Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwilling verzweifelt gesucht

Zwilling verzweifelt gesucht

Titel: Zwilling verzweifelt gesucht
Autoren: Bettina Obrecht
Vom Netzwerk:
bin ich elf und es wird höchste Zeit, dass ich meine verschwundene Schwester suche.
    Eigentlich habe ich diesen Entschluss Alisia zu verdanken. Die hat nämlich beim letzten Familiengrillabend meinen Onkel Jens ausgefragt, wie das denn kommt, dass meine Geschwister alle Zwillinge sind. Da ist Onkel Jens in die Hocke gegangen, obwohl Alisia die Größte in der Klasse ist, und hat erklärt, wie das mit den Zwillingen funktioniert.
    Er hat gesagt, Zwillinge kriegen ist erblich, aber meistens wird eine Generation übersprungen. Das heißt, wenn die Großeltern Zwillinge sind, ist es wahrscheinlich, dass die Enkel wieder Zwillinge sind. Bei zwei Großeltern, die Zwillinge sind, steigt die Wahrscheinlichkeit stark an. Eigentlich müssen die Enkel geradezu unbedingt Zwillinge werden.
    Es kann also wissenschaftlich gesehen fast überhaupt nicht sein, dass ich als Einling geboren bin. So habe ich das verstanden und Alisia auch. Es muss eine Zwillingsschwester von mir geben. Ich muss sie nur finden.
    „ Wo ist meine Zwillingsschwester? “ , habe ich Onkel Jens direkt gefragt.
    Aber der hat nur gelacht. Es war dumm von mir, ihn zu fragen. Wenn es in der Familie eine Verschwörung gibt, durch die mir meine Zwillingsschwester abhandengekommen ist, dann steckt Onkel Jens garantiert mit meinen Eltern unter einer Decke. So sieht Alisia das jedenfalls.

„ Ich helfe dir “ , sagt Alisia mit fester Stimme. „ Wir finden sie. “
    Wenn Alisia doch meine vermisste Zwillingsschwester wäre! Wir verstehen uns so gut, dass wir uns alles teilen könnten, sogar die Eltern. Aber Alisia sieht mir nun einmal beim besten Willen kein bisschen ähnlich.
    Das liegt wahrscheinlich daran, dass ihre Mutter von den Philippinen stammt. Alisia ist zwar jetzt schon so groß wie ihre Mutter, aber sie hat ihre goldfarbene Haut und die wunderschönen schwarzen Haare, die kleine Nase und die dunklen Augen von ihr geerbt. Ich dagegen habe graublaue Augen, hellbraune Haare und leider eine ziemlich große Nase. Ich glaube nicht, dass ein Mädchen auf der Welt scharf darauf ist, genau wie ich auszusehen! Aber das kann man sich ja nicht aussuchen.
    Alisia ist das Zweitbeste, was es nach einer Zwillingsschwester geben kann: eine richtige beste Freundin. Sie darf zwar nicht die ganze Zeit bei mir wohnen, logisch, aber sie übernachtet häufig auf einer Klappmatratze in meinem Zimmer, und manchmal schlafe ich bei ihr auf einem Feldbett.
    Jetzt kann ich Alisia besser brauchen als je zuvor. Sie kennt sich nämlich mit Detektivgeschichten bestens aus. Ihre Mutter sieht sich jeden Abend Krimis im Fernsehen an, dabei lernt Alisia eine ganze Menge. Deswegen hat sie nicht den geringsten Zweifel daran, dass wir meiner Schwester auf die Spur kommen.
    „ Wo fangen wir an? “ , frage ich.
    Zwar geht es hier um meine Schwester, aber Alisia darf trotzdem bestimmen.
    „ Wir schreiben erst mal alle Möglichkeiten auf, die uns einfallen. Alles, was passiert sein könnte. “
    Sie zieht ihr großes Notizbuch aus dem Rucksack, an dessen vorderem Deckel sie einen Stift festgeklemmt hat. Dann klappt sie das Buch auf und schreibt mit großen Buchstaben „ Fall 2 – die verschwundene Zwillingsschwester “ auf eine freie Seite.
    Wie in meinem Elternhaus üblich, spielt sich unser Gespräch übrigens nicht vor einem ruhigen Hintergrund ab, sondern untermalt von Streit- und Kampfszenen, Diskussionen, Getobe und Geschepper. Alisia ist schon so lange Gast in unserem Haus, dass sie diese Klangkulisse genauso gut aus ihrem Bewusstsein ausblenden kann wie ich.
    „ Was war denn Fall 1? “ , frage ich stirnrunzelnd.
    Jana im Hintergrund: Mama, Jule hat meine Buntstifte aus dem Fenster gekippt.
    Alisia zuckt mit den Achseln. „ Na ja, den gibt es so nicht “ , räumt sie ein. „ Aber wenn wir mit Fall 1 anfangen, das sieht doch komisch aus. So, als wären wir blutige Anfängerinnen. “
    „ Stimmt. “ Ich nicke, obwohl sich mir Alisias Logik nicht immer ganz erschließt.
    Mama: Moment mal Jule. Ich muss gerade Robins Windel wechseln.
    Jule: Bäh.
    Mama: Das ist auch nicht mehr bäh als deine Windeln früher.
    Jule: Darf ich das machen?
    Mama: Nein.
    Jule: Darf ich das machen?
    Mama: Nein.
    Jule: Darf ich das…?
    Mama: NEIN!!!
    Etwas fällt scheppernd zu Boden. Robin schreit los.
    Alisia macht eine Liste.
    „ Also, erste Möglichkeit: Es gibt keine Zwillingsschwester. “
    „ Streich das weg “ , befehle ich.
    Alisia nickt, streicht die Wörter aber nicht durch.
    „ Zweitens:
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher