Zodius 01 - Ein Sturm zieht auf
Michael nur einzubilden, blinzelte Cassandra, doch er war es tatsächlich und strahlte dieselbe todbringende Männlichkeit aus wie eh und je. Mit dem Haar, das sein starkes Gesicht und die breiten Schultern umrahmte, wirkte er wie ein Krieger aus der Antike. Der Gedanke schickte ihren Magen auf eine Achterbahnfahrt. O Gott. Er war ein Krieger – beziehungsweise ein Soldat, der gerade von einem Einsatz kam. Sie wusste, was diese mitternächtlichen Besuche bedeuteten und welche schlechten Nachrichten damit einhergingen.
Ohne einen Gedanken an ihr durchsichtiges Nachthemd zu verschwenden, stieß sie die Fliegentür auf und ging barfuß auf ihn zu. Sie konnte an nichts anderes denken, als dass die Welt um sie herum zerbrach. »Sag es mir. Sag es gleich. Es ist mein Vater, nicht wahr?«
»Nein«, erwiderte er hastig. »Alles ist in Ordnung. Ihm geht’s gut.« Er rieb sich den Kiefer. »Allen geht es gut.«
»Bist du sicher?«, fragte sie, während sie in seinem Gesicht nach Bestätigung suchte. »Sag mir bitte, dass du sicher bist.«
Er nickte nachdrücklich. »Ja«, sagte er. »Ich bin sicher.«
»Oh, Gott sei Dank«, sagte Cassandra und stieß erleichtert den Atem aus, während sie noch immer die Hand an die Brust presste, in die ihr Herz fast ein Loch gehämmert hätte. Trotz seiner Makel war ihr Vater alles, was sie hatte, und sie liebte ihn.
»Ich wollte dich nicht erschrecken«, sagte er und trat einen Schritt zurück. »Es war ein Fehler, herzukommen.«
»Warte!«, rief sie, trat näher an ihn heran und packte seinen Arm. »Bitte geh nicht. Du bist doch nicht ohne Grund gekommen, und ich weiß noch nicht mal, warum.« Doch an seiner Miene konnte sie erkennen, dass er sich schon wieder vor ihr verschlossen hatte. »Rede mit mir, Michael. Was ist passiert? War es der Einsatz?«
Er zögerte und sagte leise: »Es ist immer irgendein Einsatz.«
Irgendetwas stimmte nicht. Er war aufgewühlt und hatte bei ihr Trost gesucht. Bei dem Gedanken wurde ihr warm ums Herz. Michael, der jeden mied, war zu ihr gekommen. Sie ließ die Finger seinen Arm entlang bis hinunter zur Hand gleiten. »Kannst du darüber reden?«
»Würde ich, wenn ich dürfte«, sagte er. »Aber das ist nichts, was du hören willst.«
»Ich kann einiges vertragen«, beteuerte sie.
Er zog sie in seine Arme, vergrub das Gesicht in ihrem Haar und hüllte sie mit seiner Wärme ein. »Ich weiß«, sagte er leise. »Du bist zu gut für die Hölle meines Lebens. Deshalb fühle ich mich auch wie ein verdammter Egoist – weil ich dich brauche.«
Er versuchte sie wegzuschieben, als wollte er aufbrechen. Von seinem Geständnis und seiner Verletzlichkeit getroffen, klammerte sich Cassandra an ihn. »Ohne mich gehst du nirgendwohin. Ich lasse mich nicht von dir wegschicken. Ich brauche dich auch.«
Ein Feuer loderte in seinen Augen, und aus seiner Kehle drang ein tiefes, gutturales Stöhnen. Als er die Hände seltsam vertraut auf ihren Hintern legte, konnte sie sich kaum entsinnen, hochgehoben worden zu sein. Nur sein wilder leidenschaftlicher Kuss und das Verlangen, sich um ihn zu schlingen und ihm ganz nah zu sein, existierten noch. Sie konnte sich auch nicht daran erinnern, das Haus betreten zu haben – was ihrer zurückhaltenden Art völlig widersprach. Selbst wenn er sie auf der Veranda genommen hätte, hätte sie ihn nur angefleht, es noch mal zu tun. Sie wollte und brauchte ihn.
Irgendwie schafften sie es zum Bett. Als er sich immer noch bekleidet auf die Seite drehte und die flache Hand auf ihren Bauch legte, brannte sein prüfender Blick heiß auf ihr. Aus ihrer lasziven Hingabe wurde Scheu.
Als sich Cassandra aufzusetzen versuchte, drückte er sie zurück auf die Matratze. »Was machst du da?«, fragte sie. Plötzlich fühlte sie sich entblößt und furchtbar verletzlich. Warum ließ er sich nicht gehen, so wie sie?
»Ich bewundere dich«, sagte er und strich zärtlich über ihren Nippel, worauf sie kaum ein Stöhnen unterdrücken konnte. Sie wollte sich nicht gehen lassen, solange er nicht dasselbe tat.
Er legte sich auf sie, als könne er spüren, dass sie fliehen wollte, hielt sie unter seinem massiven Körper gefangen und spreizte ihre Beine mit den Knien. Sein langes schwarzes Haar fiel ihm über die Schultern und brachte den Krieger zum Vorschein – einen wilden, verruchten Krieger. Ihren Krieger. Was für ein verrückter Gedanke – ebenso wild und lasterhaft wie dieser Mann. Heute Nacht gehörte er ihr, und nur sie beide
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