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Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter
Autoren: Ulrich Straeter
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flauschigen Teppichen, kuscheligen Bettdecken und fließendem Heißwasser.

    Ennis ist die Hauptstadt des County Clare, hat siebentausend Einwohner und einen alten georgianischen Stadtkern mit engen, belebten Straßen. Wir besichtigen die sicherlich sehenswerte Ennis Abbey nicht, eine Franziskanerabtei aus dem Jahr 1241; finden auf unserem Rundgang einen größeren
    Wiesenplatz an der Stadtmauer, auf dem im Sommer ein großes Folk Festival stattfinden wird. Jetzt glotzt uns nur eine einsame Kuh an, die den Platz in Besitz genommen hat.
    Nach dem Spaziergang durch die alten Gassen der Stadt, die ans vorige Jahrhundert erinnern, wobei der Autoverkehr uns nicht vergessen läßt, in welchem Jahrhundert wir leben, öffnen wir vorsichtig die Tür zur unscheinbaren ‘Mungovans Bar’. Uns erwarten nicht nur Paddy Quinn, der Wirt, und zwei wundervoll gezapfte Guinness Stout mit vorschriftsmäßiger leicht gelblicher Schaumschicht (Guinness is good for you), sondern auch ein Meeresfrüchte-Seafood-Omelette und ein Steak (Beaf), ein flackerndes Kaminfeuer und drei fidele Schotten, bereits etwas betagt, doch sehr munter, in warme Wollwesten gehüllt. Einer trägt einen markanten Schnäuzer. Sie sind lustig, anscheinend nicht nur vom Bier, sind auf einer Golftour durch Irland und trinken liebend gern Holsten-Bier oder holländisches Grolsch, wie sie uns versichern. Na, das gibt’s hier seltener. Ilse bringt einen Spruch — the saying — an, den wir aus Wales mitgebracht haben: »Old golfers never die — they only loose their balls...« Alte Golfspieler sterben nie, sie verlieren nur ihre Bälle... Beim Gelächter sind die Schotten gar nicht sparsam.
    Unsere Füße sind trocken und warm, und wie Medizin für Körper und Seele rinnt das Stout durch die Kehle in die Blutbahnen.
    »Ist da überhaupt Alkohol drin ?« fragt Ilse.
    No comment!

RYAN’S DAUGHTER

    Was stand sonst noch im ‘Irish Independent’?
    Der Leitartikel beschäftigte sich mit etlichen Millionen irischer Punts (Pounds), die die mehr oder weniger heimliche Flucht ins Ausland angetreten hatten. Durch ein Amnestie-Gesetz möchte der Staat das heiße Geld zum Wohle des Landes wieder zurücklocken. So steht es da. Sogenanntes ‘hot money’ soll wieder in good old Ireland angelegt werden; Straffreiheit wird zugesichert; aber, aber! der erhobene Zeigefinger des Government mahnt: die Amnestie gilt nur für kurze Zeit.
    Es wirkt etwas blauäugig, wenn der Kapitalismus versucht, sich selbst ein Schnippchen zu schlagen, wer’s glaubt, wird selig. Das Geld fließt — oder flüchtet — dahin, wo die meisten Zinsen erwartet werden. Oder sollten Karl Marx und Hermann Josef Abs völlig danebengelegen haben?
    Ich wünsche dem irischen Gesetzgeber viel Erfolg. Heißes Geld? Sollten wir auch etwas in Irland anlegen? Es gibt gute steuerliche Möglichkeiten. Der Staat selbst wirbt mit ‘Tax free!’ Vielleicht bei der Guinness-Brauerei? Lieber nicht, wir sind zu gute Kunden.
    In der Zeitung und auch im Fernsehen gibt es heute Berichte über die irische Präsidentin Mary Robinson, die zu einem Staatsbesuch in England war. Es geschah zum erstenmal, daß ein Staatsoberhaupt der irischen Republik den Problem-Nachbarn besuchte. So locker und leger, wie Mary Robinson an Menschen und Probleme herangeht, sollten alle Probleme angegangen werden. Sie sprach auch mit der Queen, Elizabeth II, die vor vierzig Jahren auf den Thron kam, als ihr Vater plötzlich starb. Zwei Welten trafen sich da, wobei die irische in der Person der Präsidentin die modernere war.
    Vierhundert Jahre zurück liegt der Besuch einer anderen Irin am Londoner Hof. Die irische Piratin Grace O’Malley segelte im Jahr 1593 frechweg (diese Keltinnen!) die Themse hinauf, um von der englischen Königin, Elizabeth I, ihren dort eingesperrten Sohn zurückzufordern. Sie hatte Erfolg!
    Seit zwei Jahren im Amt, hat sich Mary Robinson bereits bei Kirche und Konservativen unbeliebt gemacht. Sie tritt für das Scheidungsrecht und die Informationen über Empfängnisverhütung ein. Die Linken und vor allem die Frauen setzen viel Hoffnung auf diese Präsidentin, auch wenn ihr Amt eher repräsentativ ist. Ihr Besuch in Belfast, im nordirischen Ulster, war umstritten. Mit den Worten »The West’s awake — der Westen ist aufgewacht !« trat Mary Robinson 1991 ihr Amt an. Sie stammt aus Ballina im County Mayo, das sie als »eine der westlichst gelegenen Städte in der westlichsten Grafschaft im westlichsten Staat Europas«
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