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nicht damit?« Das war Mimi, die noch nichts gesagt hatte, seit Margaret hereingekommen war.
    »Nun, nichts, Schwester, eigentlich nichts. Nicht für ein kleines Mädchen wie dich.« Margaret erkannte, daß er zu den Männern gehörte, die Frauen in solche einteilen, mit denen man redet, und solche, bei denen Worte nur im Wege sind. »Ich habe nur Spaß gemacht. Sonst wäre ich doch nicht hier, oder? Würde ich sonst hier wohnen?«
    »Was ist hier nicht in Ordnung?«
    Margaret verblüffte Mimis Ton. Sie dachte daran, daß sie nicht wußte, was zwischen den beiden vorgefallen war, während sie auf dem kleinen Hügel ihr Haar gekämmt hatte. »Wissen Sie, was die Einheimischen sagen?«
    »Wir haben keine Einheimischen gesehen«, erwiderte Margaret.
    »Eben. Genau das meine ich. Sie kommen nicht hier herauf. Dies ist das Stille Tal.«
    »Oh, wirklich«, rief Margaret, die sich ebenfalls nicht mehr ganz im Griff hatte, »den Namen haben Sie aus irgendeinem Western.«
    Doch er entgegnete ungewohnt knapp: »Man nennt es das Stille Tal.«
    »Nicht der richtige Ort, um ein Wirtshaus aufzumachen!« sagte Margaret.
    »Könnte gar nicht schlimmer sein. Aber sie hatte einfach keine Ahnung. Sie hat alles, was sie besaß, in diesen Laden gesteckt. Sie war eine Fremde hier, genau wie Sie.«
    »Was stimmt nicht mit dem Tal?« beharrte Mimi, etwas zu gespannt, wie Margaret fand.
    »Nichts, solange du bleibst, Schwester. Überhaupt gar nichts.«
    »Gibt es da wirklich eine Geschichte?« fragte Margaret. Beinahe überzeugt, daß es sich um einen faden Witz handelte, wurde sie gegen alle Vernunft von Mimis seltsamem Benehmen dazu angestachelt, weiterzufragen.
    »Keine, von der ich gehört hätte. Es ist bloß das Stille Tal, und die Einheimischen kommen nicht hierher.«
    »Was ist mit Ihnen? Wenn es so still ist, warum gehen Sie dann nicht fort?«
    »Ich hab’s gern still. Ich bin kein wählerischer Typ. Ich habe Ihnen nur erzählt, warum es hier eine Wirtschaftskrise gibt.«
    »Es stimmt wirklich«, sagte Margaret, »daß hier nur sehr wenig Verkehr ist.« Sie bemerkte, daß Mimi den Knopf wieder schloß, den sie geöffnet hatte, um sich abzukühlen. Der Mann wandte sich ab. »Sie nehmen alle die Eisenbahn. Sie sausen hier durch, eingeschlossen wie Schlachtvieh in einem Waggon.«
    Mimi sagte nichts, aber ihr Ausdruck hatte sich verändert.
    »Es scheint viele Züge zu geben«, sagte Margaret lächelnd.
    »Es ist die Hauptstrecke.«
    »Einer der Zugführer hat uns zugewunken. Wenn es wahr ist, was Sie sagen, nehme ich an, daß er froh war, uns zu sehen.«
    Zum ersten Mal konzentrierte der Mann sein unangenehmes Starren auf Margaret.
    »Nun, was dies betrifft ...« Sein Blick sank auf den Tisch und verweilte dort einen Moment. »Ich fragte mich gerade, wo Sie beide die Nacht zu verbringen gedenken.«
    »Meistens suchen wir einen Bauernhof.«
    »Die andere Seite ist eine Wildnis, wissen Sie. Wilder als hier. Es gibt nur ein Haus zwischen dem Tunnel und Pudsley.«
    »Das haben wir auf der Karte gesehen. Ob wir dort wohl eine Schlafgelegenheit finden? Ich nehme an, es ist ein Bauernhof.«
    »Es ist Miss Ropers Haus. Ich bin ihr selbst nie begegnet. Ich gehe nicht auf die andere Seite hinunter. Aber ich würde sagen, sie wird Ihnen helfen. Was Sie da gerade gesagt haben ...« Plötzlich lachte er. »Sie wissen, daß Lokführer kleinen Mädchen winken, wie Sie gesagt haben?«
    »Ja«, sagte Margaret. Nach ihrem Gefühl würde jetzt ein obszöner Witz folgen.
    »Nun, jedesmal, wenn ein Zug an Miss Ropers Haus vorüberfährt, lehnt jemand aus dem Schlafzimmerfenster und winkt hinaus. Das geht seit Jahren so. Bei jedem Zug, stellen Sie sich vor! Das Haus steht etwas zurückgesetzt von den Gleisen, und die Zugführer können nicht genau erkennen, wer es ist, doch es ist jemand in Weiß, und sie dachten alle, es wäre ein Mädel. So winkten sie zurück. Bei jedem Zug. Doch der Witz ist, daß es überhaupt kein Mädchen ist. Kann gar nicht sein. Das ging zu lange so. Sie konnte nicht zwanzig Jahre oder so ein Mädchen gewesen sein. Es ist wahrscheinlich die alte Miss Roper selbst. Die Zugführer wechseln ständig, so daß sie es nicht kapieren. Sie denken alle, es ist ein Mädchen. Also winken alle zurück. Bei jedem Zug.« Er lachte, als wäre es die komischeste Ungeheuerlichkeit.
    »Wenn die Fahrer es nicht wissen, wieso dann Sie?« fragte Mimi.
    »Es ist das, was die Leute hier sagen. Ich habe Miss Roper selbst noch nie gesehen; wahrscheinlich
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