Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zicke

Zicke

Titel: Zicke
Autoren: Sara Zarr
Vom Netzwerk:
Freund geküsst. Das ist cool.
Was hatte das zu bedeuten? Waren wir immer noch Freundinnen? Das konnten wir nicht mehr sein, unmöglich. Nicht jetzt, da sie die Wahrheit kannte.
    Ich zog mir die Bettdecke über den Kopf und weinte.

[ Menü ]
    |220| 14
    An diesem Abend ging ich, nachdem ich mit Michael den Kassenabschluss gemacht hatte, rüber zu Tommy, der gerade die Männertoilette putzte. »Hey. Kann ich mit dir reden?«
    »Nur zu.«
    »Okay. Sieh mich an.«
    Er stützte sich auf den Mopp und blickte mich an. »Ja?«
    »Es ist
okay
«, sagte ich. »Ich meine, soll heißen, ich verzeihe dir oder was auch immer.«
    Er lachte. »Wie bitte? Was habe ich jetzt wieder angestellt?«
    »Ich
verzeihe
dir«, wiederholte ich. Alles, was war. Du hast Sorry gesagt, und jetzt sage ich … schon okay.«
    »Okaaay.« Er fing wieder an zu wischen.
    »Fühlst du dich jetzt anders?«
    »Ja. Ich fühle mich
scharf

    »Sei mal eine Sekunde lang ernst, bitte. Fühlst du dich anders?«
    »Ich denke schon.« Er wrang den Mopp aus. »Ja. Irgendwie schon.«
    »Tatsächlich?« Er sah aufrichtig aus, aber bei Tommy wusste ich einfach nie, woran ich war.
    |221| »Also, du meinst es ernst, oder? Du willst mich nicht nur aufziehen?«
    Ich dachte darüber nach. Er hatte sich entschuldigt, und ich glaubte, er meinte es ehrlich. Ich konnte ihn ansehen und ihn nicht hassen. Was gab es da noch zu überlegen? »Ich meine es ernst.«
    »Okay, also, ja. Ich fühle mich anders.«
    »Wie anders?«
    Er ließ den Mopp zurück auf den Boden klatschen und wischte fahrig umher. »So anders, dass ich mich nicht mehr jedes Mal, wenn du mich ansiehst, wie ein Stück Scheiße fühlen muss.«
    »Also, das ist doch schon mal was.«
    Vielleicht war das bereits alles. Aber: Tommy hatte mir gesagt, es täte ihm leid – während ich bisher nicht die Gelegenheit hatte, genau das Lee zu sagen. Noch nicht.
    ***
    Jeden Tag erwachte ich mit dem Gedanken: ›Heute rufe ich Lee an.‹ Ich würde sie anrufen und sagen, was ich sagen musste, und dann wäre alles wieder so wie früher. Aber jeden Tag rief ich sie
nicht
an. Auch Jason rief ich nicht zurück, obwohl seine Nachrichten sich häuften. Und dann wurde aus dem Juli August und das Gefühl, es sei sowieso zu spät, wurde jeden Tag stärker.
    Eines Nachts holte mich statt Stacy überraschend Darren von der Arbeit ab. »Wir müssen reden«, sagte er.
    |222| Ich wappnete mich innerlich gegen das ›eine große Gespräch‹, das nun kommen würde, von wegen, dass er und Stacy nun bereit wären auszuziehen und dass sie mich liebten und alles, aber natürlich wäre uns allen klar, dass ich weiterhin bei Mom und Dad wohnen müsste. Es war okay; ich war darauf vorbereitet.
    Aber es kam ganz anders. »Wieso sprichst du eigentlich nicht mehr mit Lee?«, fragte Darren völlig überraschend.
    Ich hätte ihm irgendeine bescheuerte Ausrede auftischen können, dass ich zu beschäftigt sei oder so was in der Art, aber er hätte das sowieso sofort durchschaut. »Ich habe Jason geküsst, während sie zelten war.«
    »Du hast Jason
geküsst
?« Darren hörte sich schockiert an, was mir seltsamerweise ein gutes Gefühl gab – als wüsste er, dass das nicht ich selbst gewesen war.
    »Und Lee hat es erfahren.«
    »Wie?«
    »Jason hat es ihr gesagt.«
    »Toll.« Darren seufzte und wir fuhren hinauf in die Hügel, fort vom Haus. »Also versöhnt ihr euch wieder.«
    Ich sah ihn an. »Was würdest
du
tun, wenn dein bester Freund Stacy küssen würde?«
    »Okay,
mein
bester Freund hat meine kleine Schwester geküsst. Aber das ist was anderes. Ich und Tommy, wir waren Drogenkumpels. Du, Lee und Jason, ihr seid was Richtiges.«
    |223| »Also, Lee hat mir auch irgendwie
vergeben
oder so.« Ich hasste es, das Wort auch nur auszusprechen. »Aber das muss sie auch. Ich glaube nicht, dass sie auf Dauer wütend auf mich sein darf. Das ist gegen ihre Religion oder was weiß ich.«
    »Und du willst das nicht annehmen?« Er lachte und schüttelte den Kopf. »Mein Gott, erinnerst du dich überhaupt noch, was du mir an diesem einen Morgen gesagt hast? Als ich Stacy ein paar Wochen lang zappeln lassen wollte, weil sie abgehauen war?« Er blickte mich scharf an. »Ich dachte, du hättest diese Sachen alle im Griff, Deanna. Du hast tatsächlich geklungen, als wüsstest du, wovon zum Teufel du redest.«
    »Nun ja, vielleicht«, antwortete ich. »Aber bei euch ist es was anderes. Ihr habt April.«
    »Oh, dann es ist also okay, dass
du
so wirst wie Dad?«
    Wir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher