Zugriff
sofort einige meiner Männer in Marsch und schickte ein Stoßgebet zum Himmel. Hoffentlich ging das gut! Wir hatten Glück, denn es dauerte nicht lange, und alle kamen friedlich mit ihren Tüten aus der Wirtschaft zurück: erst die drei vom SEK , dann die zwei Bandenmitglieder, die jetzt mit schnellen Schritten zur Wohnung eilten. Ich atmete einmal kräftig durch, weil nichts passiert war. Wir erfuhren später, dass die drei Kollegen bereits in dem Gasthaus über Funk gewarnt worden waren, wer ihnen bald Gesellschaft leisten würde. Sie behielten die Nerven und benahmen sich völlig unauffällig, wie man das eben von Profis erwartet. Und zum Glück bemerkten die Gangster Schutzweste und Bewaffnung unter den dicken Parkas nicht.
Wieder warteten wir auf ein Zeichen, dass die Aktion begann. Inzwischen herrschte Dunkelheit, nur die Laternen leuchteten spärlich die Straßen der Wohnsiedlung aus. Irgendwann würde sich die Bande in Bewegung setzen, aber wann? Ich suchte meinen Gruppenführerkollegen auf und fragte ihn nach den Ergebnissen des Fahrtrainings mit dem gepanzerten BMW . Er machte kein erfreutes Gesicht. » Nicht einfach zu steuern, sehr träge in den Kurven, keine optimale Sicht«, meinte er. » Ich habe meinen besten Fahrer eingeteilt. Der hat schon einige Fahr- und Schleuderkurse auf dem Buckel und wird das schon meistern.« Gute Fahrer waren wichtig, das wusste ich aus eigener Erfahrung. Nachdem wir diesmal nur für Sicherungs- und Unterstützungsaufgaben eingeteilt waren, würde allerdings heute niemand von meinen Leuten seine Fahrkünste bei einer Verfolgungsjagd unter Beweis stellen müssen.
Das gepanzerte Fahrzeug, eine Leihgabe der Dienststelle » Personenschutz«, sollte nämlich den Wagen der Bande bei sich bietender Gelegenheit abdrängen, damit die in einem anderen Auto folgenden Spezialisten den Zugriff starten konnten. Das SEK übte zwar regelmäßig das Anhalten von Täterfahrzeugen in voller Fahrt, hatte mit gepanzerten Wagen aber kaum Erfahrung. Deshalb nutzte der designierte Fahrer noch am Nachmittag die Zeit, sich an das mehrere Tonnen schwere Fahrzeug zu gewöhnen. Jetzt konnte man bloß hoffen, dass es reichte.
Während ich im leise gestellten Radio die 20-Uhr-Nachrichten verfolgte, kam der langersehnte Funkspruch der Observationskräfte: » Die Bandenmitglieder beladen den blauen Peugeot mit schweren Taschen. Mindestens zwei Gewehre wurden im Fahrzeuginnenraum verstaut.« Jetzt war höchste Konzentration angesagt. Unsere mobile Befehlsstelle, die zwischen dem Autobahnzubringer nach Nürnberg und dem Ortsteil Trudering pendelte, informierte die Kollegen an den Autobahnen, die wegen der großen Entfernung den internen Funk nicht hören konnten, gab uns ein letztes » Viel Glück!« mit auf den Weg, und dann herrschte Schweigen.
Unsere Nerven waren bis aufs Äußerste gespannt. Eine weitere halbe Stunde mussten wir nämlich untätig ausharren, bis endlich das MEK meldete: » Die Abfahrt steht unmittelbar bevor! Vorne im Wagen sitzen zwei und hinten drei Männer.« Also fünf, der Rädelsführer war nicht mit von der Partie. Er schien tatsächlich nur im Hintergrund die Fäden zu ziehen.
Meine Gruppe war auf zwei Fahrzeuge mit jeweils vier Mann verteilt. Ich saß im ersten auf dem Beifahrersitz und legte meine geladene und entsicherte Maschinenpistole auf den Schoß. Wir standen etwas abseits an einer Einmündung zu einer langen, breiten Straße in die Innenstadt, und ich beobachtete durch mein Fernglas aus einer Entfernung von etwa 300 Metern den Peugeot, der jetzt in Richtung Stadtmitte abbog. In sicherem Abstand folgte ein ziviles MEK -Fahrzeug.
Kurz darauf fuhr auch die Zugriffsgruppe in die Hauptstraße ein; vorneweg der gepanzerte BMW . » Los, wir müssen dranbleiben!«, rief ich. Mein Fahrer beschleunigte, und wir schafften es, genau den richtigen Abstand zu finden, nicht zu dicht auf und nicht zu weit weg. Optimal bisher! Ich muss gestehen, dass ich recht nervös war, doch das hatten Einsätze so an sich. Genauso selbstverständlich, wie es kam, ging es auch vorüber. Man musste sich so intensiv auf die Aufgabe konzentrieren, dass für Grübeleien einfach keine Zeit blieb. Auch jetzt bewahrheitete sich das wieder, denn schon kam der Befehl des vor mir fahrenden Gruppenführers: » Zugriff! Zugriff!«
Wie immer in solchen Fällen musste es ganz schnell gehen. Das MEK -Fahrzeug scherte nach links weg und gab den Weg frei für den gepanzerten Wagen, der nun zum Überholen
Weitere Kostenlose Bücher