da sind einige ziemlich große Dörfer.«
    »Da hinauf?« Mimi deutete auf die steinige Böschung, die steil über ihnen aufragte.
    »Der Tunnel führt an der Stelle durch die Berge, wo sie am höchsten sind. Wenn wir ein Stückchen weitergehen, kommen wir an sein anderes Ende, vielleicht ist da weniger Kletterei nötig. Was meinst du?«
    Mimi zog eine lose Zigarette aus ihrer Hemdtasche. »Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig, oder?«
    Ihr Benehmen war äußerst provozierend. Margaret erkannte, daß es dumm war, mitten am Tag starken indischen Tee zu trinken.
    »Ich hoffe, wir schaffen es«, fügte Mimi mit hohlem Zynismus hinzu. Als sie ein Streichholz anzündete, blies es eine Windböe im gleichen Augenblick wieder aus und riß außerdem die Karte aus Margarets Händen. Es war, als hätte das Anzünden des Streichholzes die Mächte zu dessen unverzüglicher Auslöschung selbst heraufbeschworen.
    Margaret, die sich wieder erholt hatte, faltete die Karte zusammen; sie sahen sich um.
    »Verdammt«, sagte Margaret. »Mir gefällt das Wetter im Stillen Tal nicht«. Eine dichte, graue Wolkenbank hatte sich in ihrem Rücken gebildet und senkte sich auf sie hinab wie eine riesige Haube.
    »Ich hoffe, wir schaffen es«, wiederholte Mimi, nun mit weniger
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