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Zwergenkinder, Band 02 - Bekker, A: Zwergenkinder, Band 02

Zwergenkinder, Band 02 - Bekker, A: Zwergenkinder, Band 02

Titel: Zwergenkinder, Band 02 - Bekker, A: Zwergenkinder, Band 02
Autoren: Alfred Bekker
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keiner von ihnen war jemals an der See gewesen.
    Sie sahen Wasser, so weit das Auge reichte. An einem Ort wie Ara-Duun, inmitten der Wüste, konnte man sich so etwas nur schwerlich vorstellen. Da mochten sich die Geschichtenerzähler in den Marktgewölben noch so viel Mühe geben bei ihren Schilderungen. Das Meer mit eigenen Augen zu sehen, das Wogen der endlosen Wellen mit ihren Schaumkronen, das Brausen der Brandung zu hören und zu beobachten, wie die Gischt an den steilen Riffs emporspritzte, war etwas ganz, ganz anderes.
    Die Burgruine mit den drei Türmen lag auf einem Felsen über dem Meer. Die Festung hatte wahrscheinlich ursprünglich mehr als drei Türme gehabt, darauf ließ jedenfalls ihre Form schließen, die noch an den teils eingestürzten Mauern zu erkennen war, wie der weit gereiste Lirandil erklärte.
    »Die Burg gehörte einst einem Magier, der versuchte, den Eisenfürsten von Cosanien zu stürzen«, wusste Ambaros zu berichten. »Die Cosanier erzählen noch heute von der großen Schlacht um diese Burg und wie der Eisenfürst sie schließlich schleifen ließ. Viele Kreaturen kamen dort ums Leben, böse Magie wurde gewirkt, Blut und Tränen tränkten den Boden, und in der Schlacht wurde so manch Unschuldiger erschlagen. Seitdem gilt dieser Ort als verflucht. Niemand geht dort gerne hin.«
    »Greife scheinen sich dort wohlzufühlen«, meinte Tomli.
    »Wer immer in Ruhe gelassen werden will, hat hier die besten Aussichten«, meinte Ambaros.
    Tatsächlich fanden sie den Greifen vor den verfallenen Burgmauern. Er lag am Boden, war noch bei Bewusstsein, aber sehr träge. Den Pfeil hatte er sich längst mit seinen Pranken aus dem Leib gerissen, aber das Elbenheilmittel tat noch immer seine Wirkung, und der Greif konnte sich kaum wach halten. Er lag ausgestreckt da und hob den Vogelkopf mit dem mächtigen Schnabel nur wenig an.
    Vor ihm auf dem Boden lag Ubraks Axt.
    Der Greif knurrte ungehalten, so als wollte er deutlich machen, dass er nicht bereit war, die Axt noch einmal jemand anderem zu überlassen.
    Tomli stieg von Ambaros’ Rücken und näherte sich dem Greifen ein paar Schritte. Erneut war ein Knurren zu hören, diesmal noch wütender. Der Greif richtete sich halb auf und schlug mit einer seiner Pranken in die Luft, so als würde er einen unsichtbaren Gegner abwehren. Dann sackte er wieder in sich zusammen.
    »Die Wirkung des Heilmittels lässt bereits nach«, erkannte Lirandil. Auch er und die anderen waren inzwischen von den Elbenpferden abgestiegen.
    »Kann man ihm die Axt nicht durch Magie wegnehmen?«, fragte Tomli.
    »Das kann man«, bestätigte Meister Saradul. »Aber ich fürchte, dass er uns dann folgt, und wir hätten ihn während unserer gesamten Reise im Nacken. Greife gelten nämlich als hartnäckig.«
    »Was will er mit der Axt?«, fragte Arro.
    Saradul zuckte mit den Schultern. »Er will sie einfach nur haben. Vielleicht mag er die Form. Außerdem lockt ihn der dunkle Schimmer des Metalls.«
    »Ich habe eine Idee«, meldete sich Arro zu Wort. Er ging auf den Greifen zu und nahm dabei seine eigene, selbst geschmiedete Axt vom Rücken. Der Greif beobachtete ihn aufmerksam. Sein Knurren wurde leiser.
    »Arro!«, rief Tomli.
    »Lass ihn«, raunte Olba ihm zu. »Er tut das Richtige.«
    Arro wagte sich bis auf wenige Schritte an den schläfrigen Greifen heran, dann warf er dem Mischwesen seine Axt zu. Der Greif fing sie mit dem Schnabel auf.
    In diesem Moment schnellte Arro vor und hob Ubraks Axt vom Boden auf. Die Zwergenrune auf seiner Stirn leuchtete auf, und für einige Augenblicke waren Arro und die Axt seines Vorfahrens von einem gleißenden Lichtflor umgeben, der den Greifen blendete.
    Arro rannte, die Axt in beiden Händen haltend, einige Schritte zurück. Das Leuchten verschwand.
    Der Greif legte Arros Axt auf den Boden ab, bedeckte sie mit seinen beiden vorderen Pranken und ließ einen Laut hören, der zwar wie ein Knurren klang, aber nichts Drohendes mehr an sich hatte.
    »Ein guter Tausch«, meinte Lirandil und nickte Arro anerkennend zu.
    Der seufzte tief. »Ich hoffe, dass es das wert war. Ich habe nämlich sehr an meinem ersten Werkstück gehangen. Aber in diesem Fall …“
    »Die Form beider Äxte ist sehr ähnlich, nur dass du für deine kein Dunkelmetall verwendet hast«, stellte Tomli fest. »Hoffen wir, dass sich der Greif damit zufrieden gibt.«
    »Das wird er«, versicherte Olba, die einen Blick in die Zukunft geworfen hatte. »Ganz bestimmt.«

Nachwort
    L iebe
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