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Zukunftsmenue

Zukunftsmenue

Titel: Zukunftsmenue
Autoren: Sarah Wiener
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Gemüses und Fleisches so alles machen kann, fördert meine Kreativität.
    Vielleicht ist dieses ja ein erster Schritt aus der Sackgasse heraus. Vielleicht.

Ein Blick zurück
    Meine Mutter ist in Halle in Westfalen aufgewachsen, und wenn sie erzählt, wie und was sie früher so gegessen hat, bekomme ich große Augen. Für mich ist es kaum vorstellbar, dass meine eigene Mutter noch mit Sammeln, Konservieren und Einwecken von Lebensmitteln groß geworden ist. Denn in meiner Kindheit und Jugend war diese Ernährungswelt schon so gut wie verschwunden.

    Als Kind ging meine Mutter mit ihren Geschwistern aus der Not heraus in die Wälder und sammelte Bucheckern zum Knabbern, Äste für den Ofen – und Eicheln. Die wurden geröstet und zu einer Art Muckefuck, einem Kaffeeersatz, verarbeitet. Im Sommer und Herbst sammelten alle Kinder Pilze. Ein großer Vorteil dabei war, dass meine Oma sehr viel über Pilze wusste. So konnten sie mehr sammeln und auch mehr Sorten essen als andere: Champignons von den Wiesen, Röhrlinge, Butterpilze, Braunkappen, Birkenpilze, den Parasol und die Krause Glucke im Mischwald und in der Heide. Die Fundstücke wurden aufgefädelt und getrocknet oder eingeweckt. Brennnesseln galten damals schon als ein sehr nahrhaftes Gemüse, das übrigens köstlich schmeckt. Holunderbeeren, Schlehen und Sanddorn wurden zu Saft verarbeitet, aus Hagebutten und Brombeeren wurde Marmelade gekocht. Kräuter für den Tee wurden gesammelt und in Bündeln getrocknet. Und Löwenzahn, Spitz- und Breitwegerich aß man als Salat. Nach der Kartoffel- und Getreideernte ging meine Mutter zur Nachlese aufs Feld. Sie sammelte liegen gebliebene Kartoffeln ein und abgebrochene Ähren, die dann zu Hause gedroschen und gemahlen wurden.

    Meine Oma hatte Verwandte in Amerika, die ab und an Pakete schickten. Mit Kaffeebohnen zum Beispiel, die man in den Nachkriegsjahren gut gegen andere Lebensmittel tauschen konnte. Allerdings schickten die Verwandten auch zu kleine Schuhe, die natürlich trotzdem getragen wurden – man sieht es den Füßen meiner Mutter heute noch an –, und getragene rosa Ballkleider. Weiß der Himmel, warum! Mutti trennte die Nähte dann mit der Rasierklinge auf, und Oma nähte praktischere Dinge daraus. Sobald der Schatz aus dem fernen Amerika gesichtet worden war, ging es ans Tauschen. Meine Mutter ging von Haus zu Haus und tauschte eine Handvoll Kaffeebohnen gegen ein Ei. Für ein Paar Schnürsenkel gab es zwei Kartoffeln. Auf die gleiche Weise tauschten sie das gesamte Familiensilber gegen Lebensmittel. So auch alle Großwildtrophäen meines Urgroßvaters, der als Arzt in Afrika forschte. Die Trophäen wurden gegen ein Mittagessen im »Gasthaus zum grünen Walde« eingetauscht. Vielleicht hängen sie ja noch heute dort. Mit dem Erfindungsreichtum und
der Experimentierfreude war es irgendwann vorbei. Meine Mutter hat mir erzählt, dass man in den Fünfzigern und Sechzigern richtig begeistert war von dem neuen Nahrungsangebot, der Zeitersparnis, der Bequemlichkeit und Bezahlbarkeit von haltbaren Lebensmitteln. Die neue Zeit machte vor nichts halt. Küchengeräte aus Porzellan, Ton und Glas wurden gegen unverwüstliches Plastik ausgetauscht. Alte Holz- und Gusseisenherde wurden herausgerissen und durch Elektroherde ersetzt. Leinen- und Baumwolltischdecken wurden durch praktische abwaschbare Wachstücher ausgetauscht. Die neue Welt versprach um so vieles besser, einfacher und bezahlbarer zu sein.
    Zeit sparen und mehr leisten – das Effizienzdenken sollte in den Fünfzigerjahren auch die großen Holzfeuerherde aus den Bauernküchen verdrängen.
    Selbst ich bekam ein braunes Kunstlederkleidchen mit Reißverschluss, über das man nur noch drüberwischen musste, wenn ich mal gekleckert hatte. Zum Glück konnte sich meine Mutter nicht für Nylon und Polyester begeistern. Meine Pullover und Socken waren mein ganzes Leben lang aus Wolle und Baumwolle. Allerdings konnte es schon passieren, dass man einen Wollpulli, der zu klein geworden war, wieder aufribbelte, die Wolle spannte und einen neuen, größeren daraus strickte oder häkelte. Handgemachtes war jedoch eher verpönt und ein Zeichen von Armut. Wer etwas auf sich hielt, kaufte Industrieware. Denn in Zeiten des Wirtschaftswunders feierte auch die Nahrungsmittelindustrie den Aufschwung, der alle produzierenden Bereiche erfasst hatte.

    Giersch-Pesto
    6 Handvoll Giersch
3 Knoblauchzehen
200 g Parmesan
200 g gemahlene Haselnüsse
1 l Olivenöl
1 TL Salz

    Den
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