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Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Titel: Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum
Autoren: Andrea Schacht
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ihn umsehen müssen.
    Aber kaum hatte ich diesen Entschluss gefasst, flüsterte mir mein Unterbewusstsein den Text aus dem Testament zu:
Kümmere Dich gut um meinen Plunder!
    Jetzt wusste ich, was das zu bedeuten hatte.
    Und damit wurde die Angelegenheit schwierig.
    Richtig schwierig.
    5. Von ungehaltenen Katzen
     
    »O nein!«, heulte die Frau auf und betrachtete das künstlerische Werk der kreativen Gestalterin, die sich zufrieden mit der Ausführung oben im Regal verborgen hielt. Es war eine Lust gewesen, den glatten Sesselbezug in Frottee zu verwandeln. Und es war ebenfalls die reine Freude gewesen, die Blumentöpfe von der Fensterbank zu fegen und das Grünzeug zu zerfetzen. Ach ja, und dann die Gardinen! Es hatte sie zwar eine Kralle gekostet, aber nun hingen sie in gefälligen Fetzen von der Decke.
    Rache
war
definitiv süß.
    »Wo bist du Aas! Verdammt, komm heraus!«, tobte die Frau unten.
    Sollte sie nur! Sie würde das Versteck nie finden. Aber in der Küche würde sie eine weitere Bescherung entdecken. Hah!
    Genau das trat nun ein, und ein weiterer Entsetzensschrei drang an die gespitzten Ohren der Lauscherin.
    »Du Mistvieh hast auf den Küchentisch gepinkelt!«
    Stimmt, hatte sie. Ein deutlicher Hinweis, dass das Futter nicht ihren Gefallen gefunden hatte. Menschen waren ja so schwer von Begriff.
    Na, nicht alle. Ihre erste Frau war so weit in Ordnung. Sie hatte ihr die Achtung entgegengebracht, die einer Katze ersten Ranges gebührte. Dann jedoch hatte sie eine Freundin gebeten, ihr für ein paar Tage Obdach zu gewähren, und die war ihr weit weniger ehrfürchtig begegnet. Tatsächlich hatte sie sogar versucht, sich ihr mit Schmusereien zu nähern. Bah! Das war doch kein Benehmen einer königlichen Hoheit gegenüber. Sie hatte ihr eine Lektion mit der Kralle erteilt. Das brachte die Menschin dann schnell zu der Einsicht, dass eine Katze ihrer Herkunft nicht unaufgefordert angefasst zu werden wünscht.
    Jetzt war die dritte Menschenfrau aufgetaucht, um ihr die Dosen aufzumachen, weil die zweite das Heim verlassen hatte. Unbeständigkeit und Wechsel waren etwas, das sie hasste. Und aus diesem Grund hatte sie ihrer Kreativitätfreien Lauf gelassen. Nun telefonierte die dritte Frau mit der zweiten Frau und stieß hektische Laute aus.
    Schön.
    Vielleicht lernten sie etwas daraus, beispielsweise, ihr endlich die Tür aufzumachen, damit sie einen Ausflug in die Gärten machen konnte.
    Obwohl – wenn man so aus dem Fenster schaute, waren da nicht viele Gärten. Ein paar traurige Geranien auf der Balkonbrüstung, ein verkümmerter Buchsbaum nebenan, ein paar verblühte Rosen, die ihre Blätter auf die Fliesen rieseln ließen, und ein rostiger Grill untendrunter. Die wenigen Ausflüge, die ihr auf den Balkon gestattet worden waren, zeigten eine befahrene Straße, gegenüber hohe Häuserwände und oben nur einen kleinen Schnipsel freien Himmel. Keine Bäume, keine Sträucher, keine Mäuse.
    Wie anders war es bei der ersten Frau. Die hatte einen Garten mit einem Komposthaufen, einer dichten, lebhaft bewohnten Hecke, einen Baumstamm, ideal zum Krallenschärfen, und viele andere schöne Dinge, die einer Katze das Leben angenehm machten.
    Und dann hatte die erste Frau sie einfach an die zweite Frau abgeschoben. Mit der Ausrede, sie könne sie nicht mitnehmen.
    Dann hätte sie eben hierbleiben müssen.
    Man konnte doch wohl von einem Menschen erwarten, dass er die richtigen Prioritäten setzt. Was bedeutete schoneine Karriere, wenn man sich Gastgeber einer geborenen Majestät nennen durfte?
    Aber Menschen – pffft.
    Jetzt hockte sie hier eingesperrt in einer kleinen Wohnung und musste die dritte Frau zu einer einigermaßen funktionierenden Dienerin erziehen. Die Lästigkeiten nahmen kein Ende.
    »Ja, ja, natürlich«, hörte sie die Elevin resigniert ins Telefon seufzen. »Ja, ganz bestimmt die Dose Schleckerkatz mit Soße. Und ein Katzenwürstchen.«
    Wie von selbst spitzten sich ihre Ohren, und der Geifer sammelte sich in ihrem Maul.
    Würstchen! Hatte die Menschin es etwa endlich kapiert? Würstchen!
    Mit einem Satz katapultierte sie sich vom Regal, landete auf dem frottierten Sessel und schoss in die Küche.
    »Ach, wenn’s Futter gibt, tauchst du wieder auf«, war der ätzende Kommentar der Dosenöffnerin. Dann machte sie sich an dem Napf zu schaffen. »Verdient hast du es meiner Meinung nach nicht, du mieser Rattenpelz. Aber Ginger meint, nur so könnte man dich besänftigen.«
    Der Teller mit Huhn in
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