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Zuckermond

Zuckermond

Titel: Zuckermond
Autoren: Astrid Martini
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fühlte sich in die Rolle des Kindes zurückversetzt, welches sich mit sehnsuchtsvollen Blicken nach Anerkennung von Mama und Papa sehnte. Als urplötzlich ein Tusch ertönte und gleichzeitig alle Lichter erloschen, zuckte Helena erstaunt zusammen. Ihre Mutter gab einen spitzen Schrei von sich und ihr Vater brummelte irgendetwas von: „Noch nicht einmal die Elektrik funktioniert!“ Was ging hier vor? Das gehörte nicht zum geplanten Programm. Helena runzelte die Stirn und versuchte krampfhaft ihre Augen an die plötzliche Dunkelheit zu gewöhnen, um zumindest ansatzweise erkennen zu können, was da gerade vor sich ging. Allgemeines Getuschel und Lachen machte sich breit, dann erhellte ein Spot die Raummitte und Helena entdeckte im hellen Lichtkegel ihre beiden Freundinnen Sabina und Kathrin. Ihr kleinen Geheimniskrämerinnen! Was habt ihr vor? Sabina ergriff das Mikrophon, welches ihr von Konstantin gereicht wurde. „Liebe Helena. Zunächst einmal auch von uns einen herzlichen Glückwunsch zu deiner gelungenen Ausstellung. Und lass dir von uns, deinen lieben Freundinnen, gesagt sein: Wir sind mächtig stolz auf dich, du kleines Genie! Wir – Kathrin, du und ich – kennen uns nun schon eine halbe Ewigkeit. Hautnah haben wir miterlebt, wie du auf deinen Traum hingearbeitet hast. Mit Fleiß, Ausdauer und ganz viel Herzensblut. Und heute Abend ist der Traum wahr geworden: Deine erste Ausstellung findet statt – zudem auch noch mit riesigem Erfolg.“ Sie reichte das Mikrophon an Kathrin weiter. „Wir wollten dir für deinen Ehrentag eine besondere Freude machen. Haben hin und her überlegt. Einige Ideen gehabt, diese dann aber wieder verworfen, weil sie uns im Endeffekt doch nicht so gut erschienen sind. Und dann hatten wir – dem Himmel sei Dank – einen genialen Einfall. Ja, liebe Helena, wir haben uns für dich etwas ganz Besonderes ausgedacht.“ Sie schmunzelte. „Worum es sich dabei handelt, wird an dieser Stelle noch nicht verraten. Nur soviel: Wir wissen, wie viel dir dein Werk ‚Archimedes’ bedeutet. Aber am besten, du schaust selbst!“ Der Spot erlosch und zunächst wurde es mucksmäuschenstill. In einer gewaltigen Lautstärke ertönten schließlich die ersten Klänge von „O Fortuna“ – dem ersten Stück der „Carmina Burana“ von Carl Orff. Gleichzeitig erhellte ein roter Strahler die Raummitte und ein mit einem schwarzen Seidentuch verhangener Kasten, der auf einem mit Rädern versehenem Eisengestell stand, wurde hineingeschoben. Eine Gänsehaut überzog Helenas gesamten Körper, denn von diesem Kasten ging etwas Magisches aus. Etwas unglaublich Magisches – durch die Klänge der „Carmina Burana“ noch um ein Vielfaches verstärkt. Wie gebannt blickte sie auf den schwarzen Seidenstoff, der dieses käfigartige Gestell umgab und fragte sich, ob es wohl ein Panther sein würde, der sich darunter verbarg. Denn Panther gehörten zu ihren Lieblingstieren. Vielleicht hing die Überraschung der Freundinnen ja damit zusammen. Allerdings: Was hatte ein Panther mit „Archimedes“ zu tun? Die zauberhaften Töne des Orff’schen Stückes gingen ihr unter die Haut. Erreichten ihre Sinne und erwartungsvoll stellten sich die Härchen in ihrem Nacken auf. Am liebsten wäre sie hingeeilt, um das Tuch abzuziehen, um endlich sehen zu können, was sich darunter verbarg. Die roten Scheinwerfer begannen teuflisch zu flackern, Nebelfontänen schossen aus unsichtbar platzierten Nebelmaschinen und ein Deckenventilator sorgten für einen leichten Windhauch. Das Ganze hatte etwas mystisch Unwirkliches. Helena überhörte ihren Vater, der mit scharfer Stimme: „Was ist denn das für ein Hokuspokus“, von sich gab. Und auch die schneidenden Worte ihrer Mutter prallten an ihr ab wie Regentropfen an einer mit Politur bearbeiteten Fensterscheibe. Ihre Sinne waren nur auf das Intro dieses geheimnisvollen Treibens ausgerichtet. Als jemand im Hintergrund schließlich das Tuch lüftete, pochte ihr Herz bis zum Hals. Und dann endlich wurde die schwarze Seide vollkommen herabgezogen. Helena schaute – um Fassung ringend – auf die große Gestalt mit dem langen schwarzen Haar. Ihr Atem stockte und sie flüsterte: „Archimedes.“ Mit weichen Knien stand sie da und konnte ihren Blick nicht von diesem teuflischen Mann wenden, der wie ein Raubtier in einem Käfig stand, die Hände um die Gitterstäbe gelegt und sie durch die rot getränkten Nebelschwaden herausfordernd und ungemein sexy fixierte. Selbst auf die
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