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Zwischen uns (German Edition)

Zwischen uns (German Edition)

Titel: Zwischen uns (German Edition)
Autoren: Megan Hart
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beliebt, gut in der Schule. Früher waren sie Messdiener gewesen. Bald sollten sie aufs College gehen.
    Und ich? Ich war klein und trug Second-Hand-Klamotten, aber anders als Molly Ringwald in Pretty in Pink ließ mich das nur ärmlich aussehen, nicht cool und unkonventionell. Es gab keinen Duckie, der mich bewundert hätte, oder zumindest war ich nicht so verrückt nach den reichen Jungs. Auch keinen Andrew Dingsdabums, zum Glück. Leider aber auch keinen James Spader. Den hätte ich damals sofort geknallt. Scheiße, vermutlich würde ich das selbst heute noch tun.
    Wenn es um Mathe ging, hatte ich mehr drauf als die Murphy-Jungs und alle anderen aus meiner Klasse. Da ihre Mutter sich fest vorgenommen hatte, dass die beiden ihre Eignung für die Sportteams behielten, heuerte sie mich deshalb als Nachhilfelehrerin an. Ja, Mama Murphy war fest davon überzeugt, dass Sport den Charakter festigt - auch wenn in Anbetracht ihrer eigenen Unsportlichkeit oder der ihres Mannes, einem Zahnarzt mit dicken Brillengläsern und krummen Zähnen, nur schwer vorstellbar war, dass sie an so was glaubte.
    Mama Murphy bezahlte mich also quasi dafür, dass ich ihre Lieblinge entjungferte. Natürlich fing es nicht so an. Ursprünglich hatte ich wirklich vor, ihnen Infinitesimalrechnung beizubringen. Ich brauchte das Geld und hatte auch keine Skrupel, von Mrs Eugene doppelt so viel zu verlangen wie sonst, weil ich ja zwei Schüler hatte statt einem - auch wenn sie mich zu überzeugen versuchte, dass nicht die Anzahl der zu unterrichtenden Personen zählte, sondern die aufgebrachte Zeit.
    „Und da du sie beide gleichzeitig unterrichtest“, argumentierte sie, „sollte ich dir auch nur das normale Honorar zahlen.“
    „Es sind aber zwei Schüler“. Ich blieb standhaft.
    „Aber sie sind Zwillinge!“
    Ich erinnere mich, dass ich, statt zu antworten, nur eine Augenbraue hob. Sie hatte mich genau gemustert: meinen langen Jeansrock, die kniehohen Doc Martens, mein schwarz gefärbtes Haar. Ich schätze, ich sah für sie ziemlich furchterregend aus.
    „Du bist mir vom Vertrauenslehrer der Schule nachdrücklich empfohlen worden.“ Sie klang zweifelnd.
    „Ich werde dafür sorgen, dass Chase und Chance ihre Prüfungen mit Bestnote bestehen - sonst bekommen Sie Ihr Geld zurück.“
    Und das war‘s. Sie bezahlte mich jede Woche. Und ich hielt mein Versprechen ein.
    Es fing nicht als Sexparty an. Ganz im Gegenteil, die Brüder waren echt nervig. Sie hatten keine Lust auf Infinitesimalrechnung. Schlimmer noch, sie kümmerten sich einen Dreck darum. Dabei waren sie darin so schlecht, dass es ihren Platz in der Schulmannschaft gefährdete. Es war ihnen trotzdem egal. Wenn es nach den Murphy-Brüdern ging, war Mathe was für Warmduscher.
    Aber wie gesagt: Ich brauchte das Geld. Auf keinen Fall würde ich das Versprechen, das ich ihrer Mutter gegeben hatte, brechen. Ich hätte ihr das Geld auch gar nicht zurückzahlen können - schließlich hatte ich es schon längst für Klamotten, Bücher und Musik ausgegeben.
    „Wenn ihr das lernt“ - so lautete das erste Angebot, das ich ihnen machte -, „dann blas ich euch einen.“
    Das unterbrach ihr blödes Gebrabbel und dieses Rumgerutsche auf den Stühlen, als wären sie Welpen, die nicht stillsitzen können. Beide sahen zu mir auf, mit einer geradezu unheimlichen Synchronizität. Sie waren nicht derselbe Mensch, aber sie hatten eine beeindruckende Art, sich auf die gleiche Weise und zur selben Zeit zu bewegen oder etwas zu sagen. Sie waren miteinander verbunden, darüber gab‘s keinen Zweifel.
    „Du verarschst uns doch nur!“, sagte Chase.
    „Das machst du doch niemals, verdammte Scheiße“, sagte Chance.
    „Ich blas euch beiden einen“, sagte ich, legte die Hände flach auf den Tisch und lehnte mich vor, um ihnen in die Augen zu sehen, einem nach dem anderen. Ich weiß nicht mehr, wen ich zuerst ansah. Ich dachte damals nicht, dass es einen Unterschied machte, aber das tat es. „Ich werde es euch so heftig besorgen, dass ihr Sterne seht.“
    Ich könnte nie eine Lehrerin sein und habe auch nie davon geträumt, es zu werden, aber eins habe ich übers Unterrichten gelernt: Wenn man eine Belohnung in Aussicht stellt, läuft alles wie von selbst.
    So fing es an. Sie beendeten ihre Aufgaben in Rekordzeit und, von ein paar kleinen Fehlern abgesehen, ohne Beanstandung. Wie mit den meisten Dingen im Leben war die Aufgabe, die Murphy-Brüder zum Lernen zu bringen, nur eine Frage der Motivation. Ich
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