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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer
Autoren: Tatort Toewerland
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Richtung Deich fuhr. Die beiden Juristen folgten ihm.
    »Ich habe eine Nachricht für Sie«, sagte die junge Dame an der Hotelrezeption, nachdem sie die üblichen Formalitäten erledigt hatten, und drückte Rainer einen Briefumschlag in die Hand.
    Esch riss ihn auf und las. Dann erklärte er Elke: »Karl-Heinz Schwiebus will sich um sechs mit uns hier in der Hotelhalle treffen. Das ist der Beauftragte von Dezcweratsky.« Er schaute auf die Uhr und flüsterte seiner Freundin ins Ohr: »Wir haben noch fast drei Stunden. Vielleicht sollten wir ein heißes Bad nehmen, den Roomservice bemühen und uns dann schön ins Bett…«
    Aus Elkes Gesichtsausdruck sprach die schiere Begeisterung.
    Rainer seufzte. »Gut. Was dann?«
    »Lass uns an den Strand gehen. Ich möchte das Meer sehen.«
     
    Rainer warf einen Blick durch die großen Fenster auf die Straße. Erste Schneeverwehungen bildeten sich. »Bei dem Wetter?«, warf er ein.
    »Wenn du nicht willst… Ich gehe auch alleine.«
    »Nein, so war das nicht gemeint«, beeilte er sich zu versichern. »Ich komme mit.«
    Ein Hotelpage blieb mit ihrem Gepäck wartend in der geöffneten Lifttür stehen.
    »Hast du Kleingeld?«, raunte Elke Rainer zu, während sie zum Aufzug gingen. Verstohlen fingerte er sein Portemonnaie heraus und inspizierte dessen Inhalt. Er förderte ein Einmarkstück zutage und verstaute es in seiner Tasche. Der Livrierte blickte derweil bewusst desinteressiert an ihnen vorbei ins Leere.
    Fast unmerklich stoppte der Fahrstuhl in der ersten Etage.
    Die Tür glitt auf und der Kofferträger steuerte das Zimmer Nummer 15 an, öffnete und wartete, bis Elke und Rainer das Zimmer betreten hatten. Er stellte ihr Gepäck ab: »Bitte sehr.«
    »Danke schön«, antwortete Esch und ging zum Fenster, um sich auf das Unwetter, dem er gleich gegenübertreten musste, seelisch einzustellen.
    »Rainer«, zischte Elke.
    »Was ist?«
    Sie machte ein Kopfbewegung zu dem jungen Mann.
    »Ach so.« Rainer kramte verlegen das Geldstück aus der Tasche und drückte es dem Pagen unbeholfen in die Hand.
    Der verbeugte sich und schloss die Tür hinter sich.
    Esch war die ganze Prozedur mehr als peinlich. Er verkehrte eben nicht oft genug in Hotels dieser Preislage.
    »Wie viel hast du ihm gegeben?«, erkundigte sich seine Freundin.
    »Eine Mark.«
    Elke schüttelte den Kopf. »Geizkragen.«
     
    »Wieso Geizkragen?«, ereiferte sich Rainer. »Mehr Kleingeld hatte ich nicht«, fügte er entschuldigend hinzu. »Nur noch einen Heiermann.«
    »Warum hast du nicht den rausgerückt?«
    »Fünf Mark? Für das bisschen Koffertragen? Als ich noch Taxi gefahren bin, da…«
    »Das war aber kein Taxifahrer. Und wir sind hier auch nicht in Recklinghausen-Suderwich.«
    Rainer entschied sich dafür, das Thema zu wechseln. »Wir könnten uns auch eine gemütliche Kneipe suchen und einen Wein trinken«, schlug er vor.
    »Hör zu.« Elke las laut aus einer Broschüre, die auf dem Tisch lag. »Juist – das ist: Herausforderung und Stille.
    Temperament und Sanftmut. Töwerland. Zauberland. Dünen.
    Strand und Meer. Keine Autos, sondern Pferde. Keine Hektik, sondern Stille. Klare, gesunde Seeluft, Sand, Strand und Sonne. Eben genau das Richtige für die Weihnachtszeit.«
    »O Mann! Sagtest du eben Sonne?«, bemerkte Rainer. »Wir sollten im Hotel bleiben.«
    »Ich gehe zum Strand.« Ihre Bestimmtheit ließ keinen Widerspruch zu. Rainer hatte verloren. Wie meistens.
    »Gut«, sagte er resignierend, »zum Strand. Wir werden uns den Tod holen. Mindestens.«
    Zwanzig Minuten später standen sie dick eingepackt neben dem ehrwürdigen, imposanten Kurhaus auf den Dünen und blickten auf den Sandstrand hinab. Die Gischtkronen auf den Wellen der aufgewühlten See im Norden waren gerade noch zu erkennen. Im Westen und Osten jedoch blieben ihre Blicke in einer wirbelnden Barriere aus Schneeflocken stecken. So konnten sie die Länge des Strandes nur erahnen.
     
    Esch stellte sich dieses Panorama bei strahlendem Sonnenschein vor und war beeindruckt. Dieser Strand war schöner als die Strände der griechischen Inseln, auf denen er bisher Urlaub gemacht hatte. Wenn nur dieses Wetter nicht wäre…
    »Komm, wir gehen zum Wasser«, sagte Elke und lief durch den Einschnitt in den Dünen den Hang hinab. Folgsam stampfte Rainer durch den tiefen Sand. Knirschend zerbrachen Muschelreste unter seinen schweren Stiefeln. Elke, die einen Vorsprung von etwa zwanzig Metern hatte, drehte sich um und rief ihm etwas zu, das er aber
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