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ZITRONENLIMONADE (German Edition)

ZITRONENLIMONADE (German Edition)

Titel: ZITRONENLIMONADE (German Edition)
Autoren: Marleen Reichenberg
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die Ehre zu geben, hatte ich ja keinerlei Pläne außer dem,
irgendwann meinen Tablettenvorrat zu mir zu nehmen. Noch nicht mal damit, wo
und wie ich beerdigt sein wollte, hatte ich mich beschäftigt! Sollte man den
Hinterbliebenen zuliebe rechtzeitig festlegen: Sabine hatte mir mal erzählt,
als Sandra etwa fünf Jahre alt war, und sie zufällig an einem Friedhof
vorbeikamen, auf dem gerade eine Beerdigung stattfand, schockte die Kleine ihre
Mutter mit folgender unschuldiger Frage: "Du Mama, wollen Papa und du
lieber verbrannt oder beerdigt werden?" Bevor Sabine sich erholt hatte,
folgte die Erläuterung: "Ich als euer Kind muss ja wissen, wie ich es dann
richtig mache!"
    Im
Moment war mir überhaupt nicht danach, in irgendeiner Form Entscheidungen über
meine nahe Zukunft zu treffen. Ich wählte die Vogel-Strauß-Taktik. Kommt Zeit,
kommt Rat, hatte Oma immer gesagt. Soso, jetzt hörst du wieder auf mich, Kind,
ertönte ihre empörte Stimme in meinem Ohr. Lebensweisheiten sind immer gültig,
du kannst sie dir nicht wie bei Feinkost Käfer an der Theke nach Belieben
aussuchen.
    Ich
beschwichtigte meine aufdringliche Vorfahrin: Schon gut, bis jetzt hatte ich ja
noch nichts Dummes angestellt, oder? Um Mama von ihren konkreten Plänen
betreffs meiner Zukunft abzulenken, schlug ich einen Besuch in der Cafeteria
vor. Und bereute das sofort, als ich beim Eintreten unserer Prozession   - Mama schob meinen Rollstuhl, Papa folgte   - Familie Wallner samt Iris´ Verehrer an einem
der Tische angeregt ins Gespräch vertieft erblickte! Oh nein, dieses Risiko
hatte ich nicht einkalkuliert: Mama trifft Iris und Robert persönlich!   Sonja K. war glücklicherweise nirgendwo zu
sehen. Horrorvisionen darüber, wie Mama die drei theatralisch über meine
bedauernswerte Lage informieren würde, zuckten durch mein Hirn. Ich wollte hier
raus! Noch hatten sie uns nicht gesehen. Schnell haute ich die Bremse in meinem
Stuhl rein, sah zu Mama auf und erklärte ihr, wir sollten doch vor dem Kaffee
lieber zuerst ein bisschen im Park spazieren fahren. Mama sah mich an, als wäre
ich nicht ganz dicht.
      "Chris, du hast doch an der Eingangstür
gesehen, dass es draußen in Strömen gießt! Da kannst du gleich unter deine
Dusche gehen, das hätte denselben Effekt wie ein Spaziergang!" Panisch
versuchte mein Verstand, eine plausible Ausrede dafür zu finden, warum ich
keinesfalls in diesen Raum hinein wollte. Zu spät!
    Aus
den Augenwinkeln heraus sah ich Robert aufstehen und lächelnd auf uns zukommen.
      Ich zischte Mama an: " Kein Wort zu viel,
klar?" als er auch schon vor uns stand, mich völlig unbefangen mit einer
kurzen Umarmung begrüßte und dann meinen Eltern die Hand entgegenstreckte.
Meine Mutter musterte ihn höchst interessiert, während ich innerlich kapitulierte,
aber laut sagte:
    "
Mama, Papa, das ist Robert Wallner, der Sohn meiner Mitpatientin, Frau Wallner.
Robert, meine Eltern."
    Mama
zog unmerklich ihre linke Augenbraue hoch und warf mir einen strafenden Blick
zu, der in etwa bedeuten sollte:   So, so,
ein uninteressanter, älterer völlig vergeistigter Professor, hm? Laut verlieh
sie ihrer unverhohlenen Begeisterung darüber Ausdruck, dass Robert und seine
Mutter mir einen derart schönen Ausflug auf die Mainau beschert hatten.
    Währenddessen
lotste er uns an seinen Tisch, wo Iris uns interessiert entgegenblickte und ihr
neuer Freund Urs bereits dabei war, weitere Stühle zu organisieren. Nach einer
erneuten Vorstellungsrunde erklärte Iris:
    "Schön,
dass wir uns vor meiner morgigen Entlassung nochmals sehen, Christina. Ich
hätte zwar versucht, Sie noch zu treffen, war aber nicht sicher, ob sie nicht
bei einer Therapie sind. Notfalls hätte ich Ihnen aber geschrieben."
    Genau
an dieser Stelle sah meine Übermutter das Stichwort für ihren Auftritt
gekommen: "Ach, das ist aber schade, dass Sie Ihre Reha beenden. Ich
meine, für Sie ist es sicher ein freudiger Termin, aber um Christina wird es
einsam. Wir zerbrechen uns gerade den Kopf, wo sie in zwei Wochen hingehen
wird."
    Jetzt
zog Robert seine Augenbrauen hoch und blickte mich fragend an. Bevor Mama nun
dem Ganzen die Krone aufsetzen und eine tragikumflorte Version meiner bedauernswerten
Lage zum Besten geben konnte, bei der schließlich alle vor Betretenheit nicht
mehr wussten, wo sie hinschauen sollten, trat ich die Flucht nach vorne an:
Böse funkelte ich meine Mutter an, die sich völlig ungerührt in ihrem Stuhl
zurück lehnte (sie hatte ja ihr Ziel, meine
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