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ZEITLOS - Band 2 (German Edition)

ZEITLOS - Band 2 (German Edition)

Titel: ZEITLOS - Band 2 (German Edition)
Autoren: Edward Finnings
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Hilfe. Er erinnerte sich an das Funktionsschema einer Elektronenröhre: Bei dieser wurde der Elektronenstrom, der von der beheizten Kathode durch das Vakuum zur Anode führte, von einem Gitter gesteuert. Erst durch diese Art der Steuerung ließ sich eine Röhre sinnvoll für Verstärker- und Oszillatoranwendungen einsetzen.
    Sollte das Tuch etwa eine ähnliche Steuerfunktion gehabt haben? Erneut versuchte er, sich an seine erste Borby-Andacht zu erinnern. Dort waren ihm weder ein Tuch noch ein Podest aufgefallen. Trotzdem: An das Einsetzen des einigenden Liebesfeldes erinnerte er sich genau. Das war, als Jankowski auf der Kanzel stand.
    Schweiß bildete sich auf seiner Stirn. Was, wenn es dort einen Schädel gäbe, eingebaut in die Kanzel, gesteuert durch ein Gittergeflecht oder Stoffgewebe? Er musste nach Borby, auf die Kanzel. Das wäre ja der  Super-Knüller!
     
    ***
     
    »Was machen Sie denn da oben? Kommen Sie sofort herunter! Das ist eine Entweihung, haben Sie denn gar keinen Respekt?« Der Typ war außer sich. Aufgeregt eilte er von der Orgelempore herab, stürmte durch den Mittelgang auf ihn zu. Hastig fuhr Plätschner mit den Fingern über die Bedienknöpfe, der auf der Kanzel eingebauten Sprechanlage. Neben der mechanischen Uhr befanden sich drei Schalter, einer von abweichendem Design. Entschlossen drückte er ihn, hörte gleich darauf ein dünnes Sirren von irgendwoher aus seiner Nähe. Dann war der Typ auch schon bei ihm und zog ihn aufgebracht die Stiegen der Kanzel hinunter.
    »Sie haben überhaupt keinen Respekt und kein Benehmen was? Verschwinden Sie! Auf die Kanzel darf nur ein ordinierter Pastor. Nicht mal ich würde mich dahin stellen, obwohl ich hier der Kantor bin«
    »Ist ja schon gut, Mann! Regen Sie sich doch nicht so auf!«
    »Was haben Sie denn da oben zu suchen?«
    »Ich bin Journalist und schreibe einen Artikel über Ihre Pastorin« Der Typ besah sich seinen Presseausweis und seine Abwehr verringerte sich ein wenig. Plätschner, der nun gemeinsam mit dem Kantor die erste Kirchenbankreihe hinter sich ließ und den Mittelgang entlang ging, fühlte das Feld, das sich aufzubauen begann. Zusehends wurden des Kantors Züge gütiger und ergriffener.
    »Ja, mein Gott. Ich hab mich halt aufgeregt; ich kann eine derartige Respektlosigkeit nicht ausstehen. Wenn ich Ihnen Fragen beantworten kann…? Dieses angebliche Geständnis, das da in den Zeitungen verbreitet wird, ist totaler Humbug. Ich kenne keinen liebevolleren und um das Gemeinwohl besorgteren Menschen als unsere Pastorin Jankowski. Die Menschen hier glauben auch nicht, was da veröffentlicht wird. Ich hoffe, Sie beabsichtigen nicht auch, einen solchen Schwachsinn zu schreiben? Kommen Sie heute zum Abendgottesdienst! Der Gardinger Pastor Asmussen hat sich angekündigt um eine Fürbitte-Andacht für unsere Pastorin zu halten. Dann werden Sie ja sehen, wie die Menschen hier denken. Und nun kommen Sie, gehen wir hinaus!« Er wurde vom Kantor Richtung Kirchenportal geschoben. Krampfhaft suchte Plätschner nach einer Ausrede: Er musste doch das Steuergitter erneut betätigen! »Ich hab noch etwas auf der Kanzel vergessen, meine Kamera liegt da noch!«
    »Na meinetwegen, holen Sie das Ding! Aber dann will ich sie nie wieder  da oben sehen!« Plätschner eilte zur Kanzel zurück, betätigte den Schalter erneut und das feine Sirren setzte wieder ein. Doch Halt! Wie sollte er die Schädelkraft zur Abendandacht wieder einschalten? Kurz entschlossen drückte er den Knopf noch einmal, holte seine Kamera unter dem Trenchcoat hervor und zeigte sie demonstrativ dem wartenden Kantor.
    Der schloss das schwere Kirchenportal hinter ihnen ab und ging grüßend seiner Wege. »Bis heute Abend, bei der Andacht!«
    »Ja, bis heute Abend!« Hoffentlich ging das gut – da war so ein seltsames Gefühl, das sich in seiner Brust langsam ausbreitete. Er schritt um die Kirche herum, besah sich die an den Kirchenmauern aufgestellten, bemoosten Grabplatten mit der schwer entzifferbaren Frakturschrift und dachte nach.
    Immer wieder fuhr seine Hand dabei unbewusst in Richtung seines Brustbeins, rieb es und fühlte dabei ein wohliges Erschauern – die Schädelkräfte? Er entfernte sich nun und ging den schmalen Sandweg zum Friedhofsausgang. Das Kribbeln nahm ab.
    Auf der Höhe des Petersberges blieb er stehen und umklammerte das Geländer des dortigen Aussichtspunktes. Unter ihm breitete sich die Stadtkulisse mit dem kreisrunden, backsteinernen Getreidesilo aus, dessen
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