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Zwei Esel Auf Sardinien

Titel: Zwei Esel Auf Sardinien
Autoren: authors_sort
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wir halt mit dem Bus nach Cagliari rein und nehmen uns dort ein Auto«, schlage ich vor. Bruno jedoch kann es nicht leiden, wenn jemand seine Pläne durchkreuzen möchte.
    » Amore , wir kriegen kein Auto«, seufzt er. Claudio habe freundlicherweise angeboten, uns zu sich nach Hause mitzunehmen. Sein Bruder lebe nur wenige Kilometer von ihm entfernt und habe ein Auto, mit dem könne er uns nach Gesturi zu Maurizio und Giulia bringen. Ich solle ihm vertrauen, er wisse schon, was zu tun sei, schließlich sei das hier seine Heimat und nicht meine.
    Rums, da hab ich ja mal wieder was um die Ohren geknallt bekommen! Ich frage mich, mit welchem Gefährt uns Claudio mitnehmen will, bin aber lieber still. Nach einem Mercedes Cabrio sieht er nicht gerade aus.
    Ob ich denn inzwischen am Lost-and-found-Schalter gewesen sei und unser Gepäck als vermisst gemeldet habe, fragt mich Bruno.
    »Nein, hab ich nicht, es ist ja deine Heimat und nicht meine«, gifte ich zurück.
    »Dann mach ich das jetzt, und du bleibst hier bei Claudio«, sagt er und verschwindet.
    O Mann, was rede ich denn jetzt mit diesem Schafhirten?, frage ich mich und lächle ihn erst mal an. Er nickt kurz zurück und wendet sich seinem sardischen Gegenüber zu. Laute, wie mit der Zunge geschnalzt, dringen zwischen Schnauzer und Zigarre hervor, ein Strom von Konsonanten und Vokalen, der sich mit dem Singsang des männlichen Gegenübers vermischt. Sie scheinen Wichtiges zu besprechen, denn immer wieder nickt einer und tut seine Zustimmung kund. Irgendwann murmelt Claudio etwas Unverständliches und zieht mich weg. Was soll ich tun, mitgehen oder hier auf Bruno warten, der mich dann wieder anschnauzt, warum ich mich nicht an die Vereinbarung halte? Ja, wie denn, wenn ich nicht kapiere, was man mit mir vorhat? Ich lasse mich jetzt einfach treiben. Bruno hat völlig recht, ich muss ihm einfach vertrauen.
    Als ob ich’s nicht fast geahnt hätte, öffnet Claudio nach einer Weile die Klappe seines Anhängers. Er hievt seine Ziegen darauf, klettert hinterher, nimmt eine Obstkiste, staubt sie kurz mit der Handfläche ab und legt einen Kartoffelsack drüber. Dann reicht er mir seine schmutzige Hand. Oben angekommen, bedeutet er mir, mich auf die von ihm so liebevoll hergerichtete Sitzgelegenheit zu setzen. Jetzt ist das cremefarbene Röckchen restlos hinüber! Mein Hut ist verrutscht! Das Stück Mantel, das ich aus dem Ziegenmaul gerettet habe, klebt eklig, und meine Absätze sind kotverschmiert. ICH KÖNNTE HEULEN !!!
    Claudio hüpft vom Anhänger und schließt die Klappe hinter mir, damit ich auch ja nicht fliehen kann! Dann geht er weg. Warum lassen mich heute eigentlich alle allein? Ich blicke in die Augen der mir freundlich zugewandten Mutterziege. Sie scheint den Tränen nahe zu sein. Sicher findet sie das hier ebenfalls alles gar nicht komisch. Kein Grashalm weit und breit, nichts zu trinken und dann dieser Lärm. Sanft streichle ich ihren Kopf, was sie damit quittiert, dass sie den Ärmel meines Mantels blitzartig in ihr Maul nimmt.
    »Aus, aus«, schreie ich sie an, meine Sympathie für sie ist schlagartig verflogen.
    So sitze ich nun mutterseelenallein auf diesem Anhänger. Ich kann mich nicht erinnern, jemals in so eine Situation geraten zu sein. Wenn es nicht zum Heulen wäre, so wär’s schon wieder komisch.
    Nach einer Ewigkeit tauchen Bruno und Claudio auf.
    » Tutto bene, amore? «, ruft er mir entgegen.
    » Molto bene! «, sage ich voller Sarkasmus.
    Zufrieden hüpft er vorne ins Führerhäuschen. Ich bin sprachlos! Nicht mal gefragt hat er mich, ob ich nicht lieber vorne sitzen will. So ein italienischer Obermacho, das ist ja das Letzte!
    » Amore «, ruft er mir über die Schulter zu, als hätte er meine Gedanken erraten, »weißt du, es ist besser, ich sitze hier vorne, dann kann ich mit Claudio alles besprechen, du verstehst ihn ja nicht. Und außerdem bist du ja viel tierlieber als ich.« Er zwinkert mir zu, der Schuft. Ich schwöre Rache! Dann startet Claudio mit viel Getöse den Motor, und wir rattern los. In meiner Handtasche piepst es, mein Akku gibt seinen Geist auf, das Ladegerät ist im Koffer.

Claudio und der Pfiff alla pecorara
    Bruno
    Er heißt Claudio, ist fünfundfünfzig und einer der Viehzüchter von der Bewegung Sardischer Hirten. Er lebt in Monastir, Provinz Cagliari, zusammen mit seiner Frau Anna und fünfunddreißig Schafen, fünf Ziegen, acht Wildschweinen, drei Mufflonschafen und zwei Eseln. Er steht jeden Morgen um fünf Uhr
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