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Zwei Krankenschwestern auf dem Jakobsweg

Zwei Krankenschwestern auf dem Jakobsweg

Titel: Zwei Krankenschwestern auf dem Jakobsweg
Autoren: Sandra Braun
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hat seinen eigenen Pilgerweg, der allerdings
schon in Deutschland direkt vor seiner Haustür begann, detailliert geschildert.
Karola lauscht dem Text und ich frage dann und wann nach, ob sie noch wach ist.
Nach dem Vorlesen hat sich Karola ein Nickerchen verdient. Ich selbst versuche
auch ein wenig zur Ruhe zu kommen. Ich bin der Wecker, nach einer Stunde soll
Schluss sein, aber meistens ist es so schön, dass wir überziehen. Aber wir sind
ja nicht auf der Flucht. Mit Verspätung geht es weiter und es lohnt sich, den
Weg weiter zu erobern. Durch wunderbare, ständig wechselnde Landschaften führt
uns der Weg. In einem dichten Wäldchen stehen zwei wilde Pferde im Gebüsch und
fressen. Von uns lassen sie sich gar nicht stören, wir dürfen sie sogar
anfassen. Ich bin versucht, den Pferden von dem Zucker, den mir Karola in jeder
Bar zuschiebt, zu geben, aber Karola warnt, die Tiere könnten aufdringlich werden.
    Interessierte Zuschauer
    Also ziehen wir mit diesen schönen Eindrücken weiter.
Irgendwann am Nachmittag erreichen wir Huarte, einen Vorort von Pamplona. Hier
kaufen wir kurz vor Beginn der Siesta noch schnell unseren Proviant für morgen
ein. Wir haben nun Kaffeedurst und steuern eine kleines Straßenkaffee an.
Hier stoßen wir auf ein älteres Ehepaar aus Deutschland. Wir spüren eine ungute
Spannung zwischen den Eheleuten und verabschieden uns nach dem üblichen
Pilgerfloskel bald von ihnen. Wir laufen weiter in Richtung Pamplona. Der Weg
ist zäh und unsere Kräfte schwinden allmählich. Die schlechte Ausschilderung
demotiviert uns zusätzlich. Wir haben uns die Herberge „Paderborn“ rausgesucht,
aber wenig Hoffnung hier unterzukommen, da die Herberge einen sehr guten Ruf
hat und sicher ausgebucht ist.
Wir kommen ziemlich fertig dort an, wir sind seit 9 Stunden unterwegs und
wollen nur noch ein Bett. Wir werden erhört und bekommen unsere gewünschte
Herberge.
Ein Ehepaar, das für 3 Wochen die Leitung der Herberge inne hat, empfängt uns.
Die Frau nervt zu Anfang etwas, wir sind noch nicht einmal richtig über die
Schwelle, da heißt es schon: „Die Schuhe kommen in das Regal, stellt eure
Stöcke an diese Wand und die Rucksäcke sind doch viel zu schwer, wenn ihr
wollt, könnt ihr die hier gleich wiegen“ und sie zeigt allen Ernstes auf eine
Fischwaage, die an der Wand hängt. Also sie schüttet uns mit ihren Infos zu und
wir fühlen uns in dem Moment total überfordert. Diese Situation ist ihrem
Ehemann sicher nicht neu und er übernimmt die Führung. Er ist die Ruhe in
Person und erledigt mit uns in aller Ruhe die Formalitäten. Wir werden nebenbei
mit O-Saft und Keksen versorgt und fühlen uns wohl und gut aufgehoben.
Mit uns im Zimmer wohnt ein Pärchen, das wir in der Stadt getroffen haben. Wir
waren mit ihnen über den Weg uneinig und sie haben schließlich einen anderen
Weg gewählt. Zum Ziel führt dieser Weg wohl nicht, denn sie haben letztendlich
einen Bus genommen und sind deshalb auch vor uns angekommen. Wir werden uns in
den kommenden Tagen immer mal wieder sehen.
Als wir wieder frisch und gehfähig sind, lassen wir uns den Weg, zu einem
Restaurant, das ein Pilgermenü anbietet, erklären und ziehen in die Stadt.
Alles ist hier sehr laut und der Kontrast von der Ruhe in der Natur und dem
Lärm in der großen Stadt ist enorm. Aber wir fühlen uns wohl. Nach einigem
Suchen finden wir schließlich die Bar. Wir nehmen an einem Tisch vor der Bar
Platz und staunen nicht schlecht, wer da schon sitzt. Das schlecht gelaunte
Ehepaar aus dem PamplonaVorort. Sie wirken schon wieder gestresst. Sie begrüßen
uns und fragen ob, wir auch bei den Deutschen wohnen. Sie meinen tatsächlich
die Pilgerherberge in der wir auch wohnen. Na so was, eigentlich wollten sie
doch im Vorort bleiben, wo wir sie trafen und vor uns waren sie auch noch da.
Sie sind mit dem Bus gefahren. Na jedenfalls stand Leni (so heißt sie, haben
wir später erfahren) plötzlich mit den Worten auf: "Ich halte das nicht
aus! Dieser Lärm hier!“ und verschwand. Ihr Gatte trank noch in aller
Seelenruhe seinen Vino tinto aus und folgte mit einigem Zeitabstand. Wir
genießen unser Pilgermenü und die gemütliche Atmosphäre in der Bar. 22.00 Uhr
werden in der Herberge Paderborn die Lichter ausgeknipst und wir bekommen
unseren wohlverdienten Schlaf.
    07. Oktober 2011, Pamplona - Uterga, 17,5km, Nieselregen,
22°C
    22.00 Uhr gingen die Lichter aus und früh 6.15 Uhr werden wir
mit Mönchsgesängen geweckt.
07. Oktober - Tag der Republik,
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