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Zombieparade: Storys (German Edition)

Zombieparade: Storys (German Edition)

Titel: Zombieparade: Storys (German Edition)
Autoren: Max Brooks
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Ghul kam hinter einem schrottreifen Geländewagen hervorgeschlurft und näherte sich ihnen. Er war klein und langsam; selbst zu Fuß hätten Steve und Naomi ihm mühelos entkommen können. Doch Steve hatte nicht vor zu fliehen. Noch nicht. »Lass den Motor laufen«, sagte er, und diesmal widersprach Naomi nicht.
    Trotz der verfaulten Haut, dem getrockneten Blut
und den leblosen, milchigen Augen hatte auch sie Theodor Schlozman erkannt. »Geh«, sagte sie nur.
    Steve stieg von dem Motorrad ab und schlenderte langsam, fast beiläufig zu dem anrückenden Ghul.
    »Hey, Doc«, sagte er leise und mit einer Stimme, so kalt wie der arktische Tod. »Versuchen Sie immer noch, Mutter Erde vor ihren verdorbenen Kindern zu retten?«
    Schlozman öffnete langsam den Mund. Abgebrochene, fleckige Zähne ragten aus Fetzen verwesenden Zahnfleischs heraus. »Huuuuuuuuuaaaaaaaa«, krächzte der ehemalige Nobelpreisträger und streckte die blutigen Hände nach Steves Hals aus.
    Der Soldat ließ ihn fast nahe genug herankommen, dass er ihn berühren konnte. »Wie Sie stets zu sagen pflegten«, höhnte er, »Arme sind zum Umarmen da«, und damit schwang er Musashi wie das Gewehr einer Ehrengarde und schnitt Schlozman die Finger ab, dann Hände und Unterarme, bevor er in die Luft sprang und dem Paläoklimatologen mit einem heftigen Tritt den Kopf zur Seite schleuderte.
    Das Gehirn, das einst als »Krönung der Evolution« bezeichnet worden war, schoss explosionsartig aus dem zertrümmerten Schädel. So gut wie unversehrt wirbelte es in Richtung der Buell und landete
mit einem feuchten Klatschen unmittelbar vor dem Vorderreifen. Tor.
    Der Soldat steckte das Schwert in die Scheide und kehrte bedächtig zu Naomi zurück.
    »Sind wir fertig?«, fragte sie.
    Steve blickte zu dem Blackhawk hoch, der deutlich näher gekommen war. Noch fünf Minuten, bis er auf dem Dach landete. Gerade rechtzeitig. »Ich musste nur noch den Müll rausbringen«, sagte er, ohne sie anzusehen.
    Er ließ den Motor aufheulen und spürte Naomis festen Griff um die Taille. »Da hinten«, sagte sie und neigte den Kopf zu der Stelle, wo er sie gerettet hatte. »Hast du mich da ›Baby‹ genannt?«
    Steve legte mit Unschuldsmiene den Kopf schief und sprach das einzige französische Wort, das er jemals lernen wollte: »Moi?«
    Steve gab Gas, und das Gehirn von Professor Theodor Emile Schlozman zerplatzte unter dem durchdrehenden Gummi wie eine überreife Tomate. Steve grinste und donnerte mit dem Motorrad in Richtung …
     
    Fred schlug das Buch zu. Er hätte schon vor ein paar Seiten aufhören sollen. Die Schmerzen hinter seinen Augen hatten sich mittlerweile bis in Stirn und
Nacken ausgebreitet. Meistens gelang es ihm, die konstanten Kopfschmerzen einfach zu ignorieren. Meistens waren sie nichts weiter als ein dumpfer Pulsschlag. Aber in den letzten Tagen waren sie fast unerträglich geworden.
    Er legte sich flach auf den Rücken; seine Haut klebte an dem glatten Granitboden. Den Kopf bettete er auf den öligen, verkrusteten Fetzen, der einmal sein T-Shirt gewesen war, und versuchte, sich auf den Mittelpunkt der Decke zu konzentrieren. Die Lampe über seinem Kopf sah fast aus, als wäre sie an. Um diese Zeit des Nachmittags fiel das Sonnenlicht durch das kleine Fenster auf die Prismen des Lampenschirms aus Kristall. Funkelnde Regenbogenmuster in unzähligen Farben zogen über die beige Tapete. Dies war ihm die liebste Zeit des Tages; wenn er sich überlegte, dass ihm das bei seiner Ankunft hier nicht einmal aufgefallen war … Das dürfte ich als Einziges vermissen, wenn ich hier rauskomme.
    Und dann hörte es auf. Die Sonne war weitergezogen.
    Daran hätte er denken, besser planen müssen. Hätte er gewusst, um welche Uhrzeit es passierte, hätte er bis dahin lesen können. Vermutlich hätte er dann auch nicht so schlimme Kopfschmerzen. Er
sollte eine Uhr tragen. Warum trug er keine Uhr? Dumm. Sein Handy hatte immer die Uhrzeit angezeigt, und das Datum, und … alles. Jetzt war sein Handy tot. Wann war das passiert?
    Schöne Vorbereitungen, Arschloch.
    Fred schloss die Augen. Er massierte sich die Schläfen. Keine gute Idee. Mit der ersten Aufwärtsbewegung riss er den Schorf zwischen Haut und Fingernägeln auf. Die Schmerzen entlockten ihm ein kurzes Zischen. Blöder Idiot! Er atmete langsam aus und versuchte, sich zu beruhigen. Nicht vergessen …
    Er schlug die Augen auf. Ließ den Blick über die Wand schweifen. Hundertneunundsiebzig, zählte er.
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