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Zu Grabe

Zu Grabe

Titel: Zu Grabe
Autoren: Daniela Larcher
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»Keine Ahnung«, sagte er.
    »Denken Sie noch einmal an die Sache mit Harr. Irgendetwas ist doch faul an Ihrer Geschichte über ihn. Ist er etwa nicht freiwillig in Syrien geblieben? Oder ist er geblieben, um das Königsgrab zu suchen, von dem Zuckermann geredet hat? Und nun hat er es gefunden und will jeden ausschalten, der davon weiß? Oder – und nun seien Sie ehrlich – haben Sie damals vielleicht einen Schatz entdeckt und Harr dabei übervorteilt? Wäre es möglich, dass er jetzt draufgekommen ist und Rache nimmt?«
    Uhl fing an zu lachen. »Ihre Phantasie möchte ich haben! Wenn wir den großen Schatz des sagenumwobenen Alulim gefunden hätten, dann hätte ich mir schon längst eine nette, kleine Strandbar auf Kreta gekauft und sicher nicht meine letzten Jahre in einem Meer aus alten Knochen verbracht.«
    »Alulim? Ich habe diesen Namen nie erwähnt.« Morell schaute Uhl mit einem vorwurfsvollen Blick an.
    Dieser seufzte, schlug sich auf die Stirn und nahm noch einen großen Schluck vom Schnaps. »Nun ja«, fing er nach einer kurzen Pause an. »Wahrscheinlich ist es gut, wenn ich es mir endlich mal von der Seele reden kann.«
    Morell nickte. »Dann mal los!«
     
    »Wir wollten wirklich niemandem Schaden zufügen«, fing Uhl an.
    Morell rollte mit den Augen. Diesen Satz hörte er jetzt schon zum dritten Mal in kurzer Zeit.
    »Novak kam zu Ludwig Nagy, Johannes Meinrad und mir und bat uns um Hilfe«, erzählte Uhl weiter. »Er hat behauptet, dass er das Grab von Alulim gefunden habe, und brauchte nun Hilfe, um den Stein, der den Eingang verschloss, wegzuschieben. Novak hat großen Wert darauf gelegt, dass niemand sonst etwas davon erfuhr – vor allem nicht Harr, damit er in seiner Funktion als Grabungsleiter nicht die Lorbeeren für den Fund ernten konnte.«
    Morell nickte. »Und Sie haben natürlich mitgemacht, oder?«
    »Klar!« Uhl zuckte mit den Schultern. »Die Sache klang spannend. Wir sind also mitten in der Nacht zu einem abgelegenen Fleck geschlichen, und tatsächlich – dort befand sich eine Grabanlage. Wir haben den Stein, der sie verschloss, weggeschoben und einen Tunnel freigelegt, der steil nach unten führte. Wir Deppen sind gleich voller Übermut hineingestürmt.« Er grinste. »Das wäre beinahe fatal ausgegangen. Am Ende des Tunnels befand sich nämlich ein tiefer und breiter Graben, in den ich in meiner blinden Euphorie fast hineingefallen wäre.«
    »Und dann?«
    »Auf der anderen Seite des Grabens befand sich eine Kammer – die galt es zu erreichen.«
    »Und da war Alulim mit seinem Schatz drin?«
    »Schön wär’s gewesen!« Uhl seufzte und nahm noch einen Schluck aus der Flasche.
    Morell war mittlerweile ganz sicher: Willie konnte wirklich nicht ganz normal sein – wie sonst konnte er freiwillig Payers Fusel in solch rauen Mengen trinken?
    »Es war dumm und lebensgefährlich, den Graben mit unseren simplen Hilfsmitteln zu überwinden, aber der Gedanke an Gold, Edelsteine und Ruhm hat uns alle Ängste und Bedenken über Bord werfen lassen. Wir haben in jener Nacht alles riskiert, um in die Kammer zu kommen, und waren darum natürlich umso enttäuschter darüber, dass in ihr rein gar nichts war.«
    »Nichts?« Morell, der erwartet hatte, dass Uhl nun von einer spektakulären Entdeckung berichten würde, war völlig perplex.
    »Nichts! Keine Schätze, kein Alulim, keine Grabbeigaben, keine Inschriften, nicht einmal ein paar popelige Knochen oder Scherben. Die ganze Grabanlage war einfach nur leer. Wir waren auf eine Attrappe reingefallen. Eine Fake-Anlage, die dazu dienen sollte, Grabräuber in die Irre zu führen.«
    »Grabräuber wie Sie«, konnte Morell sich nicht verkneifen zu sagen.
    Uhl rollte mit den Augen. »Wir haben alles genauestens abgesucht«, fuhr er fort. »Jeden Stein, jede Ritze, jede noch so kleine Unebenheit haben wir abgetastet und ausgeleuchtet, um sicherzugehen, dass wir keine Schließmechanismen für Geheimtüren übersehen hatten. Aber da war nichts.«
    »Das ist natürlich bitter.«
    Uhl nickte. »Wir sind schwer enttäuscht wieder zurück in den Tunnel geklettert. Am meisten frustriert war natürlich Novak. Soweit ich das mitgekriegt habe, hatte er bereits mehrere Jahre in das Projekt Alulim investiert. Mann, hat der geflucht, kann ich Ihnen sagen. Als wir endlich wieder auf der anderen Seite waren, hätte niemand gedacht, dass diese Nacht noch schlimmer werden könnte. Tja, was soll ich sagen?! Sie ist noch schlimmer geworden – viel
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