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Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter
Autoren: Ulrich Straeter
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der bisherigen Reise. Wir
haben den Eindruck, daß alle vier wirklich interessiert sind. Die
achtzehnjährige Tochter bleibt noch länger bei uns, hört nicht auf zu fragen.
    Und dann das
Zimmer. Ein richtiges Schlafzimmer mit flauschigen Teppichen, kuscheligen
Bettdecken und fließendem Heißwasser.
     
    Ennis ist
die Hauptstadt des County Clare, hat siebentausend Einwohner und einen alten
georgianischen Stadtkern mit engen, belebten Straßen. Wir besichtigen die
sicherlich sehenswerte Ennis Abbey nicht, eine Franziskanerabtei aus dem Jahr
1241; finden auf unserem Rundgang einen größeren
    Wiesenplatz
an der Stadtmauer, auf dem im Sommer ein großes Folk
Festival stattfinden wird. Jetzt glotzt uns nur eine einsame Kuh an, die den
Platz in Besitz genommen hat.
    Nach dem
Spaziergang durch die alten Gassen der Stadt, die ans vorige Jahrhundert
erinnern, wobei der Autoverkehr uns nicht vergessen läßt, in welchem
Jahrhundert wir leben, öffnen wir vorsichtig die Tür zur unscheinbaren
‘Mungovans Bar’. Uns erwarten nicht nur Paddy Quinn, der Wirt, und zwei
wundervoll gezapfte Guinness Stout mit vorschriftsmäßiger leicht gelblicher
Schaumschicht (Guinness is good for you), sondern auch ein
Meeresfrüchte-Seafood-Omelette und ein Steak (Beaf), ein flackerndes Kaminfeuer
und drei fidele Schotten, bereits etwas betagt, doch sehr munter, in warme
Wollwesten gehüllt. Einer trägt einen markanten Schnäuzer. Sie sind lustig,
anscheinend nicht nur vom Bier, sind auf einer Golftour durch Irland und
trinken liebend gern Holsten-Bier oder holländisches Grolsch, wie sie uns
versichern. Na, das gibt’s hier seltener. Ilse bringt einen Spruch — the saying
— an, den wir aus Wales mitgebracht haben: »Old golfers never die — they only loose their balls...«
Alte Golfspieler sterben nie, sie verlieren nur ihre Bälle... Beim Gelächter
sind die Schotten gar nicht sparsam.
    Unsere Füße
sind trocken und warm, und wie Medizin für Körper und Seele rinnt das Stout
durch die Kehle in die Blutbahnen.
    »Ist da
überhaupt Alkohol drin ?« fragt Ilse.
    No comment!
     

RYAN’S
DAUGHTER
     
     
    Was stand
sonst noch im ‘Irish Independent’?
    Der
Leitartikel beschäftigte sich mit etlichen Millionen irischer Punts (Pounds),
die die mehr oder weniger heimliche Flucht ins Ausland angetreten hatten. Durch
ein Amnestie-Gesetz möchte der Staat das heiße Geld zum Wohle des Landes wieder
zurücklocken. So steht es da. Sogenanntes ‘hot money’ soll wieder in good old
Ireland angelegt werden; Straffreiheit wird zugesichert; aber, aber! der
erhobene Zeigefinger des Government mahnt: die Amnestie gilt nur für kurze
Zeit.
    Es wirkt
etwas blauäugig, wenn der Kapitalismus versucht, sich selbst ein Schnippchen zu
schlagen, wer’s glaubt, wird selig. Das Geld fließt — oder flüchtet — dahin, wo
die meisten Zinsen erwartet werden. Oder sollten Karl Marx und Hermann Josef
Abs völlig danebengelegen haben?
    Ich wünsche
dem irischen Gesetzgeber viel Erfolg. Heißes Geld? Sollten wir auch etwas in
Irland anlegen? Es gibt gute steuerliche Möglichkeiten. Der Staat selbst wirbt
mit ‘Tax free!’ Vielleicht bei der Guinness-Brauerei? Lieber nicht, wir sind zu gute Kunden.
    In der
Zeitung und auch im Fernsehen gibt es heute Berichte über die irische
Präsidentin Mary Robinson, die zu einem Staatsbesuch in England war. Es geschah
zum erstenmal, daß ein Staatsoberhaupt der irischen Republik den
Problem-Nachbarn besuchte. So locker und leger, wie Mary Robinson an Menschen
und Probleme herangeht, sollten alle Probleme angegangen werden. Sie sprach
auch mit der Queen, Elizabeth II, die vor vierzig Jahren auf den Thron kam, als
ihr Vater plötzlich starb. Zwei Welten trafen sich da, wobei die irische in der
Person der Präsidentin die modernere war.
    Vierhundert
Jahre zurück liegt der Besuch einer anderen Irin am Londoner Hof. Die irische
Piratin Grace O’Malley segelte im Jahr 1593 frechweg (diese Keltinnen!) die
Themse hinauf, um von der englischen Königin, Elizabeth I, ihren dort
eingesperrten Sohn zurückzufordern. Sie hatte Erfolg!
    Seit zwei
Jahren im Amt, hat sich Mary Robinson bereits bei Kirche und Konservativen
unbeliebt gemacht. Sie tritt für das Scheidungsrecht und die Informationen über
Empfängnisverhütung ein. Die Linken und vor allem die Frauen setzen viel
Hoffnung auf diese Präsidentin, auch wenn ihr Amt eher repräsentativ ist. Ihr
Besuch in Belfast, im nordirischen Ulster, war umstritten. Mit den Worten
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